Am 52. Kongress des Internationalen Skiverbandes wird ein Nachfolger für Gian-Franco Kasper zum Präsidenten gewählt. Swiss-Ski-Chef Urs Lehmann galt lange als Favorit, nun droht das Momentum zu kippen.
Am Freitag wird am virtuell durchgeführten Kongress des Internationalen Skiverbandes (FIS) ein neuer Präsident gewählt. Es ist erst der fünfte Chef in der 97-jährigen Geschichte der FIS. Zuletzt amtete der Bündner Gian-Franco Kasper während 23 Jahren, nachdem er zuvor bereits ebenso lang Generalsekretär des Verbandes war.
Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann galt lange als Favorit für die Nachfolge Kaspers. Doch nun scheint der Wahlkampf offener denn je. Multimilliardär Johan Eliasch, Eigentümer und Geschäftsführer des Sportartikelkonzerns «Head» und einer der reichsten Personen auf der britischen Insel, verspricht neuen Wind und punktet mit seinen vielen Ideen vor allem bei den kleinen der 74 stimmberechtigten Verbände.
Und auch Ski-Gigant Österreich soll gerüchtehalber von Lehmann auf den 59-jährigen schwedisch-britischen Doppelbürger Eliasch umgeschwenkt sein.
Bei dieser Richtungswahl stellt sich auch die Frage: Unternehmer oder Funktionär? Neben Eliasch und Lehmann kandidiert mit dem Schweden Mats Arjes ein langjähriger Vize-Präsident der FIS und aktueller Vorsitzender des olympischen Komitees in Schweden.
Ein Novum ist auch die Kandidatur von Sarah Lewis. Die Britin mit Schweizer Pass ist die erste Frau überhaupt, die sich um das höchste Amt im Skisport bewirbt. Die 56-jährige Lewis arbeitete von 1994 bis vor einem Jahr für die FIS, davon 20 Jahre lang als deren Generalsekretärin und rechte Hand von Kasper.
Im Herbst 2020 wurde sie mit der diffusen Begründung eines «kompletten Vertrauensverlustes» von einem Tag auf den anderen freigestellt. 15 der 16 Vorstandsmitglieder votierten für die Entlassung. Lewis verfügt zwar über ein exzellentes Netzwerk und auch über viele Sympathien bei einigen Verbänden. Ein Comeback nur acht Monate nach dem Eklat würde trotzdem seltsam anmuten.
Weil Gian-Franco Kasper während einer jeweils vierjährigen Amtsperiode zurücktritt, sind sein Nachfolger und der neue Vorstand lediglich bis 2022 gewählt. Für den 77 Jahre alten St. Moritzer endet eine beinahe 50-jährige Ski-Ehe. Der Kettenraucher und Zyniker vom Dienst darf für sich in Anspruch nehmen, den Status seines Verbandes bei Olympischen Spielen gesteigert zu haben wie kein anderer Sportverband.
Am Anfang seines Wirkens für den Skisport gab es bei den Winterspielen 1976 in Innsbruck unter der Schirmherrschaft der FIS 16 Medaillensätze zu gewinnen. Heute sind es 50. Zudem habe er es immer wieder exzellent verstanden, «die Horde zusammenzuhalten», wie es ein langjähriger Vertrauter ausdrückt.
Ob Kasper seine Abschiedsvorstellung selber führen kann, ist indes noch unklar. Der 77-Jährige ist gesundheitlich angeschlagen und aktuell in ärztlicher Behandlung. Sollte Kasper ausfallen, würde Vizepräsident Roman Kumpost aus Tschechien einspringen.