Ende 2020 debütierte Simon Sohm für die Schweiz, seither hinkt er den Erwartungen hinterher. In der U21-Nati will er sich wieder für grössere Aufgaben empfehlen.
Es ist ein Senkrechtstart für Simon Sohm. Mit 17 das Début für den FC Zürich, mit 18 Stammspieler in der Super League, mit 19 A-Nationalspieler. Am 7. Oktober 2020 debütiert der zentrale Mittelfeldspieler im Länderspiel gegen Kroatien. Nur drei Tage zuvor hat er sich dem italienischen Serie-A-Klub Parma angeschlossen. Es ist der logische Schritt für den Youngster mit dem riesigen Potenzial. Der Wechsel in die Topliga und das Début für die Schweiz sollen der Startschuss zu einer grossen internationalen Karriere sein.
Heute ist die Realität eine andere. Mit Parma dümpelt Sohm im Mittelfeld der Serie B rum. Der Absteiger liegt an 14. Stelle. Und Sohm selber, einst für 6,5 Millionen Franken von Zürich als grosse Hoffnung verpflichtet, spielt trotz der Zweitklassigkeit nur die Hälfte der möglichen Spielminuten. Statt im A-Nationalteam spielt Sohm in der U21, seit seinem Début ist kein Aufgebot für das A-Team dazugekommen.
Selbst im U21-Nationalteam musste er zunächst unten durch. Die Konkurrenz ist gross, an der EM kommt Sohm nur einmal zum Einsatz. Nun in der neuen Kampagne ist ein grosser Teil des Kaders ausgetauscht, Sohm neu einer der Leader. Dreimal trägt er die Binde, immer dann, wenn der etatmässige Captain, Innenverteidiger Leonidas Stergiou, nicht spielt. Sohm sagt, er möchte vorangehen. «Ich habe einiges erlebt und will meine Erfahrung weitergeben», sagt er. Sein Trainer Mauro Lustrinelli lobt die Ruhe am Ball und Sohms taktisches Verständnis, das er in Italien weiter verbessert habe.
Sohm wählt selber keine lauten Worte. «Ich bin keiner, der herumschreit. Weder auf dem Platz noch daneben.» Stattdessen möchte er mit Leistung vorangehen. In Sachen Führungsqualitäten schaut er sich dabei viel von seinem prominenten Klubkollegen Gianluigi Buffon ab. «Gigi ist beeindruckend. Er spricht an, was wir anders machen können, ergreift häufig in der Garderobe das Wort.» Das ist etwas, was Sohm im U21-Nationalteam auch probiert. Manchmal hält er eine kleine Rede, weist auf Dinge hin.
Noch immer ist Simon Sohm erst 20 Jahre alt, er wirkt im Gespräch aber reifer. Der Umzug nach Italien habe ihn wachsen lassen, sagt er. Der Auszug von zu Hause, eine neue Stadt, eine neue Sprache. Den Wechsel nach Italien sieht er deshalb nicht als Fehler. «Für meine persönliche Entwicklung war es super», so Sohm, der, wäre er beim FC Zürich geblieben, wohl bald Schweizer Meister wäre. «Ich freue mich sehr, dass es dem FCZ so gut läuft, und glaube, dass es mit dem Titel klappt», sagt Sohm. «Aber man weiss nie, wie es gekommen wäre. Der Wechsel war richtig.»
Schon früh kennt Sohms Karriere nur eine Richtung. Start beim FC Affoltern, rasch der Wechsel zum FC Zürich. Ab der U8 fliegt der Sohn einer Schweizerin und eines Nigerianers regelrecht die Stufen hoch. Physisch und spielerisch ist er seinen Mitspielern deutlich voraus, mit 17 ist er in der 1. Mannschaft. Der Hype um den 1,88 m grossen Mittelfeldspieler ist riesig. Mit seinen langen Schritten erinnert er an den ehemaligen Manchester-City-Spielgestalter Yaya Touré, Sohms Vorbild.
Dennoch findet Sohm heute nicht, dass es zu schnell gegangen sei mit dem ersten Nati-Aufgebot. «Ich konnte extrem profitieren und lernen. Für mich war es super, dass ich bei der A-Nati dabei sein durfte. Es war aber auch gut, dass es sich danach wieder ein bisschen beruhigt hat.» Er habe gelernt, mit Rückschlägen umzugehen. Irgendwann will er wieder im A-Nationalteam spielen. «Doch alles zu seiner Zeit», sagt er. Statt mit lauten Worten möchte Simon Sohm beim U21-Länderspiel in Lausanne gegen Wales mit Leistung vorangehen.