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Beim FC Aarau liegt vieles im Argen. Der sportliche Leiter Roger Geissberger sagt, warum der Vorstand an Trainer Marco Schällibaum festhält, was er unzufriedenen Spielern rät und warum er dem FC Wohlen die Lizenz wünscht. Und: Er hat eine verrückte Idee, die fehlenden 20 Millionen für das Stadion zu beschaffen.
Roger Geissberger: Die Frage kommt zu früh. Wir haben damals an eine erfolgreiche Zukunft mit Schällibaum geglaubt und tun dies weiterhin. Unser Trainer zu Beginn der neuen Saison heisst mit Sicherheit Marco Schällibaum.
Namen möchte ich keine kommentieren. Aber ja, es stimmt, wir haben mit anderen Trainern gesprochen. Jedoch ist dies ein ganz normaler Vorgang im Fussballgeschäft. Spieler, Trainer und Klubs sondieren laufend den Markt. Wir haben von Januar bis September 2016 und dem 1:1 gegen den FCZ mit Schällibaum hervorragenden Fussball gespielt. Seither sind wir in einer Baisse, aus der wir bis heute nicht herausgefunden haben. Es ist unsere Pflicht, Alternativen zu prüfen, die bekanntlich nicht funktioniert haben. Statt die über 20 Bewerbungen in unserem Postfach zu prüfen, haben wir beschlossen, es noch einmal mit Marco Schällibaum zu versuchen.
Es war nicht unsere Absicht, dass die Gespräche mit anderen Kandidaten in die Öffentlichkeit drängen. Das ist leider geschehen, ändert aber nichts an meiner Aussage: Das Ganze war ein im Fussball ganz normaler Prozess. Auch Marco Schällibaum kann unser Vorgehen verstehen und hat damit kein Problem mehr.
Auch diese Frage stellt sich erst in der neuen Saison. Wir haben mit der Vertragsverlängerung etwas versucht, das kurzfristig nicht geklappt hat – die Mannschaft spielt seither nicht besser. Aber wir sind überzeugt, dass es mit Schällibaum nochmals funktionieren kann. Wir glauben an ihn. Ob dies ein Fehler war, werden wir bereits anfangs nächster Saison püfen.
Wir werden unser Kader verstärken und entsprechend weiter verteuern. Die Vorgabe ist klar: In der nächsten Saison wollen wir um den Aufstieg mitspielen, mindestens aber in die Top 3 der Tabelle. Wir können es uns nicht leisten, schon früh ins Hintertreffen zu geraten.
Es ist keine Frage des Geldes, dass wir am Trainer festhalten. Der FC Aarau hat das Geschäftsjahr 2016 erneut mit Gewinn abgeschlossen.
Genaue Inhalte möchte ich hier nicht preisgeben. Unser Ziel ist in der nächsten Saison der Aufstieg in die Super League. Im Wissen, dass der Absteiger aus der Super League Fussball spielen kann und es mit Servette und Xamax Klubs gibt, die gleich ambitioniert sind wie wir. Wir wollen das Maximum, mit einem Platz in den Top 3 könnten wir jedoch leben.
Nicht jede Trainerentlassung bringt automatisch den Erfolg zurück, vielleicht 60 Prozent der Wechsel bewirken Positives. Wir haben Vertrauen in Schällibaums Arbeit und hoffen, dass er den Erfolg mit Beginn der neuen Saison zurückbringt. Mit seinem Verhalten in den vergangenen Monaten hat er die Vertragsverlängerung und den Kredit verdient. Und das soll nicht nur ein Lippenbekenntnis sein.
Ja.
In der Bundesliga hält Mainz 05 auch an Martin Schmidt fest, obwohl die Abstiegsgefahr gross ist.
Das kann ich nicht leugnen. Wären wir in Abstiegsgefahr, wäre wohl vieles anders gekommen. Ob wir nun Vierter oder Siebter werden, ist nicht relevant. Wir fokussieren voll auf die neue Saison und sind schon weit mit der Kaderplanung.
Wir haben nach dem 0:3 gegen Wohlen viele Einzelgespräche geführt und die Zukunft der Spieler mit auslaufendem Vertrag geklärt. Der bevorstehende Umbruch im Kader mit fünf bis sechs neuen Spielern löst an vielen Fronten Aufbruchstimmung aus. Auch ich bin guter Dinge, zumindest bin ich verhalten optimistisch. Ausserdem: Wir haben den Spielern klar gemacht, dass nicht der Trainer die Angriffsfläche ist, sondern dass sie nun liefern und sich zum FC Aarau bekennen müssen. Jeder in seinem eigenen Interesse, denn Schällibaum ist nächste Saison Trainer.
Erstaunlich professionell. Aber er ist ein sensibler Mensch, der viel Aufmerksamkeit braucht.
Wir glauben daran.
Ja, wir pokern. Aber Ihr Journalisten auch, indem Ihr meint, es komme nicht gut mit Schällibaum. Eine von beiden Parteien wird Recht bekommen.
Wir haben sehr wohl einen Plan für die Spiele. Doch wir haben viele routinierte Spieler, denen man nicht alle Systeme jede Woche aufs Neue erklären muss. Im modernen Fussball muss eine Mannschaft mehrere Systeme beherrschen. Wenn die Mannschaft mehr über Taktik und Laufwege informiert werden möchte, wird sich der Trainer darum kümmern.
Bis auf zwei Spieler sind alle Spieler willens, mit uns die nächste Saison in Angriff zu nehmen.
Ich möchte keine Namen nennen. Aber ja, es gibt unzufriedene Akteure. Es handelt sich um Spieler mit grossem Renommee und Ansprüchen, die mit sich selber zu kämpfen haben. Es sind gute Spieler mit gutem Charakter. Wir planen weiterhin mit ihnen für die nächste Saison. Wenn sie etwas anderes wollen, sollten sie dies schnellstmöglich sagen.
Ich musste schmunzeln. Es gibt keine Crew im Schweizer Profifussball, die länger an der Spitze ist als wir. Alfred Schmid und Ancillo Canepa (FC Zürich;. d. Red.) sind die dienstältesten Präsidenten. Wir haben im Sportausschuss mit dem Trainer, mit Sportchef Raimondo Ponte und mit Nachwuchschef Sascha Stauch drei Personen mit Uefa-Pro-Lizenz (höchste Trainerausbildung in der Schweiz; d. Red.). Ich selber spiele seit meinem 15. Altersjahr aktiv Fussball, war vier Jahre im Nationalliga-A-Kader von Wettingen. Vor diesem Hintergrund kann ich die Bezeichnung «ahnungslos» nicht ernst nehmen. Wir sind keine Sesselkleber, aber momentan braucht der FC Aarau finanziellen Rückgrat, den wir garantieren. Es geht auch um das neue Stadion.
Läuft es gut, haben wir alles richtig gemacht wie 2013 beim Aufstieg oder 2008 und 2009 mit Rang 5 in der Super League. Läuft es schlecht, werden wir mit Eiern beworfen. Logisch, dass ich als Leiter Ressort Sport bei Misserfolg die Angriffsfläche bin. Wenn ich das nicht richtig einschätzen könnte, wäre ich fehl am Platz.
Zugegeben, zu Beginn traf dies zu. Mittlerweile nehme ich als Vorgesetzter der Beiden die Beziehung als intakt und professionell wahr. Sie halten ihre Sitzungen ab und kommunizieren über das Spielerkader. Aber man muss unterscheiden zwischen Menschen, die miteinander in die Ferien fliegen und solchen, die zusammen arbeiten.
Anfangs peilte Raimondo Ponte wie der Vorstand eine Veränderung auf der Trainerposition an. Am Tag, als wir uns für Marco Schällibaum entschieden haben, war er dabei und ist auf der gleichen Schiene gefahren wie der Verwaltungsrat.
Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten, teils fehlen nur noch Details. Es handelt sich um überdurchschnittliche Spieler mit Erfahrung auf höchster Ebene. Wir hoffen, in der nächsten Woche News vermelden zu können.
Mit regelmässigen Einsatzzeiten. Mit der Garantie, dass der Lohn pünktlich kommt. Mit einem familiären Umfeld und einer schönen Wohngegend. Und mit hohen sportlichen Ambitionen.
Definitiv. Langfristig ist unser Geschäftsmodell nicht auf die Challenge League ausgerichtet, wir operieren mit Super League Zahlen. Zweitens hat die Mannschaft als zweitbestes Team im ersten Saisonquartal bewiesen, dass sie nicht weit entfernt ist vom FC Zürich. Drittens kehren auf die neue Saison hin die verletzten Stammspieler Burki, Thaler, Peralta und Besle zurück.
Wir wollen Druck. Wir haben keine Wald- und Wiesenmannschaft und werden noch stärker besetzt sein in Zukunft. Und in dieser Saison wurden wir unter Wert geschlagen.
Ich erwarte, dass jeder Spieler kämpft, als ginge es um sein Leben. Was dabei auf der Resultattafel herausspringt, ist sekundär. Die Spieler müssen beweisen, dass die Angriffe aus der Öffentlichkeit gegen den Trainer falsch sind.
Einen Zwangsabstieg würde ich sehr bedauern. Wir vom FCA haben uns stets um ein gutes Verhältnis bemüht. Die Derbys sind das Salz in der Suppe und sicher attraktiver als Spiele gegen Nyon oder Rapperswil. Der FC Wohlen macht gute Arbeit und hat es verdient, die Lizenz zu erhalten.
Ich kann es nicht nachvollziehen, es ist unfair gegenüber allen seriös arbeitenden Klubs. Wer zu Beginn der Saison horrende Lohnsummen verspricht und diese mitten in der Saison einfach um zwei Drittel verringert, begeht nichts anderes als Wettbewerbsverzerrung. Ich frage mich, vor allem auch wegen der vielen gescheiterten Übernahmen durch Ausländer im Voraus: Warum muss ein Investor nicht in Form einer Bankgarantie die Lohnsumme für die ganze Saison im Voraus überweisen?
Eine Beraterfirma hat vor 15 Jahren eine Studie zu einer Fusion mit dem FC Aarau und dem FC Baden ausgearbeitet. Resultat: Die Finanzen wären nicht besser geworden. Der FC Wohlen hat sein Umfeld, wir haben unseres. Zudem könnte ein komplett neues Stadionprojekt nicht innerhalb der von der Liga geforderten Frist bis 2021 realisiert werden.
Es gibt eine Finanzierungslücke von rund 20 Millionen Franken. Nun gibt es mit «Plan B» ein Vorhaben, das diese Lücke umgeht und gleichzeitig schneller realisierbar wäre. Ohne Mehrkosten für die Stadt und den FC Aarau. Dafür muss man der HRS danken.
Ja. Wir hoffen, dass bis Mai 2018 die Abbrucharbeiten im Torfeld Süd beginnen und dass dieser «Plan B» mit einem schlanken Stadion realisiert wird. Falls nicht, muss man «Plan A» nochmals in Angriff nehmen. Kein neues Stadion heisst nämlich: Der FC Aarau kann nie mehr in die Super League aufsteigen. Wir würden alle Möglichkeiten prüfen, die 20 Millionen doch noch zu beschaffen. Warum nicht mit einem Crowdfunding? Reine Theorie: Würden alle 800‘000 Aargauer 25 Franken spenden, wären die 20 Millionen beisammen. Natürlich wäre das sehr schwierig zu realisieren. Deshalb unterstützen wir „Plan B“, welcher wegen der fehlenden Mantelnutzung auch weniger Verkehr mit sich bringt.