Der Thurgauer Stefan Bissegger gewinnt die vierte Etappe der Tour de Suisse. Es ist eine geglückte Revanche für das Zeitfahren.
Der Ärger bei Stefan Bissegger war am Sonntag riesig. Pech mit dem Wetter, das grosse Ziel beim Zeitfahren in seinem Wohnort verpasst. Knapp hat ihm Stefan Küng den Tagessieg vor der Nase weggeschnappt, nur vier Sekunden fehlten. Wohl auch, weil beim später startenden Küng die Fahrbahn weniger nass war. Bissegger sagte danach klar: «Damit ist die Tour für mich schon praktisch erledigt.» Auf einer Liste des Teams Education First standen Aufträge für die Tour. Bei Bissegger war es nur ein Wort: Zeitfahren.
Drei Tage später jubelt er aber doch. Völlig überraschend holt er sich bei seiner ersten Tour-Teilnahme den Sieg der vierten Etappe. «Endlich», sagt der 22-Jährige im Siegerinterview. «Ich freue mich, dass es doch noch geklappt hat. Und dass dies bei einem Massenstartrennen passierte, macht es umso schöner für mich.»
Stefan Bissegger zeigt in dieser vierten Etappe, die 171 Kilometer von St. Urban nach Gstaad führt, dass noch viel mehr in ihm steckt als nur ein sehr guter Zeitfahrer. In einer Vierergruppe setzt er sich schon früh mit dem weiteren Schweizer Joel Suter, sowie dem Franzosen Benjamin Thomas und dem Amerikaner Joseph Rosskopf vom Feld ab. Es wirkte zunächst wie eine klassische Ausreissergruppe, die wieder eingeholt wird. Doch das passiert nicht. Irgendwann wächst der Vorsprung auf über sieben Minuten an. Das Feld kämpft mit dem Rückenwind und stellt schon 30 Kilometer vor dem Ziel die Aufholjagd ein.
Als es in der Führungsgruppe taktisch wird, brilliert Bissegger so richtig. Er greift im richtigen Moment an und holt sich auf den letzten Metern im Schlusssprint den Sieg. Vorausgegangen sind taktische Spielchen, wodurch die Spitzengruppe beinahe still stand und nicht mehr richtig getreten ist. «Auf der Bahn lernt man mit der Taktik zu spielen. Das hat mir genützt. Es war wie in einem Pokerspiel», erklärte Bissegger, der an den Olympischen Spielen auf der Bahn antreten wird.
Weil das Feld durch die Spielchen zeitlich wieder ein wenig näher kommt, verpasst Bissegger die zweite Sensation: das gelbe Leadertrikot. Dieses trägt weiterhin der Holländer Mathieu van der Poel.
Bissegger ist dennoch glücklich. «Im dümmsten Fall hätte ich den Etappensieg und das Leadertrikot verpasst, jetzt bin ich einfach glücklich, dass ich gewonnen habe.» An der Tour de Suisse dürfte es mit Leadertrikot nicht mehr klappen, dafür will er es an der Tour de France. Im Zeitfahren ist ihm dort viel zuzutrauen. Dank drei zweiten Plätzen und einem Sieg ist er der beste Zeitfahrer des Jahres.
Weniger gut stehen Bisseggers Chancen für die nächsten Etappen der Tour de Suisse: Es wird bergig. Zunächst geht es von Gstaad nach Leukerbad.
84. Tour de Suisse. 4. Etappe (St. Urban – Gstaad, 171 km): 1. Bissegger 3:46:21. 2. Thomas selbe Zeit. 3. Rosskopf selbe Zeit. 4. Suter +0:23. Ferner: 19. Rüegg +5:16. 20. Thalmann +5:16. 44. Hirschi +5:16.
Gesamtwertung: 1. Van der Poel 12:40:51. 2. Alaphilippe +0:01. 3. Küng +0:04. Ferner: 10. Bissegger +0:36. 15. Hirschi +0:52.