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Wann darf man in der Schweiz wieder Tennis spielen? Wann geht es im Turnverein weiter? Zwei Millionen Freizeitsportler wollen schnellstmöglich die Antworten, welche der Bundesrat schuldig geblieben ist.
Donald Trump hat den Bundesrat sportlich in den Schatten gestellt. Im Gegensatz zur Schweizer Regierung sprach der US-Präsident die wichtigste Nebensache der Welt bei der Verkündung seiner Exitstrategie aus den Coronaeinschränkungen am Donnerstag explizit an.
Hierzulande blieben nach der Vorstellung des bundesrätlichen Lockerungsregimes bei zwei Millionen Sporttreibenden Enttäuschung und Frust zurück. Kein Termin für den nächsten Tennismatch. Keine Öffnungszeit für die lokale Sportanlage.
Die Ernüchterung machte auch vor gewichtigen Sportfunktionären nicht halt. «Der Sport hat in der Schweiz eine zu wenig durchsetzungsfähige Lobby», lautete die Schlussfolgerung von René Stammbach, dem langjährigen Präsidenten von Swiss Tennis. «Eine zeitnahe und massvolle Lockerung der Auflagen bei Einzelsportarten wäre im Vergleich zu den nun freigegebenen Branchen aus meiner Sicht verhältnismässig.»
Auch Ruedi Hediger, Geschäftsführer des Schweizerischen Turnverbandes, äussert seine Vorstellungen: «Wir haben es vermisst, dass sich der Bundesrat nicht zum Sport geäussert hat.» Er erwartet nun die Unterstützung von Swiss Olympic, «so wie andere Branchenverbände ebenfalls Lösungen für ihre Mitglieder erarbeitet haben». Insbesondere für Leistungssportler wie die Kunstturner sei es elementar wichtig, dass sie möglichst rasch wieder das ordentliche Training aufnehmen könnten.
Swiss Olympic und das Bundesamt für Sport (Baspo) betonen, dass sie nicht untätig geblieben sind und bereits vieles aufgegleist haben. Am Freitagnachmittag orientierten sie die nationalen Verbände über die Bedeutung der bundesrätlichen Strategie für den Sport und über die weiteren Schritte auf dem Weg zu einem raschen Exitplan für Breiten- und Spitzensport.
Unter der Leitung von Baspo-Vizedirektor Walter Mengisen arbeitet eine Kerngruppe mit Vertretern von Swiss Olympic, den Kantonen und Gemeinden, der Athleten und des Bundesamts für Gesundheit möglichst rasch Leitlinien aus, wie der Sport unter Einhaltung der bestehenden Distanz- und Hygieneregeln sowie des Versammlungsverbots schrittweise wieder raufgefahren werden kann.
Gemäss offizieller Kommunikation soll dieses Konzept dem Bundesrat bis am 13. Mai vorgelegt werden. Intern sprechen führende Köpfe im Baspo aber von einem deutlich schnelleren Fahrplan, sodass der Bundesrat sportliche Aktivitäten vielleicht schon an der Sitzung von nächster Woche und mit Wirkung bereits ab dem 11. Mai wieder erlauben kann.
Einzelsportarten wie Golf, Tennis, Leichtathletik oder OL haben gute Aussichten auf eine schnelle Lösung. Für Teamsportarten erscheint der 8. Juni der frühestmögliche, aber in vielen Fällen nicht der erfolgversprechendste Termin des Wiedereinstiegs.
Der Zeitplan soll nicht nur nach Sportarten, sondern auch nach Altersgruppen unterscheiden. Die Aussage von Bundesrat Berset, dass Kinder als Virenverbreiter eine vernachlässigbare Rolle spielen würden, ruft auch den Sport auf den Plan. Fussballtrainings für Junioren als Konsequenz daraus deutlich früher als für Profis?
Bei Swiss Olympic weist man den Vorwurf der fehlenden Sportlobby mit Nachdruck zurück. Man operiere mit Glaubwürdigkeit anstelle von lauten Tönen. Der Dachverband weist darauf hin, dass nicht zuletzt dank starker Lobbyarbeit der ins Schweizer Sportsystem fliessende Betrag in den vergangenen acht Jahren auf 60 Millionen Franken jährlich verdreifacht werden konnte.
Swiss Olympic versteht einerseits die Enttäuschung vieler Sporttreibenden über die kurzfristigen Einschränkungen, blickt selbst jedoch mit einigen Sorgenfalten auch auf die mittelfristige Zukunft. Wie viel weniger Geld fliesst durch geringere Unterstützung von Sponsoren, Lotterieanteilen und der öffentlichen Hand 2021 in den Schweizer Sport? Die Antworten könnten mehr Bauchweh auslösen als das derzeitige Sportverbot.