Sein Terminplan ist prallvoll. Tennis, Sponsoren und Familie bestimmen seinen Tagesablauf. Allen kann es Roger Federer nicht recht machen. Das sorgt manchmal für rote Köpfe.
Alles dreht sich um Federer. Innerhalb von 10 Minuten waren die Tickets für die drei letzten Tage der Swiss Indoors in Basel im Oktober vergriffen. Beim Davis-Cup in Genf füllten im Februar lediglich 3000 Zuschauer täglich die Tribünen, dabei gings gegen Titelverteidiger Tschechien. Das Schweizer Fernsehen scherte sich einen Dreck um die Veranstaltung, Federer war ja nicht dabei. Das ist sogar verständlich, schliesslich sacken die Einschaltquoten beim Tennis in den Keller, wenn der Superstar nicht spielt.
«Viele Zuschauer wollen ganz einfach Federer sehen», sagt Erik Keller, Vizepräsident von Swiss Tennis und zuständig für den Davis-Cup. Organisatoren brauchen eine gewisse Planungssicherheit. Spielt der Superstar, wird die Veranstaltung zum Selbstläufer, fehlt er, ist alles anders. Deshalb sind sie möglichst früh auf klare Worte von Federer angewiesen.
Kommt er, oder kommt er nicht?
«Wenn er dabei ist, dann planen wir mit rund 8000 Zuschauern», sagt Keller. Eigentlich hätte er dem internationalen Verband bis Ende April melden müssen, wo die Schweiz im September im Abstiegs-Playoff gegen Ecuador antritt. «Wir haben aber eine Fristverlängerung bis 20. Mai erhalten», sagt Keller und hofft, dass sich Federer spätestens bis dann entschieden hat. Fehlt der Baselbieter, braucht er nur eine Halle für 3000 Zuschauer.
«Für uns geht es ums Geld, um das Kapital des Verbandes», betont Keller. Spielt Federer, liegt ein Gewinn bis zu einer Million Franken drin. Ansonsten droht Verlust. Und der wird umso höher, je schlechter die Planung ist, das heisst je mehr Sitze auf den Tribünen leer bleiben, zu viele Restaurants eingerichtet wurden oder viel zu viel Infrastruktur aufgebaut wurde.
René Stammbach, Präsident von Swiss Tennis, kümmert sich im Moment um Federer. «Ich bin nächste Woche in Madrid und dann in Rom, dort klären wir das», sagt er. Im Übrigen habe er keine Probleme Federer zu erreichen. «Aber ich rufe ihn nicht direkt an, sondern seinen Manager Tony Godsick», betont er. «Wenn Federer meine Nummer auf seinem Natel sieht, dann weiss er, dass mein Haus brennt, sonst wähle ich diese Nummer nicht», sagt Stammbach.
Ein genervter Brennwald
In dieser Hinsicht spielten die Emotionen vor wenigen Tagen Roger Brennwald einen Streich. Der Präsident der Swiss Indoors wollte zeigen, wie kompliziert die Beziehung zwischen ihm und Federer geworden ist, und versuchte ihn öffentlich während einer Medienkonferenz an den Draht zu bekommen. Federer nahm nicht ab. Vielleicht stand er einfach nur auf dem Trainingsplatz.
Doch Brennwald ist genervt, das tönte in den vergangenen Jahren noch ganz anders. «Roger ist ein Geschenk, für dich und für mich», pflegte er zu sagen. Da war die Welt zwischen Roger und Roger noch in Ordnung. Inzwischen hat sie Risse bekommen. Mit den Swiss Indoors 2012 lief Federers Vertrag aus, seit mehr als einem Jahr bemüht sich Brennwald, einen neuen Kontrakt mit der ehemaligen Nummer eins der Welt abzuschliessen. Bisher aber vergeblich.
Brennwald hat den direkten Draht zu seinem früheren Ballbuben verloren. Godsick ist Brennwalds Ansprechpartner. Und der Amerikaner ist knallhart. Es geht auch, aber nicht nur um Geld. Das Angebot Brennwalds liess er unbeantwortet. Ende Februar hatte Brennwald als Frist gesetzt. «Wir müssen mit Fristen arbeiten, wir können das Turnier nicht verschieben», sagt Brennwald. Lediglich per SMS teilte Godsick Mitte April mit, Federer spiele wieder in Basel.
Eine abgekühlte Beziehung
Die Beziehung zwischen Brennwald und Federer ist abgekühlt. Brennwald braucht ein, zwei Aushängeschilder und die kosten Geld. Andererseits wollen die Leute natürlich Federer sehen. In Basel sowieso. Also kann Brennwald nicht einfach auf den fünffachen Sieger verzichten und frühzeitig rund eine Million Franken beispielsweise für Rafael Nadal und Novak Djokovic ausgeben, wenn sie denn zudiesem Preis kommen. «Djokovic hat seine Forderungen auch ziemlich nach obengeschraubt, allerdings nicht in den siebenstelligen Bereich», verrät Brennwald. Niemand würde es verstehen, sollte Brennwald in solch einem FallFederer die kalte Schulter zeigen, weil seine Kriegskasse leer ist. Also muss der Turnierpräsident warten, wie sich Federer entscheidet, bis er selbst tätig werden kann.
Im Moment kommt Brennwald kaum an Federer vorbei. Das wird erst nach dessen Rücktritt wieder anders. Schliesslich funktionierte sein Turnier auch vor der Ära Federer, praktisch alle Superstars der Szene spielten schon Basel. Federer selbst sitzt in dieser Hinsicht zwischen zwei Stühlen. Er weiss, dass er nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann. Andererseits möchte er es allen recht machen. Und so lässt er sich immer Zeit, bis er klare Worte findet. «Das ist mein grösster Fehler, ich will mich nicht festlegen», gibt er offen zu. Zum Leidwesen der Organisatoren.