Tennis
Jetzt fällt sie sogar aus den Top 100: Belinda Bencic am Scheideweg ihrer Karriere

15 Startpleiten musste Belinda Bencic bei ihren 20 zuletzt angetretenen Turnieren hinnehmen. Alleine 2017 verlor sie schon dreimal ihre Auftaktpartie. Und nun rutscht die 20-Jährige in der Weltrangliste mindestens auf Rang 130 ab.

Simon Häring
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Belinda Bencic

Belinda Bencic

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Inzwischen ist es nur noch eine Randnotiz. Belinda Bencic, im März 20 Jahre alt, einst die Nummer 1 der Juniorinnen, Paris- und Wimbledon-Siegerin, scheitert auch in St. Petersburg bereits in der Startrunde, diesmal in der Finalreprise des Vorjahrs an der Russin Daria Kasatkina (19, WTA 27).

Auf einen Sieg wartet Bencic, die vor einem Jahr als vierte Schweizerin nach Manuela Maleeva-Fragnière, Martina Hingis, Patty Schnyder und Timea Bacsinszky in die Top 10 der Weltrangliste vorgestossen war, nun bereits seit dem 1. Oktober 2016.

Ihre Bilanz ist ernüchternd: Bei 15 der letzten 20 Turniere scheiterte sie bereits in der Startrunde. Verheissungsvoll war nur der Start in die neue Saison, als Bencic an der Seite von Roger Federer (35) beim Hopman-Cup in Perth mit zwei Siegen im Einzel brillierte und sich körperlich in besserer Verfassung präsentierte.

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Belinda Bencic fällt aus den Top 100

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«Die Klassierung interessiert mich nicht»

Der Hoffnung auf schnelle Besserung ist inzwischen Ernüchterung gewichen. Weil ihr in zwei Wochen die Punkte vom Vorjahresfinal in St. Petersburg aus der Wertung fallen, rutscht Bencic in der Weltrangliste mindestens auf Rang 130 ab und fällt damit auch erstmals seit dem 6. April 2014 aus dem Kreis der ersten 100.

«Die Klassierung», sagt Bencic in Australien nach ihrem Ausscheiden, «interessiert mich im Moment absolut nicht.» Wichtiger sei es für sie, gut zu spielen und ihre körperlichen Probleme, die einen Grossteil ihrer letzten Saison ruiniert haben, in den Griff zu bekommen.

Eine Losung, die in ihrem Kern zwar stimmen mag, aber zu kurz greift. Denn die Talfahrt hat bereits spürbare Folgen.

Sowohl in Acapulco, Mexiko, wo sie ab dem 27. Februar im Einsatz steht, als auch Anfang März in Indian Wells findet sie nur Aufnahme im Hauptfeld, weil die Weltrangliste sechs Wochen vor dem Turnier für die Meldung massgeblich ist. Damals belegte Bencic Position 59.

Auf den Meldelisten für die Turniere in Doha, Katar und Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo es mehr Preisgeld zu verdienen gibt als bei den meisten anderen Turnieren im Kalender, fehlt ihr Name.

Am Tag vor ihrer Startniederlage in St. Petersburg schreitet Bencic an der offiziellen Spielernacht im schwarzen Abendkleid über den roten Teppich und schwingt das Tanzbein, bis ihr die Schweissperlen von der Nase tropfen.

Zuvor erkundet sie mit ihrem slowakischen Trainingspartner Oliver Nagy die Stadt an der New. Keine Frage, Bencic geniesst das Leben als Tennis-Profi.

Allerdings befindet sie sich nun am Scheideweg ihrer Karriere. Setzt die erhoffte Trendwende nicht bereits in den kommenden Wochen ein, wird sie sich künftig bei jedem Turnier durch die Mühlen der Qualifikation kämpfen müssen. Auch beim im April erstmals ausgetragenen Ladies Open in Biel, dem für Bencic ersten WTA-Turnier auf Schweizer Boden.

Schlingerkurs in der Planung

Unklar ist auch, wie Bencic sich ihr sportliches Umfeld künftig vorstellt. Ursprünglich hatte sie geplant, die Saison in der Schweiz bei Martina Hingis’ Mutter Melanie Molitor vorzubereiten, reiste dann aber doch nach Florida, «weil dort das Wetter besser war und es gute Plätze und Trainingspartner hatte».

Nicht dabei ist dort Vater und Trainer Ivan Bencic. Auch nach Australien begleitete er sie nicht. Es sei ein gemeinsamer Entschluss gewesen. Ob und wie oft der Vater künftig bei Turnieren dabei ist, ist offen. Er selber wollte sich damals nicht äussern. Der Kontakt sei aber regelmässig und eng.

Nach der Niederlage in Australien hatte die bald 20-Jährige gesagt, ihr Vater habe vor allem menschlich gefehlt. Ob sie allenfalls einen zusätzlichen Trainer beizieht, der mit ihr reist, ist offen. «Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.»