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Das Knie der Nation: Roger Federers Gesundheit spielt nicht mit, die Saison ist für den Baselbieter zu Ende. Dabei zeigt ein Blick auf die Verletzungsgeschichte des Tennis-Ass: Mit Ausnahme von ein paar Blessuren blieb Federer von schweren Verletzungen lange verschont.
Es sollte Roger Federers letzter Angriff auf die noch fehlende Einzel-Goldmedaille werden, doch die Gesundheit spielt nicht mit: Die Olympischen Spiele in Rio (5. bis 21. August) finden ohne ihn statt.
Der 34-jährige Baselbieter, der in seiner Karriere alle Grand-SlamTurniere mindestens einmal gewann, sagte gestern die Teilnahme an den Sommerspielen wegen Nachwirkungen einer Knieverletzung schweren Herzens ab und beendete sogar seine Saison vorzeitig.
«Unter Berücksichtigung aller Optionen und nach Gesprächen mit den Ärzten und meinem Team habe ich mich zu dem schweren Entschluss durchgerungen, die Saison zu beenden und meinem Knie die Auszeit zu geben, die es benötigt», schrieb Federer auf seiner Facebook-Seite.
Damit verpasst der Weltranglistendritte auch das am 29. August beginnende US Open. Es ist irgendwie ein logisches Ende einer verkorksten Saison. Nachdem sich Roger Federer im Februar erstmals einer Operation am Meniskus hatte unterziehen müssen,kam der 17-fache Grand-Slam-Champion 2016 nie richtig auf Touren.
Nun beendet er erstmals seit 2000 ein Jahr ohne Turniersieg – nach nur sieben Turnieren.
Die Schweizer Olympiamannschaft bedauerte die Absage zutiefst. «Roger Federer ist ein Aushängeschild des Schweizer Sports und hätte in Rio zu den Schweizer Medaillenhoffnungen gehört», hiess es in einer Mitteilung: «Gleichzeitig zeigt Swiss Olympic jedoch auch grosses Verständnis für den Entscheid Federers.»
Die Sommerspiele in Brasilien wären für Federer, der bei den Eröffnungsfeiern 2004 und 2008 die Schweizer Fahne trug, die fünften gewesen.
Der Traum von einer olympischen Goldmedaille im Einzel wird für Roger Federer somit wohl unerfüllt bleiben. Bei den Sommerspielen in London hatte er das wichtigste Edelmetall nach einer Finalniederlage gegen den Schotten Andy Murray knapp verpasst.
Vier Jahre zuvor holte er nach dem Viertelfinal-Ausscheiden gegen James Blake «nur» an der Seite von Wawrinka Gold in der Doppelkonkurrenz.
Federer hatte bereits im Mai wegen einer Rückenverletzung auf den Start beim French Open verzichten müssen. Zuvor hatte der Baselbieter seit 1999 in keinem der 65 Grand-Slam-Turniere gefehlt.
«Die Ärzte rieten mir, dass wenn ich auf der Tour noch ein paar Jahre verletzungsfrei spielen will, wie ich es vorhabe, muss ich meinem Knie die nötige Erholung geben», schrieb Federer gestern.
In Wimbledon machte er zuletzt mit der Halbfinal-Qualifikation zwar wieder einen guten Eindruck, allerdings lädierte er bei einem ziemlich heftigen Sturz im verlorenen fünften Satz gegen Milos Raonic erneut sein angeschlagenes Knie. Wie schwer, war damals nicht absehbar.
Ob sich die Verletzung dabei wieder verschlimmerte oder ob der Schweizer auch sonst zu einer Pause gezwungen wäre, gab er nicht bekannt.
An einer Rückkehr in den Tenniszirkus liess «FedEx» keinen Zweifel: «Die Liebe zum Tennis, zum Wettkampf, zu den Turnieren bleibt intakt. Ich bin so motiviert wie immer und werde alles daransetzen, stark, gesund und in Form im Jahr 2017 auf die Tour zurückzukehren.»
Während viele Tennisspieler schon früh in ihrer Karriere und
oft mit schweren Verletzungen zu kämpfen hatten, blieb Roger Federer – mit Ausnahme von kleineren Blessuren – lange verschont.
Den ersten operativen Eingriff überhaupt musste er erst Anfang dieses Jahres über sich ergehen lassen.
So schreibt der 34-Jährige auch gestern: Die Verletzung zeige ihm, «wie glücklich ich in meiner bisherigen Karriere mit den wenigen Verletzungen war». Ein Rückblick:
- 2001: Leistenverletzung. In Wimbledon zwickt es an der Leiste. Roger Federer muss sechs Wochen pausieren.
- 2004: Muskelfaserriss. Roger Federer 2004 verpasst durch die Verletzung im linken Oberschenkel sein Heimturnier in Basel und weitere Hallenturniere.
- 2005: Bänderriss. Ausgerechnet am Turnier in Basel knickt Roger Federer im Training um und muss drei Wochen pausieren.
- 2008: Pfeiffersches Drüsenfieber. Im März gibt Federer bekannt, seit Dezember 2007 am Drüsenfieber zu leiden. Er pausiert für ein paar Wochen. Im Herbst zwickt der Rücken, doch er spielt weiter.
- 2010: Lungenentzündung. Nach dem Australian Open legt es Roger Federer ins Bett. Ein Turnier verpasst er aber nicht.
- 2013: Rückenschmerzen. Roger Federer leidet immer wieder an nervigen Schmerzen im Rücken in diesem Jahr. Doch eine Zwangspause braucht es nicht.
- 2014: Rückenblockade. Starke Schmerzen verhindern, dass Roger Federer an den ATP-Finals den Final gegen Novak Djokovic spielen kann. Die Pause ist nicht lang und kurz darauf gewinnt er mit der Schweiz den Davis-Cup.
- 2016: Meniskus-Verletzung. Im Anschluss an das Australian Open verletzt sich Roger Federer abseits des Platzes. Zum ersten Mal in seiner Karriere muss er unter das Messer, um einen Riss des Meniskus operativ zu beheben.
- 2016: Magen-Darm-Grippe. Nach der gut überstandenen Operation und einer zweimonatigen Pause verhindert eine Magen-Darm-Grippe das Comeback von Federer am Turnier in Miami.
- 2016: Rückenverletzung. Gut drei Wochen später beim Masters in Monte Carlo kehrt Roger Federer auf die Tour zurück, doch bereits beim nächsten Turnier muss er Forfait geben. Im Training zwickt es den Schweizer plötzlich wieder im Rücken und eine Pause ist nötig.
- 2016: Rückenverletzung. Rund vier Wochen später kehrt Roger Federer in Rom erneut zurück. Doch die Rückenschmerzen sind immer noch akut. Daher muss er das French Open absagen. Zuvor hatte er seit 1999 in keinem der 65 Grand-Slam-Turniere gefehlt.
- 2016: Im Juni kehrt Roger Federer in Stuttgart wiederum zurück auf den Platz. In Wimbledon erreicht er den Halbfinal. Danach muss er aber für das Turnier in Toronto Forfait erklären und gestern für die Olympischen Spiele in Rio und den Rest der Saison. Sein Körper braucht eine Pause, damit seine Karriere nicht vorzeitig endet und er 2017 wieder spielen kann. (nch)