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Die unter Spielern höchst umstrittene Davis-Cup-Reform sorgt für erste Konflikte. Es geht dabei um Geld, vor allem aber um die besten Termine im dicht gedrängten Kalender. Mittendrin: Barcelona-Fussballer Gerard Piqué mit seiner Kosmos-Gruppe und Roger Federer.
Beim Auswärtsspiel in Valladolid hatte sein FC Barcelona trotz klarer Überlegenheit Mühe und gewann nur mit 1:0. Abwehrchef Gerard Piqué wurde als Einziger seines Teams verwarnt. Am gleichen Tag erschien in der französischen Zeitung «Le Figaro» ein Interview mit dem Welt- und Europameister, das zeigt, wie tief der Keil ist, den Piqué mit seiner Kosmos-Gruppe und der in Orlando verabschiedeten Davis-Cup-Reform in die Tennis-Familie getrieben hat.
Dort spricht der ehemalige Nationalspieler von der Verantwortung, die man ihm und seinem Konsortium übertragen habe, indem man das Format, das dem Tennisweltverband ITF in den nächsten 25 Jahren drei Milliarden einbringen soll, umsetze. Er sagt aber auch: «Wir wissen alle, dass der Davis Cup nicht mehr das ist, was er einmal war.» Der mit 118 Jahren älteste Teamwettbewerb im Tennis und damit eine der traditionsreichsten Institutionen im Weltsport.
18 Länder ermitteln ab 2019 in einer Finalwoche Ende November den Davis-Cup-Sieger: 12 Sieger der Qualifikation mit Heim- und Auswärtsspielen, die vier Halbfinalisten des Vorjahrs und zwei Wildcard-Empfänger. Die Sieger der sechs Dreiergruppen und die zwei besten Zweiten erreichen die Viertelfinals. Gespielt werden jeweils zwei Einzel und ein Doppel auf zwei Gewinnsätze.
Reformen, da waren sich alle einig, waren unumgänglich. Sie erklären, wie die Verbände den Plänen Piqués und der ebenfalls beteiligten Milliardäre Hiroshi Mikitani und Larry Ellison bei der Mitgliederversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen konnten. Doch, und diese Befürchtung war offenbar nicht unberechtigt, sie sorgt auch für Probleme. Es geht dabei nicht nur um Geld, TV-Rechte und Termine, sondern auch um persönliche Animositäten.
Zwar soll der erste Davis-Cup-Final nach neuem Format, das ein einwöchiges Final-Turnier mit 18 Teilnehmern vorsieht, im November ausgetragen werden. Doch Piqué macht nun klar, dass dieser Termin nicht in Stein gemeisselt ist. Er sagt: «Wir sind im Gespräch mit den Spielern, sie bevorzugen einen Termin im September.» Alexander Zverev zum Beispiel sagte, dass er im November lieber auf den Malediven am Strand liege, als im Davis Cup zu spielen.
Piqué sagt von sich, er habe den Tennis-Zirkus und seine Befindlichkeiten in den letzten drei Jahren kennengelernt. «Und ich habe immer versucht, wie ein Spieler zu denken», nicht wie ein Geschäftsmann, der er in dieser Angelegenheit als Präsident der Kosmos-Gruppe ist. Der Davis Cup solle ein Wettbewerb sein, wie ihn die Spieler wünschten. Denn ohne sie gäbe es den Sport nicht. «Ich denke da an Nadal, Cilic, Zverev oder Djokovic», sagt Piqué.
Ob Versehen oder Kalkül, doch in seiner Aufzählung fehlt einer: Roger Federer. Möglicherweise liegt das daran, dass Piqué mit seinem Wunsch, die Finalwoche im September durchzuführen, die Konfrontation mit dem Schweizer sucht. Denn in diesem Monat findet der Laver Cup statt, der von der Agentur «Team 8», bei der Federer Teilhaber ist, Tennis Australia und dem amerikanischen Tennisverband, veranstaltet und 2020 in Genf ausgetragen wird.
Erst im Vorjahr wurde der Kontinental-Wettbewerb nach Vorbild des Ryder Cups erstmals durchgeführt und war ein grosser Erfolg. Wohl auch, weil Antrittsgagen bezahlt werden. Doch ob sich das Format langfristig durchsetzt, ist schwer abzuschätzen. Zu sehr lebt es von der goldenen Ära mit Spielern wie Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic. Federer sagt zur Reform: «Es liegen noch nicht alle Fakten auf dem Tisch, nichts ist in Stein gemeisselt.»
Mit dem Davis Cup verbindet ihn eine schwierige Beziehung: 2014 gewann er diesen zwar vor 27'000 Zuschauern in Lille, sein letzter Einsatz liegt aber drei Jahre zurück. Der Davis Cup geniesst bei ihm keine Priorität mehr. «Die Meinungen gehen auseinander: Einige sind glücklich, andere traurig und wütend, oder erleichtert», sagt der 37-Jährige. «Und ich, ich stehe irgendwo dazwischen. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll. Es ist, wie es ist.»
Fakt ist: Wer bezahlt, der bestimmt. Und Piqué und seine Kosmos-Gruppe haben in dieser Debatte die grösste Kriegskasse. Der Fussballer sagt: «Der Davis Cup ist bei uns in guten Händen. Für mich ist er ein Lebensprojekt.» Sein Trumpf: Er verhandelte in den letzten Monaten auch immer wieder mit der Profi-Vereinigung ATP. «Wir sind im ständigen Dialog. Wir glauben, es ist das Beste, wenn wir zusammen Lösungen im Interesse aller erarbeiten.»
Offenbar ist die Kosmos-Gruppe bereit, die ATP zu bezahlen. Der Davis Cup erhielte dann im Gegenzug seinen Wunschtermin und könnte mit Punkten für die Weltrangliste locken. Das sind Anreize, mit denen der Laver Cup nicht locken kann. Gut möglich, dass die ATP nun den Schulterschluss mit der Kosmos-Gruppe sucht und ihre Pläne mit dem World Team Cup überdenkt. Opfer dieser Verbindung wären Roger Federer und sein Laver Cup.