Super League
Darum ist der FC Zürich die Nummer 1 der Schweiz: Fünf Gründe für den baldigen Meistertitel

Die Meisterschaft schien für den FC Zürich vor der Saison utopisch, am Sonntag könnte er den Titel aber holen. Wie ist es dazu gekommen?

Raphael Gutzwiller
Drucken
Haben derzeit viel Grund zu feiern: Die Spieler beim FC Zürich rund um Goalgetter Assan Ceesay (links) und Lindrit Kamberi.

Haben derzeit viel Grund zu feiern: Die Spieler beim FC Zürich rund um Goalgetter Assan Ceesay (links) und Lindrit Kamberi.

Michael Buholzer / KEYSTONE

Der Meistertitel ist zum Greifen nah für den FC Zürich: Gewinnt er heute gegen Sion und verliert Basel morgen gegen Luzern, dann sind die Zürcher zum 13. Mal Schweizer Meister. Es ist ein Überraschungstitel, hatte doch vor der Saison niemand dem FC Zürich den Triumph zugetraut. Fünf Gründe sorgten aber dafür, dass der FCZ wieder zur Nummer 1 des Landes wurde.

Der Trainer

André Breitenreiter hat derzeit gut lachen.

André Breitenreiter hat derzeit gut lachen.

Claudio Thoma / freshfocus

Als André Breitenreiter sein Amt im vergangenen Sommer angetreten ist, versprühte er Aufbruchsstimmung. Der Deutsche, einst in der Bundesliga bei Paderborn, Schalke und Hannover tätig, sollte den FCZ wieder in die oberen Gefielde führen. Mit zwei siebten und einem achten Rang war der FC Zürich in den letzten Jahren deutlich unter den Erwartungen geblieben. Breitenreiter sorgte aber schon rasch nach seiner Ankunft für eine Aufbruchstimmung. Der 48-Jährige überzeugt nicht nur mit grossem Fachwissen, sondern auch mit seiner Aussendarstellung. Spricht er mit den Medien, sind alle Aussagen druckreif, präzise und auf den Punkt gebracht. Ähnlich gut dürfte er bei den Spielern ankommen.

Die Taktik

Der mögliche Meistertitel ist eng mit der 3-5-2-Formation von Breitenreiter verknüpft. Die beiden offensiv starken Aussenverteidiger Nikola Boranijasevic und Adriàn Guerrero – gekommen von Lausanne und Lugano – sorgen immer wieder für Gefahr über die Aussen. Gemeinsam haben sie elf Torvorlagen gegeben und sieben Treffer selber erzielt. Zudem verfügt der FCZ über ein funktionierendes zentrales Mittelfeld mit Aufräumer Ousmane Doumbia.

Ousmane Doumbia (vorne) räumt im FCZ-Mittelfeld auf.

Ousmane Doumbia (vorne) räumt im FCZ-Mittelfeld auf.

Ennio Leanza / KEYSTONE

Dazu kommt eine klare Ausrichtung auf dem Rasen. Der FC Zürich hat selbst in Spielen, in denen er als Favorit auf das Feld geht, nicht den Anspruch oft den Ball zu haben. Zürich kommt in der bisherigen Saison nur auf einen Ballbesitzwert von 47,6 Prozent. Lediglich Lausanne und Sion haben noch weniger den Ball in den eigenen Reihen. Stattdessen setzt Breitenreiters Team auf schnelles Umschaltspiel. Durch gute Pässe aus dem starken Mittelfeld unter anderem mit Spielgestalter Antonio Marchesano kann der FCZ immer wieder Gefahr kreieren.

Die Effizienz

Wie viele Spiele in dieser Saison standen auf der Kippe, aber am Ende hat sie fast alle der FC Zürich geholt? Nicht selten ist der FCZ nicht das spielerisch bessere Team, sondern das effizientere. Das hat sich eindrücklich letzte Woche gezeigt, als Zürich bereits mit dem ersten Torschuss gegen YB in Führung ging. Der FC Zürich ist zusammen Basel das effizienteste Team der Liga, wie Statistiken aufzeigen. Zum Vergleich: Zürich hat aus 350 Schüssen bisher 64 Tore erzielt, die Young Boys aus 422 Schüssen 65 Tore.

Trifft plötzlich wie am Laufband: Assan Ceesay.

Trifft plötzlich wie am Laufband: Assan Ceesay.

Michael Buholzer / KEYSTONE

In der Offensive lebt der FC Zürich von einem aus dem Nichts völlig erstarkten Assan Ceesay. Nach seinem 2-Millionen-Transfer 2018 von Lugano zu Zürich hatte der 28-jährige Gambier beim FCZ lange gar nicht funktioniert. Er wurde zwischenzeitlich sogar zu Osnabrück ausgeliehen. Doch unter Breitenreiter dreht Ceesay endlich auf. Der lange Stürmer hat in der Super League schon 16 Tore erzielt und sieben weitere vorbereitet. Dazu kommt, dass mit Spielern wie Antonio Marchesano (12 Tore) und Wilfried Gnonto (8 Tore) zwei weitere Spieler regelmässig für den FCZ einnetzen.

Der Leitwolf

Der Leitwolf des Teams ist Blerim Dzemaili. Der langjährige Schweizer Nationalspieler ist inzwischen 36-jährig, hat aber beim FC Zürich nach seiner Verletzung wieder zu seiner Form zurückgefunden. Kürzlich hat er seinen Vertrag um ein Jahr verlängert.

Blerim Dzemaili ist wieder in guter Form.

Blerim Dzemaili ist wieder in guter Form.

Salvatore Di Nolfi / KEYSTONE

Dzemaili gilt auch in der Kabine als wichtiger Führungsspieler, nennt Dinge beim Namen. Und nicht zuletzt, weiss er, wie man mit Zürich Titel holt: Er gehörte schon zu jenem Team, das unter Lucien Favre 2006 und 2007 Meister wurde.

Die Konkurrenz

Bei beiden läuft es nicht rund: Beim FC Basel (mit Dan Ndoye) und den Berner Young Boys (mit Cedric Zesiger).

Bei beiden läuft es nicht rund: Beim FC Basel (mit Dan Ndoye) und den Berner Young Boys (mit Cedric Zesiger).

Georgios Kefalas / KEYSTONE

So viel beim FC Zürich funktioniert, so enttäuschend verläuft die Saison bei den beiden eigentlichen grössten Klubs des Landes, dem FC Basel und dem BSC Young Boys. Die Berner, zuletzt viermal in Serie Meister, spielten unter David Wagner eine enttäuschende Saison, Anfang März wird der Trainer ersetzt. Und beim FC Basel funktioniert nach einem Umbruch noch nicht alles, auch Trainer Patrick Rahmen musste Ende Februar gehen. Weil bei YB und Basel vieles fehlte, konnte der FC Zürich profitieren und durch die Liga marschieren.

Die Young Boys dominierten auch die Saison 2020/21 deutlich. Nach 29 Runden standen sie erneut als Schweizer Meister fest – und egalisierten ihren eigenen Rekord von zwei Jahren zuvor. Dazwischen wurde YB zwar auch Meister, aber erst nach 35 Spieltagen.
5 Bilder
Nach dem ersten Meistertitel seit 32 Jahren dominierte YB die Saison darauf noch deutlicher. Der Vorsprung auf Basel betrug am Ende 20 Punkte. Rekord: Schon nach 29 Spieltagen war der Titelgewinn fix. YB feierte ihn auf dem Sofa – oder dem Bild nach eher in der Bar.
Der FC Basel gespickt mit Spielern wie Xhaka, Shaqiri, Frei oder Streller ist 2012 super erfolgreich, spielt im Champions-League-Achtelfinal und gewinnt das Double. In der Meisterschaft holt der FCB nach 32 Runden den Titel und liegt am Ende 20 Punkte vor Verfolger Luzern.
Ein echtes Meisterrennen gibt es auch in der Saison 2015/16 nie. Basel ist zu dominant, führt die Liga ab dem zweiten Spieltag an – und gibt den Thron nicht mehr aus der Hand. Schon nach 31 Spieltagen holt der FCB auswärts in Luzern den Meistertitel. Es ist ein neuer Rekord.
Der FC Basel gespickt mit Spielern wie Xhaka, Shaqiri, Frei oder Streller ist 2012 super erfolgreich, spielt im Champions-League-Achtelfinal und gewinnt das Double. In der Meisterschaft holt der FCB nach 32 Runden den Titel und liegt am Ende 20 Punkte vor Verfolger Luzern.

Die Young Boys dominierten auch die Saison 2020/21 deutlich. Nach 29 Runden standen sie erneut als Schweizer Meister fest – und egalisierten ihren eigenen Rekord von zwei Jahren zuvor. Dazwischen wurde YB zwar auch Meister, aber erst nach 35 Spieltagen.

Sven Thomann/Freshfocus