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Moritz Thönen fliegt am Laax Open erstmals auf ein Weltcup-Podest. Ein Kerl mit einem Hang zu Nacktauftritten hat seinen Teil zu diesem Exploit beigetragen.
Da steht er also, die Kamera auf ihn gerichtet, den Check über 6250 Franken unter den Arm geklemmt. Moritz Thönen, Schweizer Snowboarder, spezialisiert auf Slopestlye, diese irre Aneinanderreihung von waghalsigen Sprüngen und technisch anspruchsvollen Rutschpartien über Hindernisse, die Treppengeländern nachempfunden sind. Eben ist er Dritter geworden beim Laax Open, einem der bestbesetzten Slopestyle-Weltcupanlässe überhaupt.
Den bisher ersten und einzigen Podestplatz eines Schweizers fuhr Lucien Koch 2015 heraus. Er gewann den Weltcup Mitte März in Spindelruv (CZE). Allerdings war das Feld bei diesem Anlass deutlich schwächer als jetzt in Laax. Und so fragt der Mann mit dem Mikrofon Moritz Thönen, wie er seine Podest-Premiere einschätze.
Der Blick von Thönen geht nach oben zu den tiefhängenden Wolkenschwaden über dem Crap Sogn Gion, ungläubig schüttelt er den Kopf und sagt: «Das ist einfach nur verrückt. Ich hätte mir das nicht zu erträumen gewagt. Nicht in meinen kühnsten Träumen.»
Nicht hier, nicht in Laax, bei diesem Spitzenevent. Vor heimischem Publikum, seinen Eltern. Moritz hat sie angewiesen, erst hochzukommen, wenn die Qualifikation durch ist. Weil er nicht wollte, dass sie die dreistündige Autofahrt aus dem Berner Oberland nach Laax umsonst machen.
In Hilterfingen ist er aufgewachsen, in Grindelwald entdeckt er den Schneesport. Doch bleibt er verhältnismässig lange beim Skifahren. «Ich fuhr Ski, bis ich 12 oder 13 war. Auch Rennen.Doch er verliert den Spass, versucht sich im Snowboarden und ist auf Anhieb angetan.
«Ich bin einfach nur mega dankbar, dass ich diesen Schritt gemacht habe», sagt er und grinst. Das Brett liegt vor seinen Füssen. Wenige Minuten zuvor flog er mit ihm an den Füssen in seinem zweiten und letzten Versuch aufs Podest. Auch dank wohlüberlegter Taktik.
«Ich bin im zweiten Teil des Kurses mit einem einfacheren Trick gestartet, damit ich für den letzten Sprung genug Speed hatte», erklärt Thönen.
Ein Frontside 1440 (vierfache Schraube), eine Steilwand und ein Rail später schwingt er im Ziel ab. Und dann hört man die Stimme von Nicolas Huber, bis dahin auf Platz 4: «Das reicht, das reicht.»
Als wenige Sekunden später das Resultat kommt, 80,55 Punkte aufleuchten, fallen sich die beiden Schweizer Finalteilnehmer um den Hals, schreien die Freude raus. Huber, dieser bunte Vogel, der vor zwei Jahren aus dem Nichts an der WM zu Silber flog in dieser Disziplin.
Klar, damals waren viele Favoriten nicht am Start. Und trotzdem hat Huber, der bis zu diesem Coup noch nie in einem Kader von Swiss Ski stand, etwas ausgelöst.
Pepe Regazzi, Cheftrainer der Snowboarder, spricht von dessen Lockerheit, seiner verrückten Art. Auf Instagram nennt sich Huber «Der Nudist» – und wer sich durch die Bilder klickt, erfährt warum.
Huber habe mit dem Silber bei der WM auch so etwas ausgelöst wie: «Was der kann, kann ich auch», so Regazzi. Und Thönen selbst meint: «Nici hat seinen Anteil. Im Halbfinal kam er vor dem zweiten Durchgang zu mir und hat mich richtig angepeitscht. Er hat mich richtig mitgezogen, in einen Flow gebracht.»
Aber die Schweizer überzeugen nicht nur bei den Männern (neben dem Podest von Thönen fährt Huber auf Platz 5). Im Gegenteil. Die Frauen sind sogar zu zweit auf dem Podest. Neben der routinierten Sina Candrian feiert Celia Petrig als Zweite ihre Podestpremiere.
Völlig überwältigt steht sie danach bei den Journalisten, sagt: «Es fühlt sich völlig unreal an. Zwar sind ein paar gute Fahrerinnen gestürzt, was ich übrigens immer mega schade finde, aber ich bin super zufrieden mit meiner Leistung.»
Heute Samstag gehen in Laax die Halfpipe-Contests über die Bühne. Auch hier haben die Schweizer mit Iouri Podladtchikov, Pat Burgener oder Verena Rohrer Podesthoffnungen. Und schon in knapp zwei Wochen steigen in Park City in den USA die Weltmeisterschaften. Man darf auf Medaillen hoffen.