Ski alpin
Nur die Liebe kann die Angst in Kitzbühel bezwingen

Die schwierigste Abfahrtspiste der Welt fordert heute Athleten. Viele davon bekommen es bei der erste Teilnahmen mit der Angst zu tun. Doch es gibt ein Rezept, die Streif zu zähmen.

Martin Probst, Kitzbühel
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Didier Défago im Temporausch: «Ich liebe die Streif.»

Didier Défago im Temporausch: «Ich liebe die Streif.»

Keystone

Der Abschied fällt selten leicht und wenn die Abschiedstournee einen ganzen Winter dauert, bleibt viel Zeit für Wehmut. Didier Défago kennt das Gefühl. Ende Saison beendet der 37-Jährige seine Karriere. Zuvor fährt er noch die Rennen – mit Ambitionen. Die Wehmut kommt erst, wenn er im Auto sitzt und eine weitere Weltcupstation hinter sich lässt. Heute nach der Abfahrt ist es wieder so weit: Kitzbühel ist für ihn vorbei.

«Der Abschied ist überall speziell, aber Kitzbühel werde ich am meisten vermissen», sagt Défago. «Ich liebe diese Piste und darum wird sie mir am meisten fehlen.» Die schwierigste Piste im Weltcup lässt keinen Kalt. Angst habe er gehabt beim ersten Mal, sagt Défago. Und damit ging es ihm wie fast allen. Rekordsieger Didier Cuche wollte bei seiner Premiere das Starthaus am liebsten wieder durch die Hintertür verlassen.

Angst lähmt. Liebe löst. Das ist wohl das Rezept, um in Kitzbühel erfolgreich zu sein. Didier Cuche sagte einst: «Die Streif ist meine grosse Liebe.» Zweimal Didier, eine Aussage. Cuche hat fünfmal die Abfahrt gewonnen und einmal den Super-G. Défago hat in beiden Rennen je einmal triumphiert. Nur die Liebe kann die Angst bezwingen.

Paris gewinnt den Super-G

Der Italiener Dominik Paris hat gestern den Super-G gewonnen. Vor zwei Jahren war der 25-Jährige in der Abfahrt erfolgreich. Auch er sagt: «Ich mag diesen Hang, und er mag mich. Darum läuft es hier so gut.» Es ist vielleicht eine Erklärung, warum die Podestplätze in Kitzbühel oft von den gleichen Athleten besetzt werden. Liebe gibt Vertrauen.

Vorjahressieger Hannes Reichelt, auch 2013 auf dem Podest, sagt: «Wenn man mit Freude anreist, die Form stimmt und man mit Selbstbewusstsein startet, lässt sich die Piste viel leichter bezwingen.» Didier Cuche sagte einst: «Nach Kitzbühel zurückzukehren, ist wie, wenn man seine Freundin lange nicht gesehen hat und sie wieder in die Arme nehmen kann.» Es ist ein Gefühl der Vertrautheit, das sofort wieder da ist und Sicherheit gibt.

Die Favoriten für die heutige Abfahrt kennen fast alle dieses Gefühl. Von Reichelt bis Paris, über den Österreicher Matthias Mayer, der gestern im Super-G vor seinem Landsmann Georg Streitberger Rang zwei belegte. Sie alle standen in Kitzbühel zuvor schon mindestens einmal auf dem Podest, wie auch Christof Innerhofer oder Adrian Théaux. Die Ausnahme ist Kjetil Jansrud, der noch nie besser als Vierter war.

Pinturault gewinnt die Kombi

Von den Schweizern erfüllt die Kriterien nur Défago. Zu den Favoriten will er sich aber nicht zählen. Gestern im Super-G war er hinter Patrick Küng (8.) als Zehnter zweitbester Schweizer. Gar nicht nach Wunsch lief es Beat Feuz (17). «Es fehlt mir nach der Knieverletzung auf dieser Piste das letzte Vertrauen.» Noch weiter hinten in der Rangliste fand sich Carlo Janka (21.) wieder. Der 28-Jährige hatte sich bei der Skiwahl vergriffen und als einziger der Topleute auf einen Abfahrts- statt Super-G-Ski gesetzt.

Damit nahm sich Janka schon früh die Chance auf einen Podestplatz in der Kombination. Nach einem starken Slalom am Abend belegte der Bündner trotzdem als bester Schweizer Rang sechs. Mauro Caviezel (13. nach dem Super-G) und und Sandro Viletta (23.) fuhren auf die Ränge zehn und elf.

Gewonnen wurde die Kombination vom Franzosen Alexis Pinturault, der seinen Vorsprung aus dem Super-G gegenüber Slalomdominator Marcel Hirscher behaupten konnte. Der Österreicher musste sich mit Rang zwei begnügen. Auf Rang drei folgte der Tscheche Ondrej Bank, der mit 34 Jahren zum zweiten Mal in seiner Karriere (nach 2007) auf einem Weltcuppodest stand.