Eishockey
Die Playoffs beginnen: Schlägt endlich die Stunde der Romantiker?

Die grosse Analyse der Eishockey-Playoffs: Das sind unsere Tipps für die Viertelfinals.

Klaus Zaugg
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Fribourg – Lausanne

Die Lakers haben im letzten Frühjahr in sechs Tagen gegen Lugano mehr Playoff-Spiele gewonnen (nämlich vier) als Gottéron in den letzten sieben Jahren (nämlich drei). Mit dem ersten Puckeinwurf in der ersten Playoffpartie sind seit 2014 alle Hoffnungen zerstoben. Gelingt nun die erste Halbfinal-Qualifikation seit 2014? Gar der erste Final seit 2013? Theoretisch hat Gottéron sogar alles, um zum ersten Mal in seiner Geschichte den Titel zu holen: Den Präsidenten, den Coach, den Torhüter, die Ausländer, die Leitwölfe mit Schweizer Pass, die Tiefe im Kader und die Unterstützung des Publikums. Mit Lausanne beschert das Schicksal Gottéron für die erste Runde allerdings den schwierigsten Gegner: Lausanne hat bereits in der Qualifikation drei von fünf Direktbegegnungen gewonnen. Das Problem: Das Umfeld mag in Lausanne unruhig sein. Aber die Spieler können sich zusammenraufen, emotional, rau und unberechenbar spielen und mit Christoph Bertschy und Ronalds Kenins in der dritten Linie ist die Ausgeglichenheit gross und Jiri Sekac ist ein Leitwolf, der allen Ausländern Gottérons auf Augenhöhe entgegenzutreten vermag. Der Verstand sagt, dass Gottéron diese Serie trotz allem gewinnt, das Bauchgefühl aber warnt: Attention! Wenn Gottérons Romantiker den Viertelfinal überstehen, ist alles möglich.

Fribourg-Coach Christian Dubé hat ein Kader, das fähig ist, Meister zu werden.

Fribourg-Coach Christian Dubé hat ein Kader, das fähig ist, Meister zu werden.

Alessandro Crinari/ Keystone

Rapperswil – Davos

Kann Christian Wohlwend Playoffs? Das ist die grosse Frage, auf die wir nun in seiner dritten Saison in Davos eine Antwort erhalten werden. In seiner ersten Saison hat der Nachfolger von Arno Del Curto, der nicht der nächste Arno Del Curto sein will und doch so auftritt wie der nächste Arno Del Curto, im Frühjahr 2020 den Gewinn der Qualifikation um einen Sieg verpasst. Die Playoffs fanden wegen der Pandemie nicht statt. Vor einem Jahr war bereits nach den Pre-Playoffs gegen den SC Bern Lichterlöschen und Torhüter Robert Mayer und nicht der Trainer war der Sündenbock. Scheitern die Davoser erneut, wird Christian Wohlwend in die Kritik geraten. Die Lakers pflegen ein ähnlich intensives Lauf- und Tempohockey wie die Davoser und die Statistik hilft uns nicht so recht weiter: Von fünf Direktbegegnungen hat der HCD drei gewonnen. Details werden entscheiden. Vielleicht ein «Genieblitz» von Liga-Topskorer Roman Cervenka. Oder die falsche Torhüterwahl. Melvin Nyffeler ist die unumstrittene Nummer 1 bei den Lakers. Beim HCD ist zwar Sandro Aeschlimann ganz klar besser, aber aus politischen Gründen muss in Davos eben auch Gilles Senn fleissig gerühmt werden. Spielt aus politischen Gründen Gilles Senn, sind die Lakers im Halbfinal.

Christian Wohlwend (Mitte) steht im dritten Jahr mit Davos erstmals in den Playoffs.

Christian Wohlwend (Mitte) steht im dritten Jahr mit Davos erstmals in den Playoffs.

Daniela Frutiger/Freshfocus

Zug – Lugano

Luganos Trainer Chris McSorley ist eben doch ein Glückspilz. In wenigen Tagen ist es ihm gelungen, die miserable Qualifikation (9. Schlussrang) vergessen zu machen und er wird seine erste Saison in Lugano als Held beenden. In den Pre-Playoffs hat er den Vorjahresfinalisten Servette gebodigt und nun warten im Viertelfinal gegen Zug nichts als Ruhm und Ehre. Der Meister hat diese Saison fünf von sechs Direktbegegnungen gegen Lugano gewonnen, ist himmelhoher Favorit und der charismatische Kommunikator Chris McSorley versteht es meisterhaft, diesen Gegner noch grösser und übermächtiger zu machen als er ohnehin schon ist. Selbst ein Ausscheiden gegen den Titanen mit vier Niederlagen de suite wird seiner Reputation in Lugano nicht schaden, ihm Ruhm und Ehre für tapfere Gegenwehr eintragen und seine Position zementieren. Oder dürfen wir auf eine Sensation hoffen? Nein. Ein, zwei Siege für Lugano sind möglich. Mehr nicht. Wir müssen nicht weit suchen: Niklas Schlegel ist einer der Gründe für das überraschende Scheitern im Viertelfinal vor einem Jahr gegen die Lakers. Er ist nach wie vor Luganos Torhüter Nummer 1. Bei Zug heisst die Nummer 1 Leonardo Genoni. Schlegel besser als Genoni? Natürlich nicht. Aber Lugano kommt nur weiter, wenn Schlegel besser ist als Genoni.

Chris McSorley ist mit den Luganesi klarer Aussenseiter gegen den EV Zug.

Chris McSorley ist mit den Luganesi klarer Aussenseiter gegen den EV Zug.

Massimo Piccoli/ Keystone

ZSC Lions – Biel

Der taktische Realismus, die Erfahrung, die Kadertiefe mit Ausländern oder Internationalen in allen vier Linien sprechen klar für die Zürcher. Sie haben auch drei der vier Direktbegegnungen in der Qualifikation gewonnen. Eigentlich ist alles andere als eine Finalqualifikation mit dieser Mannschaft als Misserfolg zu werten. Bei einem Scheitern in der ersten Runde würde der Trainer-Titan Rikard Grönborg zum entlassbaren Zwergen schrumpfen. Aber die Bieler setzen der geschäftigen Professionalität der Zürcher Jungmillionäre Leidenschaft, Mut und Kreativität entgegen. An einem guten Abend sind sie dazu in der Lage, mit ihrem dynamischen, kreativen Tempospiel jeden Gegner zu überraschen – zum Viertelfinalauftakt nun auch die favorisierten Zürcher auswärts mit 5:4. Wieder einmal sind die Bieler einer emotionalen offensiven Schönwetterlage weit über ihren spielerischen Nominalwert hinausgewachsen: Symbolisch dafür die zwei Treffer von Mike Künzle: Seine Standard-Linienpartner Damien Brunner und Luca Cunti fehlten wegen Krankheit und Verletzung. Biels Spektakel mag zerbrechlich sein – aber nun wird sich zeigen, ob das Selbstvertrauen der arroganten Zürcher und die Position ihres Trainers noch zerbrechlicher sind.

Die ZSC Lions mit Cheftrainer Rikard Grönborg sind gegen Biel mit 0:1 in Rücklage geraten.

Die ZSC Lions mit Cheftrainer Rikard Grönborg sind gegen Biel mit 0:1 in Rücklage geraten.

Michael Buholzer/ Keystone