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In der ersten Bergetappe der Tour de Suisse macht Egan Bernal Ernst. Der Kolumbianer kommt zwar nicht als erstes in Flumserberg an, doch er behält das Leadertrikot. Der Sieger der Etappe ist eine Überraschung. Für Mathias Frank endete das Rennen enttäuschend.
Er wartete lange mit dem Vorstoss, bis kurz vor dem Ziel. Dank seiner Klasse hätte Egan Bernal im Aufstieg nach Flumserberg auch früher angreifen, den Niederländer Antwan Tolhoek einholen und auch die Etappe gewinnen können. «Unser Ziel war das Leadertrikot. Ich blieb lieber in der Obhut meiner Mannschaftskollegen. Sie waren ja mit einem ordentlichen Tempo unterwegs», sagte Bernal.
Der 22-Jährige hatte seit Ende März kein Rennen mehr bestritten, weil er das Schlüsselbein gebrochen hatte. Deshalb war er mit Zweifeln zur gestrigen Etappe gestartet. «Ich habe zwar viel und gut trainiert, aber ein Rennen ist doch etwas ganz anderes.» Bernal liegt im Gesamtklassement zwölf Sekunden vor dem Australier Rohan Dennis, der das Zeitfahren zum Auftakt der Tour de Suisse gewonnen hatte. Bernal hat das Potenzial, die Tour de France zu gewinnen.
Am Ende der nur gut 120 Kilometer langen Etappe lag Bernal 17 Sekunden hinter Tolhoek, der sich als Letzter einer Fluchtgruppe über die Runden rettete. Der 25-jährige Niederländer, der aussieht wie ein Teenager, feierte seinen ersten Sieg als Profi. An die Schweiz hat er freilich gute Erinnerungen: Vor drei Jahren wurde Tolhoek Bergkönig der Tour de Suisse.
Als die Mannschaft Bernals anderthalb Kilometer vor dem Ziel einen Zacken zulegte, geriet der Schweizer Hoffnungsträger Mathias Frank in Bedrängnis. Der 32-jährige Luzerner büsste fast dreieinhalb Minuten ein und fiel im Gesamtklassement auf den 34. Platz zurück.
«Ich merkte, dass ich den Rhythmus nicht mehr halten konnte. Bis ins Ziel forcierte ich nicht mehr», sagte er, «die Option Gesamtklassement hat sich nun erledigt». Das könnte durchaus im Sinn und Geist von Frank sein, denn der Gesamtzweite von 2014 will endlich zum ersten Mal eine Etappe der Landesrundfahrt gewinnen.
Wesentlich besser als Frank schnitt in der ersten Bergankunft Patrick Schelling ab. Der 29-jährige Bergspezialist entwich der Gruppe um Bernal gut fünf Kilometer vor dem Ziel und erreichte den neunten Platz. «Ich realisierte, dass ich schneller fahren konnte, und nutzte die Chance», sagte der St. Galler.
Nun steht die längste Etappe auf dem Programm. Zwischen Unterterzen und dem Gotthardpass hat das Peloton 216 Kilometer zu durchmessen. Der 2091 Meter hohe Gotthard wird schon zum 40. Mal befahren. Er ist damit der am häufigsten überquerte Pass an der Tour de Suisse. Als der Parcours 1934 zum ersten Mal über den Gotthard führte, überquerte Francesco Camusso die Passhöhe als Erster.
Der italienische Berufsfahrer hatte 1931 den Giro d’Italia für sich entschieden. Zielort wie heute war der bekannteste Alpenübergang aber erst ein Mal. 2001 siegte der Russe Dimitri Konischew. Bester Schweizer war der Urner Beat Zberg auf Platz sechs. Der heute 48-Jährige ist zugleich der letzte Schweizer, der im Rahmen der Tour de Suisse als Erster auf dem Gotthard war. Die Passhöhe liegt auf Tessiner Boden.
Der Aufstieg zum Gotthard von Biasca aus via Tremola misst gut 40 Kilometer. «Das scheint endlos zu sein», sagt Michael Albasini. Der Thurgauer wird, wie ein Grossteil der Fahrer, nichts mit dem Ausgang an der Spitze des Rennens zu tun haben. «Nicht einmal sieben Minuten Vorsprung in Biasca würden mir reichen», so der Routinier.
Aufgrund der Streckenänderung wegen Lawinengefahr führt der Parcours am Sonntag im Rahmen der Königsetappe noch einmal über den Gotthard. Vor dem Bergsattel passiert das Feld den 1915 Meter hohen Lukmanier, der zum 35. Mal befahren wird.