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Eine Woche vor Turnierbeginn stehen die Organisatoren des Grand-Slam-Turniers in Wimbledon und deren mathematische Formel, mit welcher die Setzliste erstellt wird, in der Kritik. Weshalb und bei wem die Liste im Männer-Tableau von Wimbledon für heftige Diskussionen sorgt.
Zwar beginnt das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres erst am Montag, doch für Polemik ist traditionellerweise schon in der Vorwoche gesorgt. Dann nämlich, wenn die Organisatoren die Setzliste für das Männer-Tableau veröffentlichen, das als Grundlage für die Auslosung vom Freitag dient.
Weil die Rasensaison vor Wimbledon nur drei Wochen dauert, wird bei der Erstellung der Setzliste seit 2002 eine mathematische Formel angewendet, welche die Weltrangliste zwar als Basis verwendet, die auf Rasen erzielten Resultate aus den beiden letzten Jahren aber stärker gewichtet. Das führt zu Verschiebungen – mit Siegern und Verlierern.
Zu diesen zählt auch der Spanier Rafael Nadal, der nach seinem zwölften French-Open-Sieg die Jahreswertung anführt und in der Weltrangliste Platz 2 belegt. In der Setzliste aber wird er hinter Roger Federer zurückgestuft, weil der Schweizer die 1325 Punkte, die er in der Weltrangliste hinter Nadal liegt, durch die besseren Resultate auf Rasen kompensieren kann.
Das hat zur Folge, dass der Sieger von 2008 und 2010 – je nach Auslosung – bereits im Halbfinal auf den serbischen Titelverteidiger Novak Djokovic treffen könnte. Entsprechend irritiert reagiert er auf die Versetzung: «Es ist jedes Jahr das Gleiche. Ich finde es nicht richtig, dass Wimbledon als einziges Turnier eigene Kriterien anwendet.»
1. Novak Djokovic (-)*
2. Roger Federer (+ 1)
3. Rafael Nadal (-1)
4. Kevin Anderson (+4)
5. Dominic Thiem (-1)
6. Alexander Zverev (-1)
7. Stefanos Tsitsipas (-1)
8. Kei Nishikori (-1)
9. John Isner (+3)
10. Karen Kachanov (-1)
* Abweichung von der
Weltranglisten-Position
Mitfavorit Roger Federer hat in seiner Karriere noch nie sowohl Rafael Nadal als auch Novak Djokovic im gleichen Grand-Slam-Turnier besiegen können. Sollte Nadal Djokovics oberer Tableau-Hälfte zugelost werden, würde er auf der Jagd nach seinem neunten Wimbledon-Titel erst im Final auf einen seiner Rivalen treffen.
Ein Vorteil – aber keine Bevorteilung, wie sie Anhänger von Nadal und Djokovic monieren. Gleichwohl hat sie – einmal mehr – eine hitzige Debatte über Sinn und Unsinn der Setzlisten-Regelung ausgelöst. Der Australier Darren Cahill, einst Trainer von Andre Agassi und Lleyton Hewitt, sagt zu dieser Zeitung: «Diese Regel ist nicht mehr zeitgemäss und sollte mit den Spielern diskutiert werden.»
Novak Djokovic führt die Setzliste in Wimbledon an, obschon er im Vorfeld kein Turnier auf Rasen bestritt. Auf die Versetzung Nadals angesprochen, sagte er: «Das ist überraschend.» Federer sei der Grösste aller Zeiten und Rekordsieger von Wimbledon, «wenn es einer verdient, dann ist es er», sagte Djokovic. «Andererseits ist Nadal ja eigentlich die Nummer zwei, weshalb der Entscheid doch etwas erstaunlich ist.» Doch so seien nun die Regeln, und diese gelte es zu respektieren.
Djokovic selber war in der Vergangenheit einer der Begünstigten der Regelung. So wurde der Sieger von 2016, der in der Weltrangliste bis auf Position 21 abgerutscht war, an Position 12 gesetzt – und gewann am Ende das Turnier.
Ungeachtet der Polemik um Federer und Nadal ist ein anderer der grösste Profiteur: Vorjahres-Finalist Kevin Anderson, der im Vergleich zur Weltrangliste um vier Positionen nach vorne rutscht und damit erst in den Halbfinals auf Djokovic, Federer und Nadal treffen kann, die 14 Wimbledon-Titel auf sich vereinigen. Zu den Verlierern gehört French-Open-Finalist Dominic Thiem.
Im Gegensatz zum Männer-Tableau orientiert sich Wimbledon bei der Setzliste der Frauen an der Weltrangliste. Topgesetzt ist Ashleigh Barty, vor Naomi Osaka und Karolina Pliskova. Belinda Bencic ist als einzige der fünf Schweizerinnen im Hauptfeld an Position 13 gesetzt.