Im grossen «AZ» Playoff-Final-Check nimmt unser Eishockey-Chef Marcel Kuchta die beiden Finalisten unter die Lupe. Er erwartet einen ausgeglichenen Final – mit einem positiven Ausgang für die ZSC Lions.
Die ZSC Lions stehen zum dritten Mal in Folge im Playoff-Final und trefen dort auf den HC Davos. Die Davoser wollen gegen den Qualifikationssieger ihren 31. Meistertitel feiern. Die Zürcher bezwangen in den diesjährigen Playoffs den EHC Biel und Servette Genf. Das Team von Arno Del Curto schaltete den EV Zug und den SC Bern aus.
Die Trainer im Vergleich
Marc Crawford ist mit seiner reichhaltigen NHL-Erfahrung ein absoluter Profi, der seine Mannschaft trotz der Genügsamkeit geschuldeten Durchhängern in der Erfolgsspur gehalten hat. Gleichzeitig gab er auch ganz jungen Spielern die Chance, sich zu bewähren. Die einzige Frage ist: Schafft er es, die Emotionen seiner Spieler gegen einen «heissen» HCD im richtigen Masse zu schüren?
Über Arno Del Curto muss man eigentlich keine grossen Worte mehr verlieren. Der 58-Jährige hat trotz zwischenzeitlicher Selbstzweifel mit dem Umbau seiner Mannschaft früher als erwartet Erfolg gehabt und greift nun nach dem sechsten Meistertitel in seiner mittlerweile 19. Saison als HCD-Trainer. Offen ist lediglich die Antwort nach der Frage, ob und wann er seinen neuen Vertrag unterschreibt.
Die Goalies im Vergleich
Lukas Flüeler ist seit einigen Jahren einer der besten NLA-Goalies und hat mit den Lions schon zwei Meistertitel gewonnen. Er hat zwar die Tendenz, einmal pro Serie eine Schwächephase einzuziehen, kommt danach aber umso stärker zurück. Sein grösster Trumpf ist die mentale Stabilität. Hat heuer in 13 Playoff-Spielen 1,94 Gegentore im Schnitt kassiert und 93,2 % der Schüsse gehalten.
Leonardo Genoni gehört wie Flüeler zum Besten, was die NLA auf der Goalieposition zu bieten hat. Den 27-Jährigen zeichnet seine grosse Konstanz aus. In den Playoffs bisher ganz stark. Ist aber, wenn es ihm nicht läuft, auch nicht vor Durchhängern gefeit. Seine aktuelle Bilanz liest sich allerdings herausragend: 10 Playoff-Spiele, 1,8 Gegentore im Schnitt und 94,3% Abwehrquote.
Die Verteidigung im Vergleich
Müsste man sich eine Wunsch-Verteidigung zusammenbauen, würde man sie mit ziemlicher Sicherheit so wie diejenige der ZSC Lions gestalten. Mit Seger,
Geering, Blindenbacher, Tallinder und Smith stehen fünf Top-Leute hinten drin, dazu noch Riesentalent Siegenthaler und als (unberechenbarer) Joker Marc-André Bergeron, der nach drei Spielen Pause wieder zum Einsatz kommen könnte.
In den Playoffs zeigte sich die HCD-Abwehr bisher überraschend wasserdicht. Das Problem ist: Nach den Routiniers Forster, Dubois und Jan von Arx nimmt der Erfahrungslevel rapide ab. Fünf Verteidiger sind erst 21 Jahre alt und jünger – das kann gefährlich sein, besonders, wenn sich einer der Routiniers verletzen sollte. Dann ist die Decke schnell einmal zu dünn, um gegen die Lions zu bestehen.
Der Sturm im Vergleich
Kaum ein anderes NLA-Team weist eine derart breit und ausgeglichen besetzte Offensiv-Abteilung vor wie die Zürcher. Die ZSC Lions haben für jede Rolle die richtige Besetzung, der Mix stimmt. Was ihnen allerdings zur Maximalnote von sechs Pucks fehlt, sind ein bis zwei absolute (ausländische) Top-Shots, selbst wenn Leute wie Wick, Nilsson oder Cunti Spitzenklasse verkörpern.
Wenn alle Mann an Bord sind, dann verfügen die Davoser über ein ebenso breites Offensiv-Repertoire wie die Zürcher. Trainer Arno Del Curto kann auf vier starke Sturmlinien zurückgreifen, die alle ein Spiel entscheiden können. Auch dank dieser Unberechenbarkeit und Ausgeglichenheit stehen die Davoser heuer im Final – und verfügen immer noch über genügend Energiereserven.
Die Ausländer im Vergleich
Die Herren Shannon, Keller, Smith, Tallinder und (mit Abstrichen) Bergeron sind allesamt wichtige Bestandteile einer funktionierenden Mannschaft. Aber die ZSC-Ausländer stechen nur selten heraus aus dem Kollektiv, wirken oft wie Mitläufer. Das hat sich zuletzt kaum negativ ausgewirkt auf die Performance des Teams, aber es kann ihm in einer engen Serie zum Verhängnis werden.
Noch vor den Playoffs gehörten die Ausländer zu den Sorgenkindern der Davoser Mannschaft. Nun haben die Herren Lindgren, Paulsson und Axelsson die Zweifler und Kritiker verstummen lassen und sind zum richtigen Zeitpunkt in Form. Sie haben die individuelle Klasse, um ein Spiel im Alleingang zu entscheiden. Es besteht aber auch die Gefahr, dass sie zur Unzeit wieder abtauchen.
Die Erfahrung im Vergleich
Wer im Vorjahr Meister geworden ist, den kann kaum etwas aus der Ruhe bringen. Die Zürcher verfügen über eine Vielzahl von Routiniers, angeführt von Captain Mathias Seger. Bei den Lions kann man nur die beiden 18-Jährigen Denis Malgin und Jonas Siegenthaler als Greenhörner bezeichnen. Angesichts der geballten Ladung an Erfahrung ist das ein vernachlässigbarer Faktor.
Auch der HC Davos verfügt über einige sehr routinierte Akteure wie die Brüder von Arx, Forster, Du Bois oder Ambühl. Aber eben auch über einen grossen Anteil an Spielern, die das Gewinnen erst erleben und erlernen müssen. Können beispielsweise die vier jungen Verteidiger Jung (19), Kindschi (18), Paschoud (20) und Heldner (18) mit der speziellen Drucksituation umgehen?
Der Endstand: ZSC Lions - HC Davos 30:29
Die Begegnungen in der Qualifikation (aus Sicht der Lions):
4:1, 3:0, 4:1; 1:2, 1:0 n. P., 2:1.
Bisherige Playoff-Serien: 2000 Viertelfinal 4:1 Siege. 2002 Final 0:4. 2004 Viertelfinal 4:2. 2005 Final 1:4. 2007 Viertelfinal 2:4. 2008 Halbfinal 4:2. 2012 Viertelfinal 4:0. 2013 Viertelfinal 4:3.
Fazit: Gemäss Statistik sind die Lions klar im Vorteil. Sie gewannen fünf von sechs Direktduellen in dieser Saison und die drei letzten Playoff-Duelle. Unsere Analyse zeigt aber, dass es sehr knapp werden kann. Trotzdem: Neuer und alter Meister werden die ZSC Lions, die sich mit 4:3 Siegen durchsetzen.