Journalist Simon Häring berichtet hier von Nebenschauplätzen bei seinem Arbeitsaufenthalt bei den Olympischen Spielen in Tokio.
Wenn Sie ein japanischer Sittenwächter sind, möchte ich Sie freundlich darum bitten, die Lektüre gleich hier abzubrechen. Denn ich habe Gesetze gebrochen. Ja, Plural. Um Mitternacht kehrte ich von meinem Abstecher ins 100 Kilometer von Tokio entfernte Izu zurück, wo Mathias Flückiger am Abend Mountainbike-Silber gewonnen hatte. Falls Sie es vergessen haben sollten: Das war die Dienstreise, die um 04.15 Uhr morgens begann.
Um zum nächsten Bus zu gelangen, hätte ich 15 Minuten laufen müssen. Zudem setzte gerade starker Regen ein. Okay, es war nur Nieselregen. Aber am Dienstag wird der Taifun Nepartak in Tokio erwartet. Was für ein Glück, dass ein Taxi am Strassenrand steht und sich der Fahrer bereit erklärt, mich mitzunehmen. Das ist: verboten. Ich dürfte nur Medienbusse und spezielle, vorgängig angeforderte Taxis benutzen. Nun gut.
Gesetzesbruch Nummer zwei geht hingegen nicht auf meine Kappe. Die Verhaltensregeln schreiben mir nämlich ausdrücklich vor, mich zwecks Verringerung der Ansteckungsgefahr auf Gespräche mit den Fahrern zu verzichten. Allerdings berufe ich mich bei diesem Vergehen auf meine gute Kinderstube. Heisst: Selbstverständlich antworte ich immer, wenn mir Fragen gestellt werden. Und der Fahrer hatte äusserst viele Fragen.
Besonders grosses Interesse zeigte er an der Schweizer Küche. Ich griff zum Klassiker und empfahl Raclette, was beim netten Herrn auch bei der dritten Wiederholung noch eher nach «Hackbrett» klang. Ich entschuldige mich hiermit bei den Schweizer Wirten und mache darauf aufmerksam: der nette Herr will einfach Raclette. Im Hotel angekommen, kaufte ich mir im 24-Stunden-Shop auf der anderen Strassenseite noch ein Snickers. Auch das: verboten. Aber aller guten Dinge sind bekanntlich drei.