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Olympischer Athlet aus Russland, abgekürzt OAR. Wer die Bedeutung dieses Kürzels kennt, ist während der Winterspiele im Vorteil, denn die OARs werden in Pyeongchang oft auf dem Podest stehen.
Die Überraschung war Anfang Dezember gross, nur wenige trauten dem Internationalen Olympische Komitee dieses Urteil zu. Das IOC schloss die Nation Russland von den Olympischen Spielen in Pyeongchang aus, baute aber für deren Sportler eine Brücke.
Unbelastete russische Athleten dürfen «unter strikten Konditionen» - wie es damals hiess - teilnehmen. Ein Komplett-Ausschluss blieb Russland zwar erspart, doch das IOC bestrafte das staatlich orchestrierte Dopingsystem in Russland, das bei den Winterspielen in Sotschi vor vier Jahren seinen Höhepunkt erfahren hatte. Mithilfe des russischen Geheimdienstes waren zahlreiche Dopingproben von russischen Sportlern ausgetauscht worden.
Zunächst ging man davon aus, dass bloss vereinzelte russische Sportler unter neutraler Flagge starten dürften, so wie dies beispielsweise in der Leichtathletik der Fall war - der Weltverband griff nach Enthüllungen bereits im November 2015 durch.
Nun ist aber eine grosse OAR-Delegation absehbar. Knapp 400 Sportlerinnen und Sportler seien im Pool von startberechtigten russischen Athleten, meldete das IOC Mitte Januar. Nach intensiven Wochen einer unabhängigen Untersuchungsgruppe, in der jeder einzelne Athlet durchleuchtet wurde, habe man einen Topf von sauberen Sportlern gebildet.
Mehr als 80 Prozent dieser Sportler haben an den Spielen 2014 in Sotschi nicht teilgenommen, was zeige, dass es sich um eine neue Generation russischer Athleten handle, hiess es im Communiqué.
Für alle noch im Pool verbliebenen Athleten gilt allerdings als Voraussetzung, dass weitere Tests vor den Spielen sowie neuerliche Analysen von bereits gespeicherten Proben gemacht werden. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Tagen auch Medaillenkandidaten wie dem Biathleten Anton Schipulin oder dem Langläufer Sergej Ustjugow die Einladung verwehrt.
Das suspendierte Nationale Olympische Komitee Russlands wird aus den verbliebenen Sportlern auswählen, wie man die Athleten in den erworbenen Quotenplätzen je Sportart und Disziplin einsetzt. Das IOC will noch keine Teilnehmerzahl für die OAR-Gruppe prognostizieren.
Dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne wird die Arbeit trotzdem nicht ausgehen. Das IOC schloss aufgrund der Erkenntnisse aus der Aufarbeitung des Dopingskandals insgesamt 43 russische Wintersportler von künftigen Olympischen Spielen aus. 42 der betroffenen Sportler legten vor dem CAS Einspruch ein.
Unter ihnen sind auch die Olympiasieger Alexander Subkow (Bob), Alexander Tretjakow (Skeleton) und Alexander Legkow (Langlauf). Eine Reihe der Athleten hofft, bei einer Aufhebung der Sperre auch in Pyeongchang dabei sein zu können.
Die Chancen für die Kläger stehen eher schlecht. Doping-Urteile sind in der Vergangenheit vom CAS selten revidiert worden. Die Richter dürften ihr Verdikt Anfang Februar bekannt geben.
Grundlage für all die IOC-Beschlüsse in der Causa Russland waren die Aussagen des Kronzeugen Grigori Rodschenkow und die Berichte des Sonderermittlers Richard McLaren für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Rodschenkow, früher Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, hatte nach seiner Flucht in die USA das Betrugssystem bei Olympia in Sotschi enthüllt.
Auch zwei Schweizer waren in die Verfahren massgeblich involviert: Die Kommission unter Leitung des Neuenburgers Denis Oswald versuchte mit forensischen und analytischen Methoden zu klären, auf welche Art und Weise russische Sportler in Sotschi betrogen haben. Alt Bundesrat Samuel Schmid mit seiner Kommission untersuchte, welche Rolle staatliche Stellen beim flächendeckenden Doping-Betrug spielten.