Kommentar
Nur mit einer Lohnobergrenze wird das Eishockey zum guten Geschäft

Die Schweizer Eishockey-Klubs diskutieren darüber, ob die Löhne für die Spieler zu begrenzen sind. Die historische Massnahme hat gute Chancen – aber nur, wenn sie noch vor dem Ende der Coronakrise realisiert wird. Eine Analyse.

Klaus Zaugg
Klaus Zaugg
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Einer der bestverdienenden Spieler der Liga: EVZ-Stürmer Grégory Hofmann.

Einer der bestverdienenden Spieler der Liga: EVZ-Stürmer Grégory Hofmann.

Stefan Kaiser (zz) / Zuger Zeitung

Aus dem richtigen Leben kennen wir Mindestlöhne. Aber keine maximal zulässigen Saläre. Genau das aber wird im Eishockey angestrebt. Kommt diese Lohnobergrenze (auch «Salary Cap» oder «Financial Fairplay» genannt), dann dürfen die Klubs der höchsten Liga nur noch eine bestimmte Maximalsumme für die Spielerlöhne ausgeben.

Die Hoffnung: Geringere Kosten und jeder soll Meister werden können

Warum kommen die Klubs auf diese Idee? Erstens, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Die Einführung der Playoffs (1986) wirkte wie ein «Big Bang». Seither steigen die Löhne und die Einnahmen jedes Jahr. 1986 galt Jörg Eberle mit einem Jahreslohn von 80'000 Franken als Krösus. Heute kosten die Besten in Zug und Zürich im Monat so viel.

1986 bekam die ganze Liga für TV-Rechte weniger als 100'000 Franken. Heute sind es rund 35 Millionen.

Weil die qualifizierten Arbeitskräfte (die guten Spieler) rar sind, werden die Mehreinnahmen durch die Löhne aufgefressen und nur der SC Bern hat in diesem Jahrhundert nie rote Zahlen geschrieben. Zweitens, um die Ausgeglichenheit der Liga zu wahren. Wenn alle die gleichen finanziellen Voraussetzungen haben, kann der Erfolg nicht mehr «gekauft» werden. Dann haben alle – Ambri so gut wie die ZSC Lions - eine Chance auf den Titel.

Die Ausgangslage: Darum ist eine Lohnobergrenze juristisch möglich

Die Virus-Krise mit dem Abbruch der Meisterschaft und einer ungewissen Zukunft (wann kann wieder vor Zuschauern gespielt werden? Welche Firmen können sich noch ein Sponsoring leisten?) haben zu einem Rückgang der Einnahmen geführt. Die Löhne aber bleiben gleich hoch. Unter dem Schock der Krise streben nun die Klubmanager die Lohnobergrenze an.

Dabei sind zwei Punkte zu beachten. Erstens: Ist es rechtlich zulässig, die Lohnsumme zu begrenzen? Im Prinzip ja. Der Sport profitiert dabei von einer gewissen juristischen Narrenfreiheit. Einigen sich die Klubs freiwillig auf eine Begrenzung, schreitet niemand ein. Bereits die Einschränkung der ausländischen Spieler (vier dürfen pro Partie eingesetzt werden) ist illegal, wird aber, da auf freiwilliger Basis eingeführt, seit bald 50 Jahren toleriert.

Matthias Remund, der Direktor des Bundesamtes für Sport (Baspo) hat bereit signalisiert, dass die Lohnbegrenzung juristisch machbar sei. Zweitens: Kann die Einhaltung der Lohnobergrenze kontrolliert werden? Ja. Die Kontrolle erfolgt über die bei der Liga einzureichenden Lohnausweise plus einer schriftlichen Erklärung der Klubs, dass es keine weiteren Einnahmen gibt.

Das Vorbild: Profiligen in Amerika kennen und nutzen das System erfolgreich

Emotionale und nicht rationale Gründe verführen zum Einstieg ins Sport-Business. Deshalb werden die Spieler überbezahlt. Wer Meister werden will, bietet einfach noch höhere Löhne, um noch bessere Spieler zu bekommen. Also braucht es zum «Selbstschutz» eine Lohnobergrenze.

Unser Eishockey kopiert lediglich ein längst bewährtes System aus Nordamerika, einem Sportmarkt der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort gibt es in allen Profiligen (Eishockey, Basketball, Baseball, American Football) in verschiedenen Ausführungen eine Lohnbegrenzung.

In Nordamerika ist das Sportbusiness auch deshalb – im Gegensatz zum Hockey und Fussball in Europa – ein profitables Geschäft geworden.

Die Aussicht: Vernünftige Klubs derzeit in der Mehrheit – aber wie lange noch?

Die von HCD-Präsident Gaudenz Domenig ausgearbeitete Schweizer Variante der Salärbegrenzung ist heute den Vertretern der 12 Klubs in Bern vorgestellt worden und geht nun in die Vernehmlassung. Werden die Klubs einer Lohnobergrenze zustimmen? Ja, aber nur wenn es noch in diesem Jahr zur Abstimmung kommt.

Unter dem Schock der Krise haben die Vernünftigen zurzeit eine Mehrheit. Die Unvernünftigen zeigen sich einsichtig. Sobald der Spielbetrieb wieder uneingeschränkt läuft und die Wirtschaft brummt, ist es mit der Vernunft vorbei. Es bleibt also zur Einführung dieser historischen Massnahme (die übrigens auch im Fussball möglich wäre) bloss ein Zeitfenster von wenigen Monaten.