EM 2016
Nati-Coach Petkovic: «Den Erfolg kann man provozieren»

Nach der EM-Auslosung in Paris sprach der Schweizer Nationalcoach Vladimir Petkovic im Interview über die Chancen der Schweiz in der EM-Vorrunde und über den Startgegner Albanien.

Laurent Ducret, Paris
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Petkovic «Minimalistisch zu sein, wäre der beste Weg, um das Turnier zu verpatzen.»

Petkovic «Minimalistisch zu sein, wäre der beste Weg, um das Turnier zu verpatzen.»

Keystone

Herr Petkovic, Sie haben nun einmal geschlafen seit der Auslosung. Wie schätzen Sie die Gruppe der Schweiz mit Frankreich, Rumänien und Albanien ein?

Vladimir Petkovic: "Es ist eine gute Gruppe für die Schweiz. Aber es wird trotzdem nicht so einfach, wie man meinen könnte. Ich denke, wir müssten weiterkommen, aber um das zu erreichen, müssen wir unser Bestes abrufen. Es braucht Konstanz im spielerischen Bereich und bei den Resultaten. Den Erfolg kann man provozieren. Man muss geduldig sein. Man kann sich nicht schon im ersten Spiel für die Achtelfinals qualifizieren, aber spätestens im dritten Spiel muss uns der Schritt gelingen."

Trotzdem ist das Auftaktspiel immer sehr wichtig.

"Es wäre absurd zu denken, dass ein Sieg im ersten Spiel bereits reicht. Drei Punkte reichen noch nicht, um sich als einer der vier besten Gruppendritten für die Achtelfinals zu qualifizieren. Minimalistisch zu sein, wäre der beste Weg, um das Turnier zu verpatzen."

Das Spiel gegen Albanien ist für viele Spieler von Ihnen wegen ihren albanischen Wurzeln speziell. Für Sie ist es aber auch die Partie gegen einen ehemaligen und wichtigen Spieler von Ihnen bei Lazio Rom.

"Genau. Der Leader der albanischen Mannschaft ist Lorik Cana, der in Lausanne aufgewachsen ist. Ich durfte mit ihm bei Lazio Rom zusammenarbeiten. Lorik ist ein toller Spieler. Er ist ohne Zweifel der einzige Albaner, der auch in meiner Mannschaft Stammspieler sein könnte. Er führt die anderen im Team immer wieder an ihre Leistungsgrenze. Allerdings hat Albanien nicht nur Cana. Alle albanischen Spieler sind in der Schweiz, in Deutschland oder in Schweden hervorragend ausgebildet worden."

Nach der Auslosung können Sie nun die Vorbereitung konkret planen. Haben Sie Ihre Mannschaft schon im Kopf?

"Es ist noch zu früh, um über einzelne Spieler zu sprechen. Einige haben im Moment noch zu wenig Spielpraxis in ihren Klubs. Aber bis zu unserer nächsten Zusammenkunft Ende März wird sich die Situation beim einen oder anderen bestimmt verändert haben. In meinem Kopf zeichnet sich eine Gruppe ab mit 27 bis 28 Spielern. Aus diesen werde ich dann die 23 nominieren, welche an die EM mitkommen. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: natürlich die Qualität eines Spielers, dann aber auch seine Spielpraxis im Klub und seine Fähigkeiten, sich in der Gruppe unterzuordnen. Wir werden eine lange Zeit zusammen verbringen, deshalb ist es entscheidend, dass die Gruppe gut zusammen leben kann."

Ist es möglich, dass Sie Spieler an die EM mitnehmen, die bis jetzt noch nie aufgeboten worden sind. Zum Beispiel Almen Abdi oder Daniel Milicevic?

"Natürlich beobachte ich Abdi und Milicevic. Sie spielen eine gute Saison mit Watford und Gent. Aber die Frage ist: Sind sie besser als Breel Embolo oder Admir Mehmedi oder Xherdan Shaqiri? Die Konkurrenz im Angriff ist sehr gross. Ich muss zudem auf die Ausgeglichenheit der Gruppe achten. Ich kann in Gottes Namen nicht 15 Offensivspieler nach Frankreich mitnehmen."

Haben Sie auch Neulinge aus der Super League auf Ihrem Zettel?

"Dazu muss ich sagen: Der Spielplan der Super League und des Schweizer Cup sind Unsinn. Die letzte Runde ist auf den 25. Mai angesetzt, der Cupfinal findet am 29. Mai statt. In den anderen Ländern endet die Meisterschaft am 14. oder 15. Mai. Diese Situation bei uns ist nicht normal. Es gab auch keine Bemühungen, um eine Lösung zu finden. Ich möchte unser Vorbereitungscamp am 22. oder 23. Mai starten. Da liegt es nicht unbedingt nahe, einzelne Spieler erst eine Woche später noch hinzuzuziehen."