Super League
Nächstes Wochenende startet die Super-League-Rückrunde – mit wenig neuen Gesichtern

In dieser Winter-Transferperiode wurde mit grossen Summen gehandelt. Vor allem die Chinesen warfen wie verrückt mit dem Geld um sich. Regelrecht am sparen war man jedoch in der Schweiz. Es gab keinen richtigen Bomben-Transfer. Der Grund ist nicht so einfach.

François Schmid-Bechtel und Sebastian Wendel
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Yuya Kubo schloss sich diesen Winter KAA Gent an.

Yuya Kubo schloss sich diesen Winter KAA Gent an.

Keystone

Der Spielraum für Interpretationen ist gross. Den Super-League-Klubs fehlt das Geld. Es fehlen die Transfers in den grossen Ligen, welche einen Dominoeffekt auslösen, der auch die Super League beeinflusst. Die Spieler in der Super League sind schlicht zu schlecht für einen Transfer zu einem glamourösen Klub im Ausland. In der Super League hat die Vernunft Einzug gehalten. Oder: Die Super-League-Klubs haben zuletzt derart schlecht eingekauft, dass wir nun eine Liga der Ladenhüter haben.

Klar ist: Es gibt in der Winterpause kaum Transfers in der Super League. Die Aktivitäten sind während des kältesten Januars seit 30 Jahren quasi eingefroren. Und wenn mal etwas passiert, dann vornehmlich auf der Seite der Abgänge. Es scheint, als hätten die Klubs nicht das primäre Ziel, sich zu verstärken, sondern ihre Kader zu verkleinern. Offene Ausgänge und geschlossene Eingänge in der Super League. Das war früher anders. Was aber nicht bedeutet, dass früher alles besser war.

Ein Transfer ist häufig eine Frage der Dringlichkeit. Nehmen wir den FC Basel als Beispiel. Da besteht schlicht keine Dringlichkeit. Zwölf Punkte beträgt der Vorsprung auf den ersten Verfolger, die Young Boys. Europäisch sind die Basler nicht mehr dabei. Sowieso ist ihr Kader für die bevorstehenden Aufgaben (Meistertitel, Cupsieg) mehr als gross genug.

Die wichtigsten Transfers in der Winterpause
72 Bilder
Branislav Ivanović schliesst sich Zenit St. Petersburg an.
Harun Alpsoy verlässt GC und wechselt in die Türkei.
Manolo Gabbiadini (r.) spielt neu für Southampton.
Mamadou Sakho ist in Liverpool in Ungnade gefallen und wird nun an Crystal Palace ausgeliehen.
Der frühere Bayern-Profi Hamit Altintop spielte vor seinem Wechsel zu Darmstadt während viereinhalb Saisons bei Galatasaray Istanbul.
Jean-Paul Boëtius wechselt per sofort leihweise zu Genk.
Vincent Sierro wechselt per sofort von Sion zum SC Freiburg.
GC und Källström gehen getrennte Wege.
Damba Ba (m.) kehrt zu Besiktas Istanbul zurück.
Der Schwede Robin Quaison unterschreibt bei Mainz bis 2021.
Moritz Leitner (l.) wechselt von Lazio Rom zum FC Augsburg.
Paris Saint-Germain lässt Jesé Rodriguez zu UD Las Palmas ziehen.
Emmanuel Adebayor zieht es zu Erstdivisionsklub Basaksehir Istanbul in die Türkei.
«Pato» (vorne) wechselt vom spanischen Villareal nach China.
Walace (r.) wechselt für rund zehn Millionen Euro zum HSV.
Ashkan Dejagah (rechts) kehrt zum VfL Wolfsburg zurück.
Verteidiger Tayne Taiwo (rechts) wechselt von HJK Helsinki zu Lausanne.
GC holt den Nachwuchstorwart Gion Chande vom FC Basel.
Dimitri Payet wechsel von West Ham United zurück zu Marseille.
Shaqiris Teamkollege in Stoke City Bojan Krkic spielt leihweise bei Mainz.
Emil Bergström wechselt auf Leihbasis von Rubin Kazan zu den Grasshoppers.
Patrick Olsen stösst per sofort zu GC.
Alen Halilovic (r. im Zweikampf mit Gökhan Inler, während seiner Zeit in Barcelona) wechselt zurück nach Spanien. Der Kroate konnte sich beim HSV nicht durchsetzen.
M'Baye Niang wechselt leihweise zum englischen Erstliga-Klub FC Watford.
Neven Subotic wechselt bis Ende Saison leihweise zum FC Köln.
Adrian Ramos wechselt von Dortmund nach China, wird aber bis Saisonende nach Granada ausgeliehen.
Der 20-jährige Portugiese Gonçalo Guedes wechselt für 30 Millionen Euro nach Paris.
Patrice Evra wechselt von Juventus Turin zu Olympique Marseille.
Yuya Kubo verlässt die Young Boys und schliesst sich KAA Gent an.
Daniel Caligiuri läuft neu für Schalke auf.
Der ehemalige GC-Spieler Steven Zuber verlängert seinen Vertrag bei Hoffenheim bis 2020.
Birkir Bjarnason wechselt per sofort zu Aston Villa.
Borussia Dortmund holt sich das erst 17-jährige schwedische Wunderkind Alexander Isak.
Saido Berahino wird neu Teamkollege von Xherdan Shaqiri bei Stoke City.
Der FC Aarau verstärkt seine Defensive mit dem bosnischen Linksverteidiger Damir Mehidic.
Läuft neu für West Ham United auf: José Fonte.
Marco Corradi wurde per sofort in die erste Mannschaft des FC Aarau aufgenommen.
Kerim Frei (r.) verlässt Besiktas Richtung England.
Memphis Depay (r.) zieht es nach Lyon.
Der Brasilianer Gabriel Jesus wechselt von Palmeiras zu Manchester City.
Tom Carroll kehrt von den Tottenham Spurs zu Swansea City zurück.
Martin Demichelis (m.) kehrt nach Malaga zurück. Der Argentinier spielte schon von 2011 bis 2013 bei den Spaniern.
Der Schweizer Wandervogel Aleksandar Prijovic wechselt von Legia Warschau zum griechischen PAOK.
Luiz Adriano wechselt von der AC Mailand zu Spartak Moskau.
Wechselt auf Leihbasis zu Hamburg: Kyriakos Papadopoulos.
Simone Zaza verlässt West Ham United nach nur einem halben Jahr Richtung Spanien.
Niklas Süle (r.) spielt künftig ebenso für die Bayern...
...wie Sebastian Rudy. Die beiden Hoffenheimer werden ab der nächsten Saison für den deutschen Rekordmeister auflaufen.
Ebenezer Assifuah verlässt Sion und schliesst sich per sofort Le Havre an.
Sidney Sam wechselt auf Leihbasis vom FC Schalke 04 zu Darmstadt.
Jeffrey Schlupp wechselt von Leicester City zum Londoner Klub Crystal Palace.
Trainer Jeff Saibene wird den FC Thun im Sommer verlassen.
Morgan Schneiderlin (in rot) ziehts zum FC Everton.
Dayot Upamecano (r.) wechselt für 10 Millionen Euro zu RB Leipzig.
Juventus Turin investiert mit Mattia Caldara (r.) in die Zukunft.
St. Gallens Stürmer Albert Bunjaku zieht es noch einmal nach Deutschland.
Lugano leiht Mittelfeldspieler Machin von AS Roma aus.
Marco Storari, hier im Champions-League-Spiel gegen den FC Zürich 2009, kehrt mit 40 Jahren zur AC Milan zurück.
Stevan Jovetic, hier noch im Trikot von Manchester City, wechselt auf Leihbasis zum FC Sevilla.
Der ehemalige Aarauer Carlinhos spielt neu in Portugal.
Wird zumindest für die Rückrunde das Trikot des FC Schalke tragen: Holger Badstuber.
Martin Ödegaard wechselt von Real Madrid zum holländischen Erstligisten SC Heerenveen.
Guido Burgstaller spielt neu bei Schalke.
Winterthur holt sich leihweise Basels Arxhend Cani (r.).
Felipe Melo schliesst sich dem brasilianischen Meister Palmeiras an.
Armando Sadiku wird in der Rückrunde im Tessin spielen.
Hakan Yakin wird in Schaffhausen der Assistenztrainer seines Bruders Murat.
John Obi Mikel wechselt in die chinesische Super League und verabschiedet sich in einem offenen Brief emotional von Chelsea.
Von Salzburg zurückbeordert: Dimitri Oberlin (v.).
Yunus Malli (l.) wird zukünftig für den Vfl Wolfsburg auflaufen.
Julian Draxler wechselt für rund 40 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain. Der Deutsche konnte bei Wolfsburg nicht sein volles Potenzial ausschöpfen.

Die wichtigsten Transfers in der Winterpause

Keystone

Selbst Sportdirektor Georg Heitz räumte im Herbst ein: «Unser Kader ist um etwa zwei Spieler zu gross.» Um einen Spieler, Birkir Bjarnason (zu Aston Villa), ist es geschrumpft. «Gut möglich», so Heitz, dass bis 31. Januar, dem letzten Tag, an dem das internationale Transferfenster geöffnet ist, «ein weiterer Abgang dazukommt.»

Nur: Wie kann es passieren, dass ein so professionell geführter Klub wie Basel zu viele Spieler im Kader hat? Ein Planungsfehler? Nicht zwingend. Im internationalen Teich ist der FCB ein kleiner Fisch. Er wird eher gefressen, als selber zu fressen. Das bedeutet: Geben Klubs aus grossen Ligen ein Angebot für einen FCB-Spieler ab, ist die Gefahr sehr gross, dass der FCB diesen Spieler verliert. Damit kein Vakuum entsteht, die Basler nicht zum Aktionismus gezwungen werden, muss der neue Spieler definiert, meist sogar schon verpflichtet sein, bevor der Abgang des «alten» FCB-Spielers definitiv ist. Übertragen auf den Alltag, heisst das: Der FCB füllt seinen Kühlschrank mit Joghurt, ohne absolute Gewissheit, ob im Kühlschrank überhaupt genügend Platz vorhanden ist und die alten Joghurts vor Ablaufdatum gegessen werden. Und er tut dies auch aus finanziellen Gründen: Der Preis für den neuen Spieler steigt, wenn der abgebende Klub weiss, dass der FCB in Zugzwang ist.

Die Strategie ist sinnvoll. Meist ist sie auch gut aufgegangen, weil man in der FCB-Kommandozentrale ein feines Sensorium für den Transfermarkt entwickelt hat. Auch letzten Sommer spekulierten die Basler – völlig zu Recht – mit dem einen oder anderen Abgang. Schliesslich wurden mit Xhaka, Bjarnason, Suchy, Vaclik, Janko und Lang sechs Spieler für die EM aufgeboten. Bis auf Lang allesamt Stammspieler. Nur konnte beim FCB niemand damit rechnen, dass Vaclik, Suchy, Xhaka und Janko in Frankreich nicht wirklich reüssierten, was die Chancen auf einen Transfer bestimmt nicht vergrössert hat.

Die bittere Geschichte mit Kubo

Trotzdem: Das Abspecken der Kader bietet Angriffsfläche. Schliesslich verfahren viele Schweizer Klubs bei Transfers einzig nach dem Prinzip Hoffnung. Ungezielt, konzeptlos. Quasi ein Kauf ohne besseres Wissen. Nachhaltig ist diese Strategie nicht. Nehmen wir das Beispiel GC. Vor einem Jahr verpflichteten die Zürcher Philippe Senderos, Georgi Milanov, Semir Music und Haris Tabakovic. Von diesem Quartett ist heute nur noch Tabakovic im Kader.

Aber auch er hat bis dato nicht mal ansatzweise den Beweis erbracht, eine Verstärkung für die Grasshoppers zu sein. Mal schauen, wie nachhaltig die beiden am Freitag getätigten Verpflichtungen von Emil Bergström (Schweden) und Patrick Olsen (Dänemark) sind. GC ist aber kein Einzelfall. Auch St. Gallen und Sion haben letzten Winter drei, vier Spieler verpflichtet, die nie eine Rolle gespielt haben und bereits wieder Geschichte sind.

Der erste Spieltag der Rückrunde (4./5. Februar 2017)

19. Runde
Grasshoppers - Thun Sa 17.45
Basel - Lugano Sa 20.00
Lausanne-Sport - Luzern So 13.45
Vaduz - St. Gallen So 13.45
Young Boys - Sion So 16.00

1. Basel 18 15 2 1 49 : 15 47
2. Young Boys 18 10 5 3 42 : 24 35
3. Sion 18 9 2 7 38 : 31 29
4. Luzern 18 9 2 7 36 : 33 29
5. Grasshoppers 18 6 4 8 26 : 32 22
6. St. Gallen 18 6 3 9 20 : 27 21
7. Lausanne 18 5 3 10 30 : 34 18
8. Lugano 18 4 6 8 23 : 35 18
9. Thun 18 3 7 8 23 : 34 16
10. Vaduz 18 4 4 10 21 : 43 16

Selbstredend, dass diese Spieler nur gekostet und keine Transfersumme eingebracht haben.
Man könnte das Management by Moses nennen. Ab in die Wüste gehen und auf Wunder hoffen. Gewiss kann man das mit dem engen finanziellen Korsett begründen, in dem mit Ausnahme von Basel, YB und Sion alle Super-League-Klubs stecken. Es beginnt beim Scouting, das aufgrund der begrenzten Mittel zu oberflächlich ist. Und es endet am Wühltisch, wo hektisch nach Restposten gegriffen wird.

Der FC Thun, der im Begriff ist, den finanziellen Kollaps abzuwenden, kommt gar nicht erst in Versuchung, einen Spieler zu verpflichten. Trotzdem sagt sein Sportchef Andres Gerber: «Ich glaube, in vielen Klubs ist die Erkenntnis gereift, dass sie viel Geld in den Nachwuchs investieren. Deshalb bedienen sie sich heute eher im eigenen Lager als auf dem Transfermarkt.»

Dölf Früh, Präsident des FC St. Gallen, sagt: «Ich spüre bei vielen Schweizer Klubs, dass sie zurückbuchstabieren. Wir investieren etwas mehr als Hälfte dessen, was wir für die erste Mannschaft ausgeben, in den Nachwuchs. Deshalb werden wir künftig voraussichtlich weniger Transfers tätigen. Denn es ist unser Ziel, pro Saison einen oder zwei Junioren bei den Profis zu integrieren. Nachwuchsförderung ist nicht nur wichtig für das Image, sondern hat beim FC St. Gallen einen wichtigen Hintergrund. Schliesslich betreiben wir Nachwuchsförderung für die gesamte Ostschweiz.»

Bei der Akquise auf Restposten zu verzichten und stattdessen auf den eigenen Nachwuchs setzen, ist ein vernünftiger Ansatz. Doch ein einflussreicher Spielervermittler glaubt nicht daran, dass die Klubs langfristig dem Weg der Vernunft folgen. «Vernunft tönt mir zu plakativ», sagt er. «Ich begründe die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt damit, dass viele Schweizer Klubs ihr finanzielles Pulver schon im Sommer verschossen haben. Ausserdem werden in der Tendenz immer weniger Transfers im Winter gemacht.» Warum? «Weil im Winter eher kurzfristig bereinigt, während im Sommer strategisch gehandelt wird.»

Was auch erklärt, warum in der aktuellen Transferphase kaum Spieler aus der Schweiz den Weg in eine europäische Top-Liga finden. Denn Transfers in diesen Ligen haben meist einen Dominoeffekt, der auch die Schweiz erfasst. Beispiel Yann Sommer, der von Basel zu Gladbach gewechselt ist, nachdem Marc André ter Stegen von Gladbach zum FC Barcelona transferiert wurde. Bis dato aber beschränken die Klubs aus Deutschland, England, Italien oder Spanien ihre Aktivitäten auf ein absolutes Minimum. Und so sind die Wechsel von Bjarnason vom FC Basel zum englischen Zweitdivisionär Aston Villa und Yuya Kubo von YB zum belgischen Klub Gent die aufregendsten.

Insbesondere die Geschichte mit Kubo hat einen bitteren Nachgeschmack. Der 23-jährige japanische Nationalspieler wechselt, weil Gent mehr bietet als YB; mehr Lohn und bessere Perspektiven für einen Wechsel in eine Topliga. Das gibt aus Schweizer Sicht zu denken. Bildet aber auch die Wirklichkeit wieder: Die Super League hat zwar einen neuen TV- und Marketingvertrag, der ihr ab nächster Saison 40 statt 24 Millionen Franken einbringt. Trotzdem droht sie den Anschluss an Länder wie Belgien zu verlieren, die bisher in Reichweite lagen.