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Der erbitterte Titelkampf gegen James Hunt machte Niki Lauda zur Ikone. 1976 ging er durchs Feuer. Am Montag ist der dreifache Formel-1-Weltmeister im Alter von 70 Jahren gestorben.
Andreas Nikolaus Lauda: Seine Duelle mit James Simon Wallis Hunt waren legendär. Und Adrenalin pur. Vor allem im Jahr 1976, in einer irren WM-Saison mit feurigem Ausgang. Hier Niki Lauda: der Analytiker und Charismatiker aus der österreichischen Alpenrepublik – im Ferrari 312T. Und da McLaren-Pilot James Hunt, der Rockstar-Typ mit Sixpac-Body und Lebemann von der Insel, im M23.
Lauda und Hunt: Zwei charismatische Rebellen ohne Limit – quasi die damaligen McEnroe und Connor des Motorsports. Hunt «the Shunt» war ein Exzentriker, ein wilder Hund. Er rauchte, trank und vernaschte mehr Boxenluder als dass er GP-Runden abspulte. Seine unberechenbare Art zerstörte schliesslich auch seine Ehe: Frau Suzie krallte sich Richard Burton.
Geboren: 22. Februar 1949
Gestorben: 20. Mai 2019
Teams: McLaren (1982–1985) Brabham (78/79) Ferrari (74–77) BRM (1973) March (71/72)
Grösste Erfolge: Weltmeister 1975, 1977, 1984
Erstes Rennen: 15. 8. 1971 GP Österreich
Erster GP-Sieg: 28. 4. 1974 GP Spanien
GP-Starts: 171
GP-Siege: 25
Podiumsplätze: 54
Pole-Positionen: 24
Im Gegenzug Niki Lauda: Sohn eines reichen Industriellen. Aber auch er musste in jungen Jahren viel Gras fressen: Sonntäglicher Kreisverkehr, Draufgängertum und die rasende Herausforderung gegen den Tod waren bei seinen Eltern Ernst-Peter und Elisabeth nicht hoffähig – sie liessen ihn ohne einen Schilling fallen. Niki machte seinen Weg alleine: Mit seinem Willen, seinen Nöten und dem unkalkulierbaren Risiko.
Seine erste Frau Marlene spannt Niki dem grossen Curd Jürgens aus. Mit ihr hat er später zwei Söhne – Lukas und Mathias. Seine zweite Frau Birgit schenkte ihm vor neun Jahren Zwillinge – Mia und Max. Von Anfang bis Ende der wilden Hatz zwischen Lauda und Hunt im denkwürdigen F1-Jahr 1976 liegt der Feuerunfall auf der Nordschleife, die knappe Rettung, die schweren Verbrennungen, die letzte Ölung – und das Comeback 42 Tage später mit einem vierten Platz in Monza.
Der Zeitraffer zeigt, wie ungewöhnlich und prägend die Rivalität Lauda gegen Hunt war – und deswegen wohl 36 Jahre später auch unter dem Titel «Rush» erfolgreich verfilmt wurde.
Niki Lauda war immer ein Besessener. Nicht nur in den Goldenen Zeiten der 70er- und 80er-Jahre, wo das Rasierwasser noch «Denim» hiess und Siegern Lorbeerkränze umgehängt wurden – auch später. Als Pilot, Airline-Besitzer, Jaguar-Rennleiter und Teamchef, Ferrari-Berater, RTL-F1-Experte und Aufsichtsratsvorsitzender bei Mercedes-AMG Petronas Motorsport war er immer auf Erfolgsjagd. Äusserlich und geschäftlich ein knallharter Hund – im Austeilen stark, im Einstecken und Geldausgeben weniger.
Im tiefsten Innern aber ein echter Champ – mit grossem Herz und viel Sinn für Humor. Viele Lauda-Zitate sind Kult: «Die Formel 1 ist eine kleine Welt für Zirkusaffen», sagte er einmal. Oder als er 1979 nach dem GP Kanada zum ersten Mal zurücktrat, meinte er bei der Pressekonferenz: «Ich habe es satt, blöd im Kreis herumzufahren.»
«Rennfahrer sind egoistische Schweine, die alles versuchen, um zu gewinnen.» Am 1. August 1976 hätte ihn diese Regel beinahe umgebracht: Lauda, der den Nürburgring liebte und als «geilste Rennstrecke der Welt» bezeichnete, fuhr wie immer auf der letzten Rille. Dann bei Tempo 220 der Unfall: An Laudas Ferrari brach der Anlenkpunkt des rechten hinteren Längslenkers – Abflug in die Felswand, unweit des Bergwerks. Als sich das Ferrari-Wrack zurück auf die Strecke dreht, wird Lauda auch noch von Guy Edwards, Harald Ertl und Brett Lunger torpediert.
Unendliche 55 Sekunden sitzt Niki im Feuer, das mit 800 Grad lodert – und kann dann wie von Geisterhand gerettet werden. Verrückt: Hätte der 312T nicht Feuer gefangen, wäre es für Lauda relativ glimpflich ausgegangen. Er erlitt lediglich einen Jochbein- und zwei Rippenbrüche sowie ein paar Schrammen am Kopf, da es ihm den Helm abgerissen hat.
Jahr und Tag fuhr Lauda mit einem Kopfschutz der Helmfirma Bell – ausgerechnet am 1. August entschied er sich für die Marke AGV, da der Helm leichter war und lockerer auf dem Kopf sass. Ein fast tödlicher Irrtum.
Schlimmer als die Verbrennungen im Gesicht waren die verätzte Lunge, da Lauda im Nordschleifen-Todeskampf giftige Gase einatmete. Aus dem Koma erwacht, kämpfte sich Niki dann auf wundersame Weise zurück. Den Pfarrer am Spitalbett, der bereits die letzte Ölung einleitete, jagte er zuvor weg. Nach Platz 4 beim Comeback-GP in Monza meinte er auf die Frage bezüglich seines Aussehens: «Mir ist eigentlich egal, wie ich ausschaue – meinen Beruf übe ich ja mit dem rechten Fuss aus.»
Ja, so war Niki Lauda. Sein Leben: Ein stetiges Auf und Ab: Drei Mal wurde er Formel 1-Weltmeister (1975/77/84). Nach dem GP Australien am 3. November 1985 trat er endgültig zurück. 1988 startete er mit der Lauda Air – und ersten Linienflügen in den Fernen Osten. Am 26. Mai 1991 dann das nächste Drama: Lauda-Flug 004 stürzte über Thailand ab – 223 Tote. 2003 wurde die Lauda Air Teil der Austrian Airlines Group, später folgten Kooperationen mit Air Berlin (Niki) und Ryanair.
Nachdem er bereits von Bruder Florian und Ehefrau Birgit je eine Spender-Niere erhalten hatte, brauchte Niki Lauda im August 2018 auch noch eine Spender-Lunge. Von diesem Eingriff hat sich Niki Lauda seither nicht mehr richtig erholt. Nach einem lauten Leben mit viel Lärm und Kampf auf Spielwiesen für extreme Charaktere sagte er nun am letzten Montag im Kreise seiner Familie leise Servus.