Vor dem letzten Rennen der Saison stehen Max Verstappen und Lewis Hamilton punktegleich an der Spitze des Rankings. Nach dem adrenalingeladen GP von Dschidda herrscht zwischen beiden Kontrahenten Eiszeit. Kommt es in Abu Dhabi erneut zum Crash?
Am Donnerstagabend liess Max Verstappen vor einer kleineren Journalistenschar nochmals ordentlich Dampf ab. So ganz abgeschlossen scheint der Holländer die Vorfälle vor einer Woche in Dschidda noch nicht zu haben. In Saudi-Arabien gipfelte die Rivalität von Hamilton und Verstappen in vielen Scharmützeln und einem Kontakt. Es ist ein Wettstreit zweier Akteure, die auf allerhöchsten Niveau fahren. Die beide sportlich und psychisch an ihre Grenzen gehen. Und eben weil die Differenzen zwischen beiden so klein sind, übertreten beide gerne auch die Grenzen des Erlaubten.
Stunden später nach Verstappens Rede wurden an der offiziellen Pressekonferenz ruhige Töne gewählt. «Ich verschwende an so etwas keinen Gedanken», sagte Lewis Hamilton zu den Szenen in Saudi-Arabien. Verstappen antwortete gelassener als zuvor: «Ich denke nicht, dass ich etwas falsch gemacht habe.» Beide versuchten, die Intensität herunter zu spielen. Auch der Mercedes- und der Red-Bull-Teamchef mahnten zur Deeskalation. Doch reicht die Hoffnung auf eine faires Rennen wenn es um die «Königsklasse des Motorsports»? Rennleiter Michael Masi warnte bereits vor Punkteabzug und Disqualifikation, sollten sich die Piloten nicht an die Regeln halten.
Die Ausgangslage könnte spannender nicht sein: Beide Fahrer gehen punktegleich (369,5 Punkte) ins letzte Rennen der Saison. Das gab es zuletzt 1974, als Emerson Fittipaldi und der Schweizer Clay Regazzoni um den Titel kämpften. Sollten weder Hamilton noch Verstappen das Rennen beenden, wäre der Holländer aufgrund der höheren Anzahl Siege Weltmeister. Es ist deswegen zu erwarten, dass sowohl der Brite als auch Verstappen alle Register ziehen, wenn es um die Krone geht.
Verstappen wird Weltmeister, wenn ...
... er das Rennen in Abu Dhabi vor Hamilton beendet.
... beide Fahrer ausscheiden oder das Rennen nicht in den Punkterängen beenden.
... er Zehnter wird und dabei die schnellste Rennrunde fährt, wenn Hamilton nicht besser als Neunter wird.
Hamilton wird Weltmeister, wenn ...
... er das Rennen in Abu Dhabi gewinnt.
... er Verstappen hinter sich lässt und auf den Plätzen zwei bis acht landet.
... er Neunter wird und Verstappen als Zehnter nicht die schnellste Rennrunde fährt.
... er Zehnter wird und Verstappen hinter sich lässt.
Heftige Duelle gab es zwischen den beiden bereits einige in dieser Saison. Schon im zweiten Rennen fuhr Verstappen seine Ellbogen aus, als er in Imola den Briten über den Randstein schickte und gewann. Hart gekämpft wurde auch in Silverstone, wo Hamilton Verstappen schliesslich abschoss. Trotz Zeitstrafe konnte der Mercedes-Fahrer den Sieg in England holen. Dass beide nach einem Crash ausschieden, gab 2021 auch schon in Monza.
Neben der eigenen Performance gilt es für die Rennställe, ihre Autos perfekt auf die Strecke abzustimmen. Kein einfaches Unterfangen, denn der Yas Marina Circuit wurde dieses Jahr umgebaut. In Summe wurden fünf Kurven gestrichen, um die Strecke flüssiger und schneller zu gestalten. Dies mit dem Ziel, den Zuschauern mehr Überholmanöver zu bieten. Red Bulls Sportchef Helmut Marko weiss, wem das helfen könnte: «Insgesamt könnte die Streckenänderung Mercedes etwas mehr entgegenkommen.»
Prognosen zu treffen entpuppte sich diese Saison aber schon einige Male als tückisch. Auf der Mercedes-Strecke in Austin konnte Verstappen gewinnen, in Brasilien setzte sich Hamilton entgegen aller Erwartungen durch. In Abu Dhabi hatte im ersten Trainings Verstappen die Nase vorne, im zweiten Hamilton. Aussagekräftig sind diese jedoch nicht, da weder Mercedes noch Red Bull ihre Karten offenlegen wollen, was das Set-up der Boliden anbelangt. Die Statistik zeigt jedoch, dass auf dem alten Kurs von Abu Dhabi die letzten sechs Rennen jeweils von der Pole Position aus gewonnen wurden. Dank der Änderungen an der Strecke dürfte heuer der erste Startplatz aber keine so grosse Rolle, wie in den letzten Jahren spielen.