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Der FC Basel nimmt am Montag das Training wieder auf. «Vom normalen Alltag bleibt nichts übrig», erklärt der Corona-Beauftragte des Klubs.
Als sich die Spieler und der Staff des FC Basel am 13. März voneinander verabschieden, ahnen sie nicht, dass sie sich lange nicht sehen werden. Corona ist bereits eine bekannte Bedrohung, die Schweiz beschliesst an eben diesem Freitag und nur einen Tag nach dem Geisterspiel in Frankfurt erste striktere Massnahmen. Dass nur drei Tage später der Lockdown folgen sollte, ist aber noch nicht ganz absehbar. Noch steht im Raum, dass der FCB nur eine Woche nach dem Hinspiel gegen Frankfurt das Rückspiel ebenfalls am Main austrägt. Doch so weit kommt es nicht.
Die Uefa verschiebt sämtliche Partien, die Super League pausiert ohnehin schon, der Lockdown folgt und damit auch jene Zeit, in der alle nur noch zu Hause trainieren können. Alleine. Fast genau zwei Monate ist das her. Zwei Monate, in denen sich Spieler und Staff des FCB nur virtuell treffen konnten. Und nicht wussten, wann wieder gemeinsam trainiert werden kann. Seit vergangener Woche ist klar: Der FCB startet am kommenden Montag, dem 18. Mai wieder in den Trainingsbetrieb. Es ist ein kleines bisschen Normalität in Zeiten, in denen eigentlich nichts mehr normal ist. Und so wird auch das Training vorerst anders sein, als es sich die Profis seit Jahren gewohnt sind. «Vom normalen Ablauf rund um den Trainingsalltag bleibt im Moment eigentlich nichts übrig» sagt Rene Bonk. Es wird weder vor noch nach dem Training zusammen gegessen, es wird zu Hause geduscht und das obligate Abklatschen in der Kabine entfällt ebenfalls.
Bonk, stellvertretender Sicherheitschef beim FCB, ist im Klub Ansprechperson Nummer 1 beim Thema Corona. Seine Fachgebiete sind die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz. Die Coronakrise fällt somit in seinen Bereich. In enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und der Abteilung Sport erarbeitete er ein Konzept zur Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs aller Mannschaften und setzt dieses nun im Alltag um. Zudem umfasst das Konzept die spätere Rückkehr der Geschäftsstelle in den Büroalltag. «Wir bereiten die Unterlagen für alle Mannschaften und die Geschäftsstelle vor. Wenn wir medizinisches Fachwissen brauchen, dann ziehen wir die entsprechenden Leute dazu.» Bonk ist also der Mann, der weiss, auf was alles genau geachtet werden muss, wenn am Montagmorgen die erste Mannschaft erstmals seit 66 Tagen wieder im Joggeli eintrifft. Man müsse flexibel bleiben und sich stets informieren, «weil sich in diesen Zeiten fast im Stundentakt Dinge ändern können. Wir sprechen daher immer vom aktuellen Stand», sagt Bonk.
Schutzmaterial Als die Coronakrise in der Schweiz noch weit weg schien, begann sich der FC Basel bereits auf allfällige Auswirkungen auf beispielsweise Matchbesuche vorzubereiten. Ab Januar wurde das Coronarisiko getracked, auch im Zusammenhang der Trainingslager der Nachwuchsteams und der ersten Mannschaft, welche jeweils zu Beginn des Jahres im Ausland stattfinden. Der Verein hat sich zur optimalen Vorbereitung mit Schutzmaterial eingedeckt, um Zuschauern den sicheren Zutritt weiter ermöglichen zu können. So wurden Masken in verschiedenen Sicherheitsklassen angeschafft, sowie Desinfektionsmittel.
Berechnet wurde die Menge für ein allfälliges ausverkauftes Stadion beim Rückspiel gegen Frankfurt, weil beim Zeitpunkt der Beschaffung die Restriktionen noch nicht bekannt waren. «Wir sind immer vom Höchstfall ausgegangen. Das heisst, wir haben Desinfektionsmittel für 38000 Zuschauerinnen und Zuschauer angeschafft. Geht man also davon aus, dass eine Person beim einmaligen desinfizieren der Hände 5 Milliliter braucht, benötigt man für ein solches Spiel 190 Liter Desinfektionsmittel», rechnet Rene Bonk vor.
Der FCB verfügt über Schutzmaterial, mit dem er vier ausverkaufte Spieltage hätte abdecken können. Für allfällige Geisterspiele bräuchte der FCB ebenfalls Schutzmaterial - dieses wäre durch die Reserven bereits vorhanden. Der Entscheid wird von der Swiss Football League am 29. Mai nach einer Abstimmung aller zwanzig Profiklubs bekannt gegeben.
Zum aktuellen Stand gehört, dass die erste Mannschaft am Montag vorerst in vordefinierten Kleingruppen à fünf Personen trainiert. So sei es gefordert worden. Bevor jedoch der Rasen betreten werden kann, müssen etliche Schritte durchlaufen werden. Alleine die Tatsache, dass der FCB vorerst im Stadion und nicht wie gewohnt auf den Trainingsplätzen trainiert, verdeutlicht die Besonderheit der Lage. Man wolle sämtliche Betroffene in einer «kontrollierten Umgebung» haben. Nicht, weil man Angst hat, die Spieler würden sich nicht an Regeln halten. Sondern schlicht, um sie langsam an die neue Normalität zu gewöhnen, sie auf die veränderten Abläufe zu sensibilisieren bis sich alles eingespielt hat.
Das Ziel ist es jedoch, dass der FCB in absehbarer Zeit wieder auf seinem Stammplatz trainieren kann. Zumindest in der ersten Woche aber wird er seine Einheiten im Joggeli absolvieren, danach wird weiter geschaut. Dann, wenn sämtliche Abläufe verinnerlicht sind. Dazu gehört, dass jeder Spieler beim Betreten des Bereichs seine Hände desinfizieren muss und dies auch mit allem tun muss, was er angefasst hat. Ausserdem werden tägliche Gesundheitschecks durchgeführt, jedoch keine spezifischen Corona-Schnelltests «Es sind derzeit klinische Untersuchungen, zu denen Fiebermessen und ein Abfragen der Symptome gehört. Dies wird von unserem medizinischen Team bei allen Personen durchgeführt, welche für den Trainingsbereich zugelassen werden müssen. Also beispielsweise auch beim Sicherheitsteam.»
Letzteres gewinnt in der aktuellen Situation an Bedeutung. Denn wer das Stadion und damit den Trainingsbereich betreten will, muss auf einer Liste erfasst sein, welche die Sicherheit kontrolliert. Der Name auf der Liste ist in Zeiten von Corona das Äquivalent eines Matchtickets. Wer nicht drauf steht, dem wird der Zutritt verweigert. Der Trainingsbetrieb unter diesen Massnahmen ist ein erheblicher personeller Mehraufwand. Neben dem Sicherheitsdienst, welcher normalerweise nicht bei jedem Training anwesend sein muss, kommt auch noch ein externer Dienstleister für die Putzeinheiten dazu. «Zwar ist das Desinfizieren und Reinigen ein Bestandteil der Ausbildung von unseren Physiotherapeuten und sie werden dies nun auch mehr und in noch kürzeren Intervallen tun. Aber die grossen Arbeiten können wir mit unserem Personal nicht abdecken», erklärt Bonk. «Dieser Dienstleister ist auch explizit auf diese Bereiche geschult und kann entsprechende Standards nachweisen.»
Ein wichtiger Punkt. Denn die Einhaltung sämtlicher Regeln kann vom BAG und dem SECO als kontrollierende Instanzen geprüft werden. «Es sind Kontrollen angekündigt, aber es ist nicht definiert, wann diese stattfinden sollen.» Der FCB sei aber verpflichtet, bei Kontrollbesuchen Zugang zu sämtlichen Bereichen zu gewähren.
Damit auch sichergestellt werden kann, dass nicht nur die Rahmenbedingungen stimmen, sondern die Spieler diese auch kennen, wurde jedem einzelnen ein Dokument zugestellt, in welchem die Verhaltensregeln aufgeführt sind. Der FCB verzichtet auf eine zweiwöchige Quarantäne der Mannschaft, obschon dies eine Überlegung gewesen ist. «Aber da das nicht einmal in den systemrelevanten Berufen wie bei der Polizei oder dem Pflegepersonal durchgesetzt wurde, verzichten wir darauf.» Die Spieler hätten sich weiterhin an die BAG-Regeln zu halten sowie jene vom FCB vor Ort umgesetzten Massnahmen zu befolgen. «Jeder Spieler muss bestätigen, dass er die Vorschriften verstanden hat. Wir führen auch persönliche Gespräche um das Dokument mit den Spielern durchzugehen und wollen so Sicherheit vermitteln», sagt Bonk.
Die Verantwortlichen müssen bei Bedarf nachweisen können, dass jeder Spieler geschult, ihm ein Schutzkonzept zugestellt wurde und er dieses verstanden hat. Eine entsprechende Liste muss der Verein stets griffbereit haben. Zusätzlich gibt es eine Personalliste, auf der alle zutrittsberechtigten Personen vermerkt sind. Diese wird täglich aktualisiert und dient der Nachverfolgung im Falle einer Coronaerkrankung bei einem Spieler, Staffmitglied oder sonstigem Direkbeteiligten. Sollte eine Erkrankung entdeckt werden, treten die bekannten BAG-Abläufe in Kraft. Werden diese aber genau so wie die SFL-Regeln und die noch etwas strikteren FCB-Regeln befolgt, ist man beim FCB positiv gestimmt, was die Handhabung dieser speziellen Situation angeht. Bonk sieht in der ganzen Situation denn auch eine Chance: «Wir wollen als Club eine Vorbildfunktion haben. Das ist uns ein Anliegen.»