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Sportlich gibt es an Roger Federer kein Vorbeikommen: Erreicht er in Stuttgart den Final, verdrängt er Rafael Nadal von der Weltranglistenspitze. Auch am Verhandlungstisch macht der Baselbieter eine gute Figur.
Zwölf Jahre in Folge war er der bestbezahlte Tennisspieler der Welt. Gut möglich, dass in den nächsten Tagen sein lukrativstes Geschäft über die Bühne geht: Der japanische Ausrüster Uniqlo soll ihm 300 Millionen Dollar für zehn Jahre bieten.
Seit Monaten baut Federers Manager Tony Godsick am Fundament für die Zukunft. Vor einem Jahr schloss er mit dem weltgrössten Teigwaren-Hersteller Barilla einen Fünfjahresvertrag ab, der 40 Millionen Dollar einbringen soll. Im Winter wurden die Verträge mit Lindt & Sprüngli und Mercedes verlängert. Es dürfte sich ebenfalls um langfristige Kooperationen handeln. Es war schon immer die Strategie, die Marke Federer vom Erfolg des Sportlers Federer zu entkoppeln.
«Wenn ich Verträge für fünf oder zehn Jahre unterschreibe, stelle ich mir die Frage, ob ich mich in Zukunft als Botschafter für dieses Unternehmen sehe», sagt Federer, der den Umbau seines Imperiums weitgehend seinem Manager überlässt. Dazu gehört auch die Neuorganisation der Geldströme. Seit Mittwoch ist der Wirtschaftsprüfer Price Waterhouse Cooper mit der Revision der drei auf Federer eingetragenen Unternehmen mandatiert. Zuletzt zeichnete die in Luzern domizilierte Balmer-Etienne AG für die Buchprüfung verantwortlich.
- NetJets (seit 2004, 1 Mio./Jahr)
- Wilson (seit 2006, 1,5 Mio./Jahr)
- Rolex (seit 2006, 1,5 Mio./Jahr)
- Jura (seit 2006, 1,5 Mio./Jahr))
- Credit Suisse (seit 2009, 7 Mio./Jahr)
- Lindt & Sprüngli (seit 2009, 4 Mio./Jahr)
- Mercedes-Benz (seit 2010, 3 Mio./Jahr)
- Moët & Chandon (seit 2012, 4 Mio./Jahr)
- Sunrise (seit 2014, 2 Mio./Jahr)
- Barilla (seit 2017, 3 Mio./Jahr)
- alle Angaben in US-Dollar und nach Schätzungen von «Forbes»
Federer hat früh aufgegleist, wovon er heute profitiert: ein funktionierendes Team aus Trainern, Managern, Anwälten und Freunden. 2007 liess er die Tenro AG im Handelsregister eintragen. Über die in Bottmingen domizilierte Gesellschaft wickelt er die Vermarktung ab. Im Herbst 2010, kurz vor dem ersten «Match for Africa», gründete er die Tenro Event AG. Zweck: Unterstützung und Durchführung von Veranstaltungen im Bereich Sport, Kunst und Kultur. Vor zwei Jahren fasste er die Gesellschaften in der Tenro Holding AG zusammen.
Im Verwaltungsrat sitzen zwei Anwälte: Filippo Théodore Beck, Spezialist für Vertragsrecht, Sportrecht und Vermögensstrukturierung. Daneben vertraut Federer auf die Expertise von Thomas Graf, spezialisiert auf nationales und internationales Steuerrecht. Präsident aller Gesellschaften ist aber immer er: Roger Federer, der Kopf eines globalen Unternehmens. Je nach Schätzung beträgt sein Vermögen zwischen 350 und 600 Millionen Franken. Früh sagte er: «Bei zwei Dingen darf ich nichts anbrennen lassen – beim Doping und bei den Steuern.»
Federer sagt, er wolle nicht schon jetzt ein Konstrukt aufbauen, das ihn einengt. «Ich möchte inspiriert spielen und mich nicht vom Tennis wegsaugen lassen, das ist auch ein Schutz für mich und meine Familie.»
Also vertraut er auf Tony Godsick. Er hat Federers Aufstieg zur Weltmarke orchestriert. 2013 gründete er die Boutique-Agentur Team 8, bei der auch Juan Martin Del Potro oder Tommy Paul unter Vertrag stehen und bei der Federer Teilhaber ist.
Roger Federer spielte nicht in Paris, ein Pfeiler seiner Zukunft schon: Cori Gauff, 14-jährig, Amerikanerin, Siegerin bei den Juniorinnen – und bei seiner Agentur unter Vertrag. Wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden, was Godsick jüngst zur Entstehung von Team 8 sagte: «Roger hat zu mir gesagt: ‹Tony, du verkaufst mich gut, aber ich verkaufe mich selber besser, lass uns eine Agentur gründen.›» Er sage immer: «Schau, Roger, du warst so erfolgreich auf dem Platz, aber ich verspreche dir, du wirst noch erfolgreicher, wenn du aufhörst.»
Roger Federer hat beim Rasenturnier in Stuttgart den Halbfinal erreicht. Nach dem 6:4, 6:4 gegen den Argentinier Guido Pella fehlt ihm noch ein Sieg zur Rückkehr an die Spitze der Weltrangliste. In seinem zweiten Match nach der fast dreimonatigen Pause bekundete Federer keine grossen Probleme. Ein Break pro Satz reichte dem 36-jährigen Baselbieter zum souveränen, in 65 Minuten herausgespielten Sieg gegen Pella, der vor seinen zwei Erfolgen in dieser Woche in Stuttgart auf Rasen keinen Match gewonnen hatte. Am Samstag steht Federer dem Australier Nick Kyrgios (ATP 24) gegenüber und spielt dabei sowohl um den Finaleinzug als auch die Nummer 1 im ATP-Ranking, die derzeit Rafael Nadal inne hat. Gegen Kyrgios spielte er zweimal: 2015 in Madrid verlor er in drei Tiebreaks, 2017 in Miami gewann er in drei Tiebreaks. Um als Weltranglisten-Leader nach Wimbledon zu gehen, benötigt Federer noch einen Sieg in Stuttgart und den 10. Turniererfolg nächste Woche in Halle. Dass er in seiner Wimbledon-Vorbereitung auf Kurs ist, bewies er gegen Pella. Lange Zeit war er bei eigenem Service ungefährdet. Bis zum 4:2 im zweiten Umgang gab er nur gerade vier Punkte ab, wenn er aufschlug. Erst in der Schlussphase war der 36-Jährige etwas mehr gefordert. (SDA)
Die Verwandlung vom Sportler hin zum Kopf eines globalen Unternehmens verläuft schleichend. Seit seiner Verletzung spielt Federer weniger Turniere, zwei Mal verzichtete er sogar aus freien Stücken auf ein Grand-Slam-Turnier. Dafür nimmt die Arbeit für seine Stiftung, die Kindern in Afrika Zugang zu Bildung ermöglicht, mehr Raum ein. Im Vorjahr bestritt Roger Federer innert kürzester Zeit zwei Schaukämpfe – in Zürich und Seattle. Zwei Mal reiste er nach Afrika – einmal nach Malawi und einmal nach Sambia.
Roger Federer wird im August 37. Er spielt bei den grössten Turnieren noch immer um den Titel. Er sagt aber auch: «Die Leute vergessen manchmal, dass ich vier Kinder habe. Das Ende ist näher als je zuvor, das ist normal.» Der nahende Abschied hat seinen Marktwert noch einmal potenziert. «Mein Leben bleibt interessant, witzig und lustig auch – vor allem mit den Kindern.» Er glaube nicht, dass ihm der Sprung ins Danach schwerfallen werde. Die Weichen dazu haben Roger Federer und sein Umfeld längst gestellt. Er bleibt auch dann der Mann der Moneten.