Bedrohliche Zukunft
Lohnverzichts-Chaos beim FC Basel: Das Protokoll der Versäumnisse

Knausrige Spieler gegen undurchsichtige Bosse: Der FC Basel gibt in der Coronakrise ein schauriges Bild ab. Es herrscht Eigenbrötlerei statt Solidarität, was vor allem für die Zukunft des Klubs auf mehreren Ebenen bedrohlich ist.

Jakob Weber
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FCB-Präsident Bernhard Burgener und CEO Roland Heri geben im Lohnverzichtsstreit mit den Spielern aktuell kein gutes Bild ab.

FCB-Präsident Bernhard Burgener und CEO Roland Heri geben im Lohnverzichtsstreit mit den Spielern aktuell kein gutes Bild ab.

Keystone

Die Kommunikation war beim FCB schon ohne Social Distancing schwierig. Regelmässig drangen Interna an die Öffentlichkeit. So war es bei der Spielerrevolte im Winter 2018, so war es beim Trainerchaos im Sommer 2019, und so ist es auch jetzt wieder. Eine gemeinsame Linie fehlt. Beim Lohnverzichtsstreit kommunizieren mittlerweile sowohl die Bosse als auch die Spieler ohne Absprache über ihre eigenen Kanäle. Und der FCB stolpert dadurch in einer Phase, in der Solidarität eigentlich grossgeschrieben werden sollte, von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Das Protokoll der Versäumnisse beginnt dieses Mal mit einer eigentlich positiven Nachricht. Am 3. April – zwar erst drei Wochen nach Beginn der Lockdowns, aber immerhin – vermeldet der FCB, dass die 1. Mannschaft Geld an das Basler Kinderspital und die Glückskette spendet. Auf die Frage „Wie viel?“ antwortet der FCB nur kryptisch: „Mit einem substanziellen Beitrag.“ Das schürt Misstrauen bei den Fans, denn wenn positive Nachrichten von der Kommunikationsabteilung nicht ausgeschlachtet werden, muss da doch irgendwo ein Haken sein.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Spieler 20 Prozent ihres Monatslohns gespendet haben, was rund 200'000 Franken entspricht. Doch was ist mit Präsident Bernhard Burgener, CEO Roland Heri und dem Rest des Verwaltungsrates, die ja allesamt ebenfalls nicht schlecht verdienen? Auch hier liefert der FCB keine Antworten. Das Misstrauen nimmt zu.

Am 8. April folgt eine Kurzschlusshandlung, die das sowieso schon angerissene Band zwischen Mannschaft und Chefetage weiter strapaziert. Um der drohenden Enthüllung durch die Medien vorzubeugen, veröffentlicht der FCB um 22.09 Uhr eine Mitteilung mit einer Wasserstandsmeldung zu den laufenden Lohnverzichtsverhandlungen. Die Spieler hätten die vorgeschlagene Lohnkürzung von 70 Prozent in den Monaten April, Mai und Juni abgelehnt, und es werde weiter verhandelt. Statt gemeinsam eine Lösung zu finden und diese dann zu kommunizieren, werden die Spieler öffentlich als knausrige Säcke dargestellt.

Obwohl der FCB in der Mitteilung schreibt, dass er bis zum Abschluss der Verhandlungen keine Fragen zum Thema mehr beantwortet, gibt CEO Heri am nächsten Tag im Regionalfernsehen ein Interview, mit dem er versucht, die entstanden Schäden zu beheben. Auch das erinnert an den Sommer 2019, als Schweigen proklamiert wurde, aber Burgener dem Boulevard ein spontanes Erklärinterview gab, in dem die wichtigsten Fragen nicht gestellt und demzufolge auch nicht beantwortet wurden. Dabei wäre es durchaus möglich, aus dem Homeoffice eine digitale Pressekonferenz abzuhalten, bei der am besten Burgener Stellung bezieht. Doch der Präsident schweigt beharrlich und lehnt jegliche Anfragen ab.

Grosse Diskrepanzen zwischen Spielern und Verein

Nachdem der „Blick“ am 14. April enthüllte, dass die Spieler der Mannschaft im Lohnverzichtsstreit angeblich nur auf 5 Prozent ihres Gehalts verzichten wollen, melden sich – wieder zu später Stunde – die Spieler mit einer Mitteilung zu Wort. Auch diese wird über den eigenen Kanal verbreitet: Instagram. „Der Vorwurf, die Mannschaft sei nicht bereit, Teile ihres Lohnes abzugeben, entspricht nicht der Wahrheit!“, heisst es in dem Post, den alle Spieler um 21 Uhr gleichzeitig freischalten.

Die Mitteilung der FCB-Spieler (hier auf dem Instagram-Profil von Keeper Jonas Omlin) im Wortlaut.

Die Mitteilung der FCB-Spieler (hier auf dem Instagram-Profil von Keeper Jonas Omlin) im Wortlaut.

Instagram

Auch dieser Post kommt nicht ohne Retourkutsche gegen die Klubführung aus. „Alle Spieler haben mit der Absicht gespendet, dass das Geld dort eingesetzt wird, wo es aufgrund der Corona-Problematik am dringendsten benötigt wird“, heisst es. Weiter sei die Mannschaft auch in den nächsten Monaten, in welchen keine Spiele stattfinden, bereit, auf Teile ihres Lohnes zu verzichten. Vorausgesetzt, die Spieler wissen, wohin das Geld fliesst und wofür es verwendet wird.

Das Misstrauen der Mannschaft ist in diesen Zeilen deutlich spürbar. Und sie werfen vor allem eine Frage auf: Wissen die Spieler nicht, dass der FCB schon in den Geschäftsjahren 2018 und 2019 deutlich mehr ausgegeben als eingenommen hat und sich die finanzielle Situation durch die Coronakrise weiter verschärft? Offenbar haben die Spieler den Ernst der Lage nicht erkannt, was wiederum ebenfalls ein Versäumnis der Klubführung ist. Denn warum der Verein den Lohnverzicht der Spieler dringend braucht, wurde ihnen anscheinend nicht transparent genug aufgezeigt. Deren Antwort: ohne Vertrauen kein Verzicht. Und nach all den Versäumnissen ist es keine einfache Aufgabe, dieses Vertrauen wieder herzustellen.