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Frühere Gymnastinnen machten Vorwürfe – der Schweizerische Turnverband trennt sich von zwei Trainerinnen.
Im Herbst 2018 wollte der Schweizerische Turnverband (STV) in der Rhythmischen Gymnastik einen Neuanfang starten. Damals verpasste die Schweiz die Qualifikation für die WM und die Chance auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio. In der Folge wurden alle Athletinnen des Nationalkaders entlassen. Die Cheftrainerin Iliana Dineva blieb. Sie sollte ein neues Team für die Spiele 2024 in Paris aufbauen. Daraus wird nun nichts. Der Turnverband hat Dineva und Nationaltrainerin Anelia Stantscheva am Mittwoch per sofort freigestellt.
Grund dafür sind Vorwürfe von ehemaligen Gymnastinnen, die der «Blick» publik gemacht hatte. Im Artikel wird unter anderem Jasmin Frieden zitiert. Sie gehörte zur Gruppe, die 2018 entlassen wurde. «Die Trainerinnen waren sehr hart, haben uns angeschrien», sagt sie und spricht von einem «Klima der Angst». Eine andere Athletin erzählt, wie sie trotz Verletzung turnen musste. Zudem soll Dineva abschätzige Bemerkungen über die Körper der Gymnastinnen gemacht haben.
Laut Medienmitteilung hat der STV diese Aussagen in den vergangenen Tagen geprüft. «Vor allem Vorwürfe von Äusserungen im Bereich Ernährung und Gewicht waren uns nicht bekannt», heisst es weiter. Die Rückmeldungen seien äusserst unterschiedlich gewesen. Sowohl aktive als auch ehemalige Gymnastinnen hätten versichert, dass sie weder beschimpft noch bedroht worden seien.
«Anderseits haben aber andere ehemalige Gymnastinnen geschildert, wie sie unter gewissen Vorkommnissen im Training gelitten haben.» Es sei dem STV ein grosses Anliegen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkomme. Deshalb habe sich der Verband zur Trennung von den beiden Trainerinnen entschlossen. Nach einer Übergangslösung werde gesucht. Die Stellen werden neu ausgeschrieben.
In den vergangenen Jahren gab es im Turnverband bereits ähnliche Vorkommnisse. So musste 2007 Eric Demay, der damalige Kunstturntrainer von Ariella Kaeslin, wegen übergriffiger Aussagen gehen. Im Jahr 2013 wurden Cheftrainerin Heike Netzschwitz und Assistentin Vesela Dimitrova entlassen. Grund dafür seien stark unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf Trainingsmethoden und Trainingsgestaltung gewesen.
Der STV um Geschäftsführer Ruedi Hediger sowie Spitzensportchef Felix Stingelin haben in den Augen breiter Kreise nicht immer vorbildlich gehandelt. Ungeklärt sind etwa Verantwortlichkeiten in Sachen Kunstturnaffäre am RLZ Ostschweiz in Wil. Im Jahr 2019 wurde der Cheftrainer wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs einer minderjährigen Kaderturnerin verhaftet und später angeklagt. Seine Ehefrau wurde als Nachfolgerin eingesetzt, was zum Rücktritt des mutmasslichen Opfers führte. Der STV war von Amtes wegen in die Vorgänge involviert.