Frau, Kinder, Eltern, Trainer, Physio, Manager: Roger Federers Entourage in den USA umfasst 14 Personen. Der «Maestro» scheint Profi- und Familienleben perfekt kombinieren zu können. Dass sein Nachwuchs keine normale Kindheit verbringt, ist ihm bewusst.
Mit 35 Jahren führt Roger Federer die Jahreswertung an. Obwohl er zuvor ein halbes Jahr hat pausieren müssen. Obwohl er erst sein drittes Turnier bestreitet. Und obwohl er betont, dass er erst im Frühsommer wisse, wo er wirklich stehe.
Eben erst hat er zum dritten Mal in Serie seinen einstigen Angstgegner Rafael Nadal bezwungen: 6:2, 6:3, eine Gala sondergleichen. Beobachter reiben sich nur noch verwundert die Augen: Wie macht Federer das nur? Federers Antwort ist so banal wie einleuchtend: «Das harte und seriöse Training zahlt sich aus.»
Am linken Handgelenk trägt Federer ein buntes, geflochtenes Gummiarmband. Ein Geschenk einer seiner Töchter. Am Tag zuvor fangen die Kameras in Indian Wells zwei blonde Buben ein, die genüsslich ein Eis schlecken. Es sind Leo und Lenny, die Söhne von Roger Federer. Die Reise nach Kalifornien haben neben Ehefrau Mirka auch die Eltern Lynette und Robert mitgemacht. Und wieder stellen sich alle die Frage: Wie macht Federer das nur?
«Ich glaube, wir sind 14», rechnet Federer in der «SonntagsZeitung» vor. Dazu gehören Trainer Ivan Ljubicic, Manager Tony Godsick, Physiotherapeut Daniel Troxler und drei Kindermädchen. Als Einzelsportler ist er zwar eine Ich-AG, betont aber bei jeder Gelegenheit den riesigen Wert seines Teams. «Ohne Mirka wäre ich längst zurückgetreten», sagte er vor vier Jahren. Damals waren die Buben noch gar nicht auf der Welt. Federer leistet sich den Luxus, Karriere und Familienleben zu kombinieren.
Charlene und Myla, die im Juli ihren achten Geburtstag feiern, werden privat unterrichtet. Neben Deutsch und Slowakisch sprechen sie vor allem Englisch. Ab und zu auch mit ihrem Vater, wie eine Szene nach dem Sieg in Cincinnati vor anderthalb Jahren zeigt, als eine Tochter ihren Vater auf Englisch dazu auffordert, einen Hut als Sonnenschutz zu tragen.
Selbst während der halbjährigen Pause im letzten Jahr reiste Familie Federer um die Welt: Sechs Wochen Valbella, zwei Wochen New York, sechs Wochen Dubai. Courant normal in der Entourage des 18-fachen Grand-Slam-Siegers. Kritiker halten diesen Lebenswandel für egoistisch. «Ein normales Kinderleben sieht sicher anders aus», sagt Federer selber. «Ich finde es unglaublich interessant für die Kinder, dass sie die Welt sehen können. Bei uns ist immer viel los, weil wir immer in einer grossen Gruppe reisen.» Aber natürlich gebe es auch Dinge, die seine Kinder verpassen würden. «Dafür haben wir unendlich viel Zeit für sie.»
Mit der Geburt der Söhne Leo und Lenny im Mai 2014 hat bei Federer ein Umdenken stattgefunden. Früher habe ihn seine Familie an jedes Turnier begleitet. Heute sind seine Kinder nur noch dabei, wenn Federer sich für mehrere Wochen am gleichen Ort aufhält: wie zum Beispiel zum Jahresbeginn für einen Monat in Australien oder wie jetzt in den USA, wo erst in Indian Wells und danach in Key Biscayne gespielt wird.
Während er längere Strecken mit einem Linienflug First Class zurücklegt, greift er für kürzere Distanzen öfter auf einen Privatjet zurück. Die Strecke von Los Angeles nach Indian Wells legte er so zurück, mit einem der Kinder auf dem Schoss. Seine Töchter machten ihre erste Atlantik-Überquerung zwei Wochen nach der Geburt. «Mirka hat alles im Griff: Sie steht nachts auf, um die Babys zu füttern oder die Windeln zu wechseln, egal, um welche Zeit. Könnte sie es nicht selbst tun, würde ihr etwas fehlen», schwärmte Federer damals.
Federer bemüht sich um ein Stück Normalität. Er besucht mit seinen Kindern den Zoo. Geht an die Fasnacht. Holt die Mädchen von der Skischule ab. Er ist sich aber auch nicht zu schade, sich um Alltägliches zu kümmern. Manchmal mit unliebsamen Folgen. 2016 reisst er sich beim Einlassen des Wassers für ein Bad seiner Töchter den Meniskus.
Obwohl Federer seine Kinder nicht versteckt, hat er auch schon schlechte Erfahrungen machen müssen. «Es gab Momente, in denen wir Leuten sagen mussten, sie sollen doch bitte aufhören, Bilder von den Kindern oder von mir zu machen. Bestimmte Dinge macht man einfach nicht. Ich kämpfe dafür, dass meine Kinder normal aufwachsen können.»
Das sind alle Turniersiege von Roger Federer: