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Der EV Zug ist in den Playoffs auf Erfolgskurs – auch dank Rückkehrer Raphael Diaz. Der 31-Jährige die überragende Figur in den Reihen der Innerschweizer.
Nein. Eine Zitatenschleuder wird aus Raphael Diaz nicht mehr. Wer pointierte und knackige Parolen sucht, der sollte sich tunlichst an andere Spieler wenden. Der Verteidiger des EV Zug spricht so, wie er spielt: mit Bedacht, diszipliniert, fokussiert, konzentriert. Aber eben auch nur sehr selten spektakulär. Muss er auch nicht. Denn Diaz gehört zu jener Sorte Spieler, die auf und neben dem Eis lieber Taten für sich sprechen lässt.
So wie im ersten Halbfinalduell gegen den HC Davos (3:2 nach Verlängerung). Dort war der 31-Jährige die überragende Figur in den Reihen der Innerschweizer. Allein mit seinem Effort im ersten Drittel legte er die Basis für den Sieg seiner Mannschaft. Er traf zweimal im Powerplay zur 2:0-Führung. Zuvor hatte er gegen Davos-Captain Andres Ambühl für seinen bereits geschlagenen Goalie Tobias Stephan auf der Linie gerettet und damit einen frühen Rückstand verhindert, der die Partie vielleicht in ganz andere Bahnen gelenkt hätte.
Für Raphael Diaz sind solche Efforts selbstverständlich. Ja, sie werden von ihm erwartet. Er wurde im vergangenen Sommer für sehr viel Geld aus Nordamerika zum EV Zug zurückgelotst (5-Jahresvertrag mit geschätztem Jahreslohn von 700 000 Franken). Wer so viel verdient, der muss auf dem Eis regelmässig Top-Leistungen zeigen. Da trifft es sich gut, wenn man ein durch und durch seriöser Profi wie Diaz ist, dessen Ego so klein ist, dass es problemlos in jeder Garderobe Platz findet.
«Ich bin nur ein Teil der Mannschaft. Jeder Spieler muss mithelfen, dass wir als Team funktionieren.»
Entsprechend wehrt sich Diaz dagegen, wenn man ihn als Schlüsselspieler seiner Mannschaft bezeichnet: «Ich bin nur ein Teil der Mannschaft. Jeder Spieler muss mithelfen, dass wir als Team funktionieren. Das geht nur, wenn jeder die ihm zugedachte Rolle perfekt ausfüllt.» Da ist er wieder, der Raphael Diaz, der sich selbst um jeden Preis aus dem Rampenlicht nehmen möchte. Ein Charakterzug, der möglicherweise eine grössere NHL-Kariere verhindert hat. Der hochanständige
Diaz war ein dankbares Opfer für jeden Trainer, wenn es darum ging, personell heikle Entscheide zu fällen. Deshalb war es gegen Ende seiner Nordamerika-Karriere oft der Schweizer Nationalspieler, der Lückenbüsser spielte oder als überzähliger Mann auf der Tribüne Platz nehmen musste.
Man könnte sagen, dass dieser Raphael Diaz seine aktuelle Mannschaft perfekt verkörpert. Der EV Zug macht in den Playoffs bisher den Eindruck, als könnte ihn nichts und niemand aus der Ruhe bringen. Um sich schlagende und ständig provozierende Genfer? Kein Problem. Aggressive Davoser, die die Zuger ein (Mittel-)Drittel lang dominieren und wie eine Juniorentruppe aussehen lassen? Na und? Die Zuger befinden sich, wie ihr NHL-Rückkehrer, in der Balance. Genügend widerstandsfähig, um schlechte Phasen einigermassen unbeschadet zu überstehen. Aber auch in der Lage, Spiele mit gezielten Efforts zu ihren Gunsten zu entscheiden. So wie mit den drei Powerplaytoren gegen den HCD.
Davos-Captain Andres Ambühl traf Zugs Sven Senteler im ersten Playoff-Halbfinal mit einem gezielten Stockschlag zwischen den Beinen. Erst, als am Tag danach die entsprechenden TV-Bilder auftauchten, wurde Ambühls Vergehen publik. Gemäss Regelbuch hätte der Davoser für sein Vergehen sogar eine Matchstrafe kassieren können und wäre somit heute Abend gesperrt. Die Chance ist aber gross, dass gegen Ambühl noch heute ein Verfahren inklusive vorsorglicher Sperrung eröffnet wird. (ku)
Nicht nur Raphael Diaz ist so etwas wie das Herz dieser Zuger Mannschaft. Inzwischen hat sich auch ihr Trainer Harold Kreis zu einer Persönlichkeit entwickelt, der diesen EVZ zu einem ernsthaften Titelaspiranten machen. Eines der gängigen Klischees war und ist, dass der EV Zug inklusive seines Coaching-Personals zu ruhig, zu brav, zu anständig für einen Titelgewinn ist.
Aber Kreis scheint inzwischen beseelt von der Idee zu sein, dass mit dieser Mannschaft etwas Spezielles machbar ist. «Der Geist, der Zusammenhalt dieser Truppe ist wirklich herausragend», sagt er nach dem ersten Halbfinalspiel gegen den HC Davos. Und fügt an: «Schon in der Vorbereitung haben wir Trainer schnell gemerkt, dass diese Mannschaft bereit ist, alles für den Erfolg zu tun.»
Klar ist aber auch: schon heute Abend kann die Zuger Euphorie schnell der Ernüchterung weichen, wenn man den Davoser ähnlich viele Freiräume gewährt wie im zweiten Drittel des ersten Halbfinals. Da nützen weder Coolness noch Gleichmut noch ein Raphael Diaz in Hochform.