Sportförderung der Armee
Historische Premiere: Spitzensport-RS öffnet die Tür für Behindertensportler

Die Förderung des Schweizer Leistungssports durch die Armee erhält eine neue Dimension. 17 Jahre nach der Etablierung dieser Spezialform der Rekrutenschule sind erstmals ein Sportler im Rollstuhl und eine Athletin mit Beinprothese als Soldaten dabei.

Rainer Sommerhalder
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Marcel Hug wird die Spitzensport-RS nicht mehr absolvieren. Aber immerhin können es andere paralympischen Athletinnen und Athleten bald tun.

Marcel Hug wird die Spitzensport-RS nicht mehr absolvieren. Aber immerhin können es andere paralympischen Athletinnen und Athleten bald tun.

Keystone

Es ist eine Art Ritterschlag für den paralympischen Sport in der Schweiz. Mit der 25-jährigen Leichtathletin Elena Kratter aus Vorderthal und dem 22-jährigen Handbiker Fabian Recher aus Spiez absolvieren zwei aktuelle Teilnehmer der Paralympics in Tokio ab dem 1. November die Spitzensport-Rekrutenschule in Magglingen. «Für uns ist dies eine Riesenchance», sagt Matthias Schlüssel am Telefon aus Tokio. Der Leiter Spitzensport beim Fachverband PluSport sagt: «Es führt zweifellos zu einer weiteren Professionalisierung unserer Athletinnen und Athleten.» Er fügt an:

«Sie können sich während 18 Wochen an Sportlern orientieren, die hochprofessionell unterwegs sind. Das bringt sie auf jeden Fall weiter.»
Elena Kratter (links) wird bald die Spitzensport-RS absolvieren.

Elena Kratter (links) wird bald die Spitzensport-RS absolvieren.

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Wie wertvoll das Engagement der Schweizer Armee für den Spitzensport ist, unterstrich das Schweizer Abschneiden an den Olympischen Spielen in Tokio. Sieben der 13 Medaillen gingen an Sportsoldaten. Im Vergleich zu den Sommerspielen 2016 in Rio stieg der Anteil Sportsoldaten innerhalb der Delegation von 29 auf 41 Prozent.

Die aktuelle Form der Spitzensport-RS gibt es seit 2004. 2006 absolvierte sie erstmals eine Frau. In der Sommer-RS, welche diesen Freitag zu Ende ging und von 54 Athleten aus Wintersportdisziplinen durchlaufen wurde, waren 14 Frauen mit an Bord.

Beim RS-Start am 1. November warten auch ein Athlet im Rollstuhl und eine Sportlerin mit Prothese auf das Fassen ihres Armeematerials. Im Bild: Jolanda Neff, Olympiasiegerin 2021, als sie im Jahr 2013 die Spitzensport-RS in Magglingen absolviert.

Beim RS-Start am 1. November warten auch ein Athlet im Rollstuhl und eine Sportlerin mit Prothese auf das Fassen ihres Armeematerials. Im Bild: Jolanda Neff, Olympiasiegerin 2021, als sie im Jahr 2013 die Spitzensport-RS in Magglingen absolviert.

Die Infrastruktur wird für paralympische Rekruten angepasst

Seit 2018 diskutieren der Fachbereich Spitzensport der Armee, die beiden Fachverbände und Swiss Olympic über eine Öffnung der Fördergefässe für Behindertensportler. Einfach war dies auch deshalb nicht, weil eine Behinderung grundsätzlich zur Dienstuntauglichkeit führt. Dass in diesem Modell nun dienstuntaugliche Menschen zu Sportsoldaten ausgebildet werden, war eine völlig neue Ausgangslage und führte zu einigem Klärungsbedarf mit der Invalidenversicherung.

Urs Walther, seit 2008 Chef Spitzensport der Armee, sagt, dass die Verdoppelung der Anzahl Plätze in der Spitzensport-RS von jährlich 70 auf 140 Plätze bis ins Jahr 2023 diesem Projekt in die Karten spielte. Für eine hindernisfreie Benutzung musste die Infrastruktur teilweise angepasst werden. Der Berner sagt, er sei sehr guten Mutes, dass dieses Projekt gelingen werde.

Auch der Schweizer Olympiachef Ralph Stöckli freut sich über die neuen paralympischen RS-Kameraden für die Sporttalente: «Das ist eine coole Sache. Ich bin überzeugt, dass sie für alle Beteiligte befruchtend sein wird.»