Startseite
Sport
Die abgelaufene Saison war für Lara Gut-Behrami zum Davonrennen. Einen ganzen Winter blieb sie ohne Sieg, die WM war eine Enttäuschung und zum Schluss verletzte sie sich beim Weltcup-Finale in Andorra. Logisch, dass vieles hinterfragt wird und es Kritik hagelt. Aber selten war sie so pointiert wie jetzt von Head-Rennchef Rainer Salzgeber.
Lara Gut-Behrami hat für ihre Verhältnisse eine Seuchen-Saison hinter sich. Erstmals seit Winter 2009/10, als sie sich schwer an der Hüfte verletzte, blieb sie eine ganze Saison lang ohne Weltcupsieg. Zudem musste sie aufgrund eines Sturzes beim Weltcupfinale in Andorra und einer dabei zugezogenen Verletzung am Fussgelenk die Saison vorzeitig beenden.
Sie ging quasi durch die Hintertür. Ohne weitere Kommentare. Bis sie Mitte April auf dem Monte Bré oberhalb Luganos das Schweigen brach. An jenem Ort, wo sie im Juli 2018 Ex-Nationalspieler Valon Behrami heiratete. Sie sprach dann vom Glück, vom Glück mit ihrem Liebsten, dank dem sie sich weiterentwickelt und gemerkt habe, dass das Leben nicht nur aus Skirennfahren bestehe. Zugleich betonte sie aber auch: «Ich spüre, dass ich noch sehr viele Träume habe, die ich mir im Skisport erfüllen will.» Zum Beispiel fehlt in ihrem Palmares noch immer eine Gold-Medaille an einem Grossanlass.
Die Träume sind noch immer da, der Wille, so versichert sie, auch. Sie will weiter hart arbeiten, um ihre Ziele zu erreichen. Ginge es nach ihr, dann, wie bis anhin, im Privatteam. Ein Team, das sie ordentlich durcheinanderwirbelt. Die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Fitnesscoach Patrick Flaction hat sie beendet, ebenso jene mit der Medienbeauftragten Giulia Candiago. Bleiben soll aber Vater Pauli Gut als Trainer. Genau hier setzt die Kritik ihres Ski-Sponsors an. Head-Rennsportchef Rainer Salzgeber sagt zum «Blick», er sei überzeugt, dass sie neben Pauli einen zweiten Trainer brauche: «Jemand, der ihr die Wahrheit sagt, wen sie auf dem falschen Weg ist.»
Die Kritik zielt vor allem auf ihre Schwierigkeiten in der Kerndisziplin Riesenslalom. Salzgeber zu «Blick»: «Im letzten Sommer und Herbst hatte Lara nicht den richtigen Fokus, sie nahm alles zu locker.» Der Vorwurf: Sie hat zu wenig und zu wenig konsequent getestet. «Ski, Bindungen, Platten, Schuhe – die Entwicklung geht immer weiter, ist komplex. Wenn man aber neue Modelle gar nicht probiert oder nach einem Lauf sagt, sie würden nichts taugen, ist man auf dem falschen Weg.»
Salzgeber ist nicht der erste Kritiker, der sich zum schwachen Abschneiden Lara Gut-Behramis zu Wort meldet. Schon Bernhard Russi sagte während der WM zum «Blick»: «Egal, wer Laras Trainer ist oder sein wird – er muss im Training härter durchgreifen, etwas von ihr verlangen und nicht einfach warten, bis sich der Knopf von selbst löst.»
Überall schimmert durch, dass Vater Pauli nicht konsequent genug mit seiner Tochter ins Gericht zieht. Natürlich hat sich Lara Gut-Behrami immer wieder Hilfe von Externen geholt. Beispielsweise von Patrice Morisod, der die Franzosen in den Speed-Disziplinen nach vorne brachte. Oder von Didier Cuche. Oder Daniel Albrecht. Oder Max Blardone. «Aber sie waren nur punktuell dabei. Lara braucht jemanden, der sie stets begleitet», so Salzgeber. Sie selbst aber betonte im Tessin, dass sie den Gesamtweltcup-Sieg auch nur mit einem Trainer, nämlich ihrem Vater, geholt habe.
Vorbild: Marcel Hirscher. Auch der Dominator des Männer-Skisports arbeitet seit jeher mit seinem Vater Ferdinand als Trainer. Daneben aber ist Mike Pircher ständiger Begleiter. Salzgeber: «Er hat eine gewisse Distanz zu Marcel und sagt offen seine Meinung – direkt oder via Ferdl, seinen Vater.»
In einem Punkt sind sich alle einig: Lara Gut-Behrami ist mit einem aussergewöhnlichen Talent gesegnet, ihr Potenzial schätzt man ungebrochen als sehr hoch ein. Einzig bei der Wie-Frage gehen die Meinungen auseinander. Nachdem Lara Gut-Behrami – mit starken Resultaten als Argument – in den vergangenen Jahren Swiss Ski den Tarif durchgab, die Bezahlung ihres Vaters durch den Verband durchdrückte, ist es nun vielleicht an der Zeit, dass der Verband stärker auf seinen Standpunkten beharrt.