Die ehemalige Nationalspielerin und Sportchefin des SC Bern bewirbt sich als Athletenvertreterin für einen Sitz im IOC. Sie trifft auf eine rekordgrosse Konkurrenz.
Die Schweiz spielt im Internationalen Olympischen Komitee traditionell eine wichtige Rolle. Zeitweise stellte das Land fünf IOC-Mitglieder gleichzeitig und damit die stärkste Fraktion. Aktuell sind Gianni Infantino, Denis Oswald und René Fasel in der mächtigsten Sportorganisation der Welt vertreten.
Angesichts dieser Tradition und des IOC-Hauptsitzes in Lausanne erstaunt es, dass die Schweiz indes in der IOC-Athletenkommission seit deren Gründung im Jahr 1981 noch nie ein Mitglied stellte. Zwölf Personen werden direkt von den Teilnehmenden der Olympischen Spiele gewählt, weitere elf vom IOC-Präsidenten ernannt. Die Amtszeit beträgt maximal acht Jahre. Zuletzt scheiterten Skirennfahrer Didier Cuche (2014) und Judoka Sergei Aschwanden (2008) mit ihren Kandidaturen.
Nun wagt erneut eine Schweizer Sportlerin einen Anlauf. Die 32-jährige ehemalige Eishockey-Nationaltorhüterin Florence Schelling stellt sich während den Olympischen Spielen in Peking zur Wahl. Zuletzt war ihr Engagement als General Managerin des SC Bern von wenig Erfolg gekrönt.
Der Zürcherin werden durchaus Wahlchancen attestiert. Einerseits zeigt die jüngste Vergangenheit, dass Kandidatinnen und Kandidaten aus Teamsportarten reüssierten. Andererseits gehört das Schweizer Olympiateam bei Winterspielen traditionell zu den grössten Delegationen und stellt eine beträchtliche potenzielle Wählerschaft. Zudem ist mit Hayley Wickenheiser – die Kanadierin wurde 2014 Didier Cuche vorgezogen – eine Eishockeyanerin zu ersetzen.
Gegen Schelling spricht das rekordgrosse Feld der Kandidierenden. Nicht weniger als zehn Frauen und sieben Männer bewerben sich für die zwei frei werdenden Sitze. Mit den Olympiasiegern Martin Fourcade (Biathlon), Frida Hansdotter (Ski) und Ireen Wüst (Eisschnelllauf) sind bekannte Namen darunter, mit Athletinnen und Athleten aus Samoa, Nigeria, Guatemala oder Indien aber auch ein knappes Dutzend Wintersport-Exoten. Ein Nachteil für die einst beste Torhüterin der Welt kann auch sein, dass die aktuelle Vorsitzende der Kommission, die Finnin Emma Terho, ebenfalls vom Eishockey kommt.
Florence Schelling sagt, ihre Hauptmotivation sei es, den Athletinnen und Athleten eine Stimme zu geben. «Ich habe während und auch nach meiner Karriere erlebt, wie enorm wichtig dies ist. Schliesslich stehen Sie im Mittelpunkt der Olympischen Bewegung.» Dass die Kommission mehrfach als Feigenblatt für IOC-Präsident Thomas Bach kritisiert wurde, hat Schelling mitbekommen. Sie will sich dazu aber nicht äussern. «Von aussen kann man die Arbeit einer Kommission nicht fair beurteilen. Wichtig scheint mir, dass die Themen offen diskutiert werden.» Dazu will sie einen Beitrag leisten, falls die Olympioniken sie denn wählen.