Neben Fragen um die Rückkehr auf den Tennisthron begleiten Roger Federer Sorgen um den Rücken. Deshalb verzichtet er auf die Teilnahme beim Masters-Turnier in Cincinnati.
Souverän, routiniert und mit einer Prise Humor absolviert Roger Federer (36) die Siegerehrung nach dem gegen Alexander Zverev (20, ATP 7) verlorenen Final beim Masters-1000-Turnier von Montreal. Es sind gewohnt salbungsvolle Worte, die er an seinen Bezwinger richtet. «Er spielte sehr, sehr gut. Mir war klar, dass es eng werden würde, wenn ich nicht gut spiele. Sein Sieg ist hochverdient.» Er hoffe, dass Zverev ihm eines Tages verrate, wie es sich anfühle, in Montreal zu gewinnen. Zwar hat Federer den Rogers Cup 2004 und 2006 gewonnen, damals allerdings in Toronto, wo das Turnier im nächsten Jahr wieder ausgetragen wird. Ob er in zwei Jahren dort wieder antritt, lässt er offen. «Das ist einfach noch viel zu weit weg.» Der Deutsche, für den es nach Rom der zweite Masters-1000-Sieg und der fünfte Titel in diesem Jahr ist, tat ansonsten das, worum ihn Federer beim Handschlag am Netz gebeten hatte.
«Der Rücken. Nein, kein Problem, nicht drüber reden», fangen Mikrofone Federers Worte ein. Einerseits wohl, weil er die Leistung Zverevs nicht schmälern wollte, andererseits darum, weil er die Probleme mit dem Rücken selber nicht einschätzen konnte. Offensichtlich ist aber, dass sie ihn beim 4:6, 2:6 ab dem 2:2 im zweiten Satz sichtlich behindern. Federer serviert ab diesem Zeitpunkt aus dem Stand.
«Es ist etwas passiert, der Rücken fühlt sich etwas steif an. Danach war es nicht mehr das Gleiche», sagt Federer danach. Gestern gibt er bekannt, dass er auf eine Teilnahme beim Masters-1000-Turnier in Cincinnati verzichtet. Bereits unmittelbar nach der Finalniederlage hatte er Zweifel geäussert, ob die kurze Pause ausreiche. «Die Gesundheit geht vor, ich darf jetzt keinen Blödsinn machen und mir keine Fehler erlauben.» Er hoffe, dass es nichts Schlimmes sei. Sein Fokus gilt den US Open, die in zwei Wochen beginnen.
Der Aufschlag ist ein zentraler Schlag in Federers Repertoire, für den Körper aber auch der belastendste, weil es sich dabei um eine sogenannt gekoppelte Bewegung aus gleichzeitiger Rotation und Beugung des Rumpfes handelt. Das führt dazu, dass beim Aufschlag bis zu acht Mal so grosse Kräfte wie beim Laufen auf die Lendenwirbel wirken. Trotz Niederlage sei er über den Finaleinzug glücklich. «Ich hatte eher nicht damit gerechnet», sagte der Baselbieter, der in diesem Jahr erst zum dritten Mal eine Partie verlor.
In den ersten acht Monaten hat er nur acht Turniere bestritten und fünf davon gewonnen, dazwischen längere Pausen gemacht, was Unsicherheiten nach sich zieht. «Schmerzen hier und da sind nach Ferien und Trainings normal. Wenn du erstmals wieder auf Hartplätzen spielst, ist das für den Körper immer ein bisschen ein Schock», sagt Federer, der insgesamt ein positives Fazit zieht. «Ich habe mich die ganze Woche okay gefühlt», sagte der Baselbieter nach dem Turnier.
Nach Roger Federers Absage steht fest, dass der Spanier Rafael Nadal (31) am Montag erstmals seit dem 30. Juni 2014 wieder die Führung in der Weltrangliste übernimmt. Er verdrängt den verletzten Andy Murray (30). Federers Verzicht hat zur Folge, dass er um fünf Punkte hinter dem Schotten bleibt, bei den US Open nur an Position drei gesetzt ist und bereits in den Halbfinals auf Nadal treffen könnte.
Federers Aussichten, in den nächsten Wochen erstmals seit dem 4. November 2012 und mit 36 als ältester Spieler der Geschichte noch einmal die Führung in der Weltrangliste zu übernehmen, bleiben indes intakt, weil er bis Ende Jahr keine Punkte mehr zu verteidigen hat. Lieber sei er Ende Jahr die Nummer eins als jetzt vor den US Open. «Ich hoffe, dass ich dort in der bestmöglichen Form bin.» Für ihn beginnt nun ein Wettlauf mit der Zeit. In New York ein drittes Grand-Slam-Turnier 2017 zu gewinnen, wäre «unglaublich».