Der Schweizer Sport darf sich viel von Coronaschnelltests erhoffen, doch der Zugang ist erschwert. Eine Übersicht.
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Ab dem 2. November, also nächstem Montag, werden in der Schweiz flächendeckend Schnelltests eingeführt. Bis zu 50000 Tests pro Tag stehen gemäss dem Bundesrat zur Verfügung. Die Frage lautet darum: Profitiert auch der Schweizer Sport von diesen Schnelltests?
Weil sich das Coronavirus in der Schweiz schnell ausbreitet, sind auch Profis immer mehr davon betroffen. Je nach Kanton hat das zur Folge, dass ganze Teams in Quarantäne müssen. Im Fussball sind (oder waren) Lugano, Basel, Sion, Vaduz und Lugano davon betroffen. Im Eishockey Ambri, Fribourg, Lugano, Biel, Rapperswil-Jona und seit Donnerstagabend auch Ambri-Piotta. Es können täglich mehr werden. Als Folge ist der Spielbetrieb stark beeinträchtigt, es droht der Zusammenbruch.
Claudius Schäfer, der CEO der Swiss Football League, verweist auf Gespräche vor der Saison mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Rudolf Hauri, dem Präsidenten der Vereinigung der Kantonsärzte. Es wurden die zu erwartenden Covid-19-Fälle diskutiert. Hauri reicht die Empfehlung weiter, dass bei Einhaltung der Schutzkonzepte nicht automatisch ganze Teams in Quarantäne müssen. Vergeblich, wie sich nun zeigt.
Die vielen Quarantäne-Entscheide sind für Schäfer «nicht nachvollziehbar». Die Swiss Football League hat sich darum nun noch einmal mittels eines Schreibens an alle Kantonsärztinnen und -ärzte gewandt. Die Klubs haben zudem ihre Schutzkonzepte noch einmal erweitert (Maskenpflicht in Fitnessräumen, 4er-Tische beim Essen).
Interessant ist die Regelung in Ländern wie Österreich oder Holland, eine «Quarantäne light». Bedeutet: Wird ein Spieler positiv getestet, begibt er sich sofort in Isolation. Teamkollegen sind fortan in Quarantäne – aber mit zwei Ausnahmen: Training und Spiele sind gleichwohl erlaubt. Der Spielbetrieb kann aufrechterhalten werden. «Eine solche Regelung würde uns vieles erleichtern», sagt Schäfer. In der Praxis leben einige Vereine bereits heute nach diesem Muster.
Wie aber könnten Schnelltests helfen? Grosse Hoffnungen dürfen sich die Profisportler von den Schnelltests machen. Sind diese in grosser Menge verfügbar, könnten sich alle Teammitglieder regelmässig testen. Und es wäre möglich, Covid-19-Fälle sofort zu isolieren, allenfalls eine Quarantäne zu umgehen.
Ein Beispiel aus dem Handball zeigt, wie das gehen könnte. Kadetten Schaffhausen absolvierte am 20. Oktober ein Europacup-Spiel gegen das dänische Team GOG. Der europäische Handballverband EHF stellte Schnelltests kostenlos zu Verfügung. Am Montag, 19. Oktober, wurden die Schaffhauser per Schnellverfahren getestet. Kurz darauf erhielten sie die Nachricht, dass ein Spieler vom BSV Bern positiv getestet worden ist. Das Problem: Am Samstag, 17. Oktober, spielten die Kadetten gegen den BSV Bern. Also schickte die EHF per Express nochmals Schnelltests nach Schaffhausen. Diese trafen am Spieltag ein, alle wurden nochmals getestet – negativ –, die Partie gegen die Dänen von GOG konnte trotzdem stattfinden.
Im Handball ist die Erkenntnis gereift, dass Schnelltests dringlich sind, um den Ligabetrieb aufrechterhalten zu können. Die eine Hoffnung ist, dass der europäische Verband auch Schnelltests zur Verfügung stellt, die man in der Liga benutzen kann. Die andere: dass sich Swiss Olympic als Dachverband um Schnelltests bemüht.
Swiss Olympic schreibt auf Anfrage, dass ein regelmässiger Austausch mit Epidemiologen und dem Bundesamt für Gesundheit stattfindet. Und weiter: «Wenn der Bedarf nach Schnelltests entsteht, sind wir auf dem aktuellsten Stand und können die Verbände beraten.»
Entscheidend in der Frage ist das BAG selbst. Auf Anfrage dieser Zeitung schreibt es: «Eine Empfehlung für die Durchführung von Schnelltests bei Profisportlern, die keinen direkten Kontakt zu positiv getesteten Personen hatten, ist derzeit nicht vorgesehen.» Priorität in der Teststrategie hat die Bekämpfung der Ausdehnung des Coronavirus. Die Kapazitäten von Schnelltests sind noch zu knapp.
Am Mittwoch empfing Sportministerin Viola Amherd die wichtigsten Player aus dem Sport zum runden Tisch. Die Botschaft war unmissverständlich: Die Politik habe erkannt, wie schlimm es um den Sport steht. Doch jetzt braucht es mehr als Bekenntnisse, dass der Sport ein ernstzunehmender Wirtschaftszweig ist. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie gross das Sportherz von Viola Amherd ist – oder ob das Powerplay doch ausbleibt.