Fussball
Gheroghe Hagis Talentschmiede in Rumänien trägt Früchte

300 junge Fussballer arbeiten in der Academia de Fotbal Gheorghe Hagi täglich an ihrem Traum. Ein besonderes Juwel ist der 17-jährige Ianis Hagi.

Markus Brütsch
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Gheorghe Hagi (vorne) macht seinen Sohn Ianis fit fürs Ausland.

Gheorghe Hagi (vorne) macht seinen Sohn Ianis fit fürs Ausland.

Markus Brütsch

Die Sonne brennt unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Das Training werde heute höchstens 75 Minuten dauern, hatte Gheorghe Hagi ausrichten lassen. Jetzt aber sind bald zwei Stunden vorbei, und es gibt keine Anzeichen, die Taktik- und Torschusslektion könnte bald zu Ende sein.

Immer und immer werden die schwitzenden Spieler von Hagi angetrieben, korrigiert und instruiert. Manchmal tritt auch der Trainer selber gegen einen Ball und man glaubt, die Magie zu spüren, die einst von diesem linken Fuss ausgegangen ist.

Und jetzt sagen Experten, dass es hier einen gebe, der in beiden Füssen so viel Gefühl habe, wie Gheorghe in seinem berühmten linken: Ianis, der Sohn. «Ja, er ist wirklich gut», sagt Gheorghe Hagi, als das Training dann tatsächlich doch noch zu einem Abschluss kommt. Ianis ist erst 17 Jahre alt, aber bereits Stammspieler und Captain der ersten Mannschaft des FC Viitorul.

«Ianis ist weiter, als ich es im selben Alter war. Er hat ja bereits als 16-Jähriger in der 1. Liga debütiert, ich dagegen nicht», sagt Hagi. «Ich hoffe, dass aus ihm einmal ein echter Leader der Nationalmannschaft wird.»

Die Zufriedenheit des Vaters

Doch zu haben ist der Offensivspieler nicht mehr. Ianis steht bereits bei der Fiorentina unter Vertrag, ist aber an den FC Viitorul ausgeliehen worden, um sich unter den Fittichen seines Vaters weiterzuentwickeln. Im Sommer wird der Serie-A-Klub entscheiden, ob Ianis nach Italien kommt oder noch weiter am Schwarzen Meer reifen soll.

«Er hat enorme Fortschritte gemacht und ist viel konstanter geworden. Ich ich bin sehr zufrieden, auf welch hohem technischem Niveau er spielt», lobt der Vater. «Ianis ist wie ich — voller Leidenschaft für den Fussball.» Man kann sich gut vorstellen, wie es zu Hause bei der Familie Hagi zugeht. «So, wie es nun mal bei Leuten ist, die fussballabhängig sind», schmunzelt Hagi. «Aber es ist ein Vergnügen.»
Er selber hatte einst nach dem Abitur an der Universität Bukarest Betriebswirtschaft studiert, und so ist es ihm wichtig, dass auch sein Sohn zumindest mal das Lyceum abgeschlossen hat. «Ianis ist ein intelligenter Junge. Ich finde es enorm wichtig, dass die Jungs neben dem Fussball in die Schule gehen», sagt Hagi.
Für elf Millionen Euro hat Hagi seit 2009 in Ovidiu ein Fussballparadies geschaffen; mit gepflegten Rasen- und Kunstrasenplätzen und allen Einrichtungen, die ein modernes Trainingszentrum braucht. Vor vier Jahren ist die erste Mannschaft in die erste Liga aufgestiegen, Hagi hatte sie in der dritten Spielklasse übernommen. Es ist essenziell, dass die besten Abgänger der Akademie auf einem hohen Niveau in den Profifussball einsteigen können. Auch das Fanionteam ist in der Akademie zu Hause und trägt dort im schmucken Kleinstadion mit 5000 Sitzplätzen auch seine Heimspiele aus.

Erstmals seit dem Aufstieg hat es die Play-offs erreicht. Das Durchschnittsalter liegt bei 23 Jahren. «Drei oder vier Spieler sollten jedes Jahr den Sprung schaffen», sagt Hagi. Nur 9 der 24 Spieler im Kader der ersten Mannschaft entstammen nicht der Talentschmiede des FC Viitorul. Einer der Auswärtigen ist Kévin Boli, ein Verwandter des früheren Marseille-Stars Basile Boli.

«Unser Ziel ist, dass zwei Drittel der Mannschaft aus der Akademie stammen», sagt Hagi. Natürlich sollen die besten Spieler dann irgendwann auch gewinnbringend verkauft werden. «Wir bereiten sie hier auf ein Auslandengagement vor», sagt Hagi.

Hagis Vision

Gegen 300 Nachwuchsspieler arbeiten in Ovidiu an ihrer Zukunft. Sie kommen aus der Region, aber auch aus ganz Rumänien. Noch wohnen sie in Constanta und besuchen dort die Schule. Ein Shuttlebus bringt sie jeweils zur Akademie. Wenn das klubeigene Hotel auf dem Akademiegelände in absehbarer Zeit seine Tore öffnet, werden über sechzig junge Spieler hier einziehen.

«Wir sind zufrieden damit, welche Früchte wir mittlerweile ernten», sagt Hagi. «Aber wir haben eine Vision. Rumänien soll einmal etwas Grosses gewinnen. Ob die Nationalmannschaft bei einem Turnier oder Steaua in der Champions League. Dafür arbeiten wir jeden Tag hart.»