Super League
YB-Hütter: «Ich hoffe, dass wir Basel die erste Niederlage zufügen können»

YB-Trainer Adi Hütter spricht im Interview über die Partie gegen Basel und seinen aus Salzburg mitgebrachten Powerfussball.

Markus Brütsch
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Nach einem guten Einstand folgt für Adi Hütter gegen Meister und Leader Basel die Nagelprobe: Wozu ist YB fähig?

Nach einem guten Einstand folgt für Adi Hütter gegen Meister und Leader Basel die Nagelprobe: Wozu ist YB fähig?

Keystone

Adi Hütter, nach dem 4:0 gegen Vaduz und dem 2:0 in Chiasso bekommt es YB heute mit einem Brocken zu tun.

Adi Hütter: Basel ist ein Gradmesser, klar. Wir werden sehen, wie weit weg wir sind. Wir versuchen, den Gegner mit unseren Mitteln zu fordern. Ich hoffe, dass wir Basel die erste Niederlage zufügen. Dafür brauchen wir ein perfektes Spiel.

Und dass Ihr Landsmann, FCB-Stürmer Marc Janko, keine Tore schiesst.

Wir haben in Salzburg zusammengespielt. Ich war 37 und er 23. Er ist ein Topstürmer und ein toller Mensch. Ich freue mich darauf, ihn zu sehen.

Wie nimmt man ihn aus dem Spiel?

Es ist ja nicht nur Marc, der rauszunehmen ist. Mit Embolo ist da ein anderer Klassestürmer. Einer, der für sein Alter sehr weit ist. Mein Eindruck ist der, dass Basel keinen Schwachpunkt hat, sehr homogen und eingespielt ist. Acht Meisterschaftsspiele in Serie gewinnen und Fiorentina auswärts besiegen – das sagt mehr als tausend Worte.

Basel ist eine Macht, wie es Salzburg in Österreich bis zum Ende der letzten Saison eine gewesen ist. Was auffällt: Schweizer blicken im Fussball kaum nach Österreich, und umgekehrt ist es dasselbe.

Beide schauen lieber nach Deutschland. In Österreich spielen Schwegler, Oberlin, Vuleta, und Marcel Koller ist Nationaltrainer; hier gibt es nur Janko, Jantscher und Sutter. Es ist schon erstaunlich, wie wenig man voneinander weiss.

Wie nimmt man YB in Österreich wahr? Ist das überhaupt ein Begriff?

Ich habe gewusst, dass YB ein Traditionsverein ist. Aber dass der Verein so gross ist, hat mich schon erstaunt, das muss ich ganz ehrlich sagen. YB ist etwas, was man in Österreich eigentlich zu wenig wahrnimmt.

Yves Debonnaire, der Chef der Schweizer Trainerausbildner, hat kritisiert, dass sechs von zehn Super-League-Trainern Ausländer sind.

Ich habe das auch gelesen. Ich verstehe die Kritik aus seiner Position heraus. Ich bin aber nicht hier, um einfach einen Job zu haben, sondern, weil ich etwas bewegen will. Zinnbauer bei St. Gallen, Hyypiä bei Zürich, Babbel bei Luzern und ich bei YB müssen etwas leisten. Das ist in Österreich nicht anders. Marcel Koller hatte zu Beginn einen schweren Stand, weil die Meinung vorherrschte, es sei das Beste, wenn ein Einheimischer Nationalcoach ist. Koller hat alle Lügen gestraft.

Gehörten auch Sie zu den Kritikern?

Nein. Koller hat in der Schweiz und in Deutschland einen guten Job gemacht. Ich habe mir damals nach seiner Wahl im ORF die Diskussionssendung angeschaut und sie als peinlich empfunden.

Mit Ralph Rangnick hat ein zweiter Ausländer den österreichischen Fussball geprägt, vor allem in Salzburg. Mit seiner Philosophie des totalen Angriffs- und Powerfussballs.

Viele Vereine haben keine Philosophie. Spielen mal so, mal so. In Salzburg wird sie bis hinunter in die Akademie konsequent durchgezogen. Bei Nachwuchsturnieren gewinnt Salzburg fast immer, auch gegen Juventus Turin und Manchester City. Die meisten kennen diesen Fussball nicht.

Dieser Spielstil ist für den Gegner aber einfach auszurechnen. Lange Bälle sind ein Mittel, um dem Pressing zu entgehen.

Glauben Sie mir, was der gegnerische Trainer seiner Mannschaft auf dem Video zeigt und was dann auf dem Platz passiert, sind zwei Paar Schuhe. Der Trainer kann seinen Spielern erklären, man müsse schnell und lang spielen, aber wenn der Spieler dann den aggressiven Gegner spürt, weiss er manchmal nicht mehr, was er tun soll.

Wie die Vaduzer gegen YB.

Ja, aber das Pressing allein ist es ja nicht. Es geht grundsätzlich ums Umschalten nach Ballverlust. Das ist für mich das alles Entscheidende. Wie schnell gewinne ich den Ball zurück? Wenn man den Ball vorne reinspielt, ihn dann zwar verliert, aber sofort wieder attackiert, macht man Tore. Wie eben gegen Vaduz. Wir hatten 17 Torschüsse, davon über 50 Prozent aufs Tor; wenn wir 6:0 oder 7:0 gewonnen hätten, hätte sich Vaduz nicht beschweren können. Unser Stil begeistert mich. Er ist aktiv, agierend, nicht langweilig und passiv.

Das heisst, Sie mögen das Tiki-Taka des FC Barcelona nicht.

Wenn man genau hinschaut, erkennt man, was Barcelona tut, wenn es den Ball verloren hat. Es holt sich in den ersten fünf bis sieben Sekunden den Ball zurück – immer im Sprint. Gegenpressing ist für mich ein klares Angriffsmittel. Wir haben in Salzburg von 150 Toren 70 bis 80 dank Gegenpressing geschossen. Von den 150 haben wir keine fünf erzielt, nachdem wir uns von hinten nach vorne durchgespielt haben. Die grösste Chance auf ein Tor bekommt man nach einer Ballrückeroberung nach fünf bis neun Sekunden.

In Chiasso wurde Leonardo Bertone für ein brutales Foul ausgeschlossen. Gibt es einen Zusammenhang mit der neuen Spielanlage von YB, die heisst, den Gegner aggressiv zu attackieren?

Aggressivität darf man nicht mit Dummheit verwechseln. Da gibt es keine zwei Meinungen. Das habe ich ihm persönlich gesagt. Das ist nicht das, was ich sehen möchte. Ich will nicht, dass man eine Verletzung des Gegners in Kauf nimmt. Das hat mit der aggressiven Spielanlage nichts zu tun. YB hat in 14 Pflichtspielen sechs Platzverweise kassiert, das geht nicht.

Passt der «Salzburger Stil» überhaupt zur YB-Mannschaft? Kann dieser mit allen Mannschaften gespielt werden?

Auch bei YB muss ich mich fragen: Können alle Spieler meinen Weg mitgehen? Nach 14 Tagen wage ich es noch nicht zu beurteilen. Ob es klappt, ist von der Qualität der einzelnen Spieler abhängig, von der Bereitschaft, diese entscheidenden Meter mehr zu gehen. Es ist eine Frage der Physis und der Mentalität. Dass es auch andernorts geht, habe ich mit Grödig bewiesen. Wir sind mit zehn Punkten Vorsprung aufgestiegen. Ich wollte aber nicht der typische Aufsteiger sein, der sich hinten hineinstellt. Ich habe gesagt: Egal, wo wir spielen, wir gehen vorne drauf. Meine Spieler haben gedacht: Was ist denn mit dem los?

Kamen nie Zweifel auf?

Wir waren in den zwei letzten Vorbereitungsspielen zweimal sehr schlecht. Für mich war die Frage: Ziehe ich es durch? Ich habe es durchgezogen, wir sind Dritter geworden und haben uns für die Europa League qualifiziert. Der Spieler muss unbedingt das Gefühl haben, dass er mit dieser Spielanlage gewinnt.

Und wenn der Schuss nach hinten losgeht wie beim VfB Stuttgart mit fünf Niederlagen?

Dann ist der Trainer gut beraten, einen Schritt zurückzugehen. Um später zwei nach vorne zu tun. Das bedeutet nicht, dass man alles über den Haufen wirft.

Das ist letzte Saison schon Roger Schmidt in Leverkusen so ergangen.

Man darf nicht naiv durch die Gegend laufen und vergessen, dass auch die gegnerischen Trainer Augen im Kopf haben. Man kann nicht jedes Spiel «Hurra die Gams!» gehen. Man muss variabel sein. Stur zu bleiben, ist falsch und gefährlich.

Salzburg ist aber stur geblieben und hat mit diesem Stil siebenmal die Champions League verpasst.

Da haben Sie recht. Das ist ein berechtigter Kritikpunkt. Denn irgendwann will man auch international erfolgreich sein. In der Gruppenphase der Europa League waren wir das und haben mit 22 Treffern einen Torrekord aufgestellt. Aber in den K.-o.-Spielen musst du anders agieren.

Das war ja auch beim Out gegen Basel in der Europa League das Problem.

Ja, ich habe die Spiele gesehen. Man muss dazu aber sagen: Wenn Salzburg in den ersten 20 Minuten die Chancen nützt ... Auf der anderen Seite, und jetzt sind wir wieder beim Thema zu Beginn unseres Gesprächs, hat man halt die Klasse von Basel gesehen.