Vom Nachwuchs des FC Basel ins Visier der europäischen Topklubs – Yann Sommers legt einen steilen Weg nach oben hin. Wechselt der Musterschüler der Bebbi nächste Saison zu einem Topclub?
Yann Sommer ist beliebt. Also muss er hier für ein Foto stehen bleiben, dort ein Autogramm schreiben, bevor er als einer der letzten FCB-Profis die Sicherheitsschleuse am Flughafen passiert. Es ist seine 28. Europacup-Reise, die Sommer gestern in aller Herrgottsfrühe antritt. Und wenn der Goalie heute Abend in der «Arena Nationala» in Bukarest auf Steaua trifft, dann mit dem gleichen Vorhaben wie immer: «Mein Job ist es, Bälle zu halten, dass wir am Schluss mindestens ein Tor mehr als der Gegner erzielt haben.»
Bälle halten – das tut Sommer nun schon in der dritten Saison als Nummer 1 des FC Basel. Er tut dies so gut, dass Sportchef Georg Heitz leicht verlegen fragt: «Kann man noch besser werden?» Und so gut, dass Sommer zugetraut wird, als einer von wenigen Schweizer Goalies in einer europäischen Topliga Fuss zu fassen. Seine Vorgesetzten nennen Sommer einen Musterschüler. «Ich kenne nur wenige Spieler, die so hart an sich arbeiten und so penibel auf jedes Detail achten wie Yann», sagt Heitz.
Seit Jahren zeigt die Entwicklungskurve des 24-Jährigen nach oben. Rückschläge, wie sie andere Jungprofis erleben, sucht man in Sommers Vita vergebens. Stellt sich also die Frage: Kann man eine Karriere planen?
«Nicht wirklich, ich habe nie einen Karriereplan aufgezeichnet», antwortet er nach kurzem Überlegen. «Man kann sich etwas vornehmen – aber ob die Entscheidung richtig war, erfährt man erst im Nachhinein.» Seit jeher berät sich Sommer vor wichtigen Schritten mit seinem Vater. Gemeinsam wägen sie Pro und Kontra ab. «Die Schlussentscheidung liegt bei mir, es geht ja schliesslich um mich.»
2007 bricht er mit 17 Jahren die Handelsmittelschule ab und folgt seinem U21-Trainer in Basel, Heinz Herrmann, als Leihspieler zu Vaduz. «Niemand hat damit gerechnet, dass wir gleich aufsteigen. Ansonsten wäre ich wohl länger in der Challenge League geblieben.» Und Sommer wäre im Januar 2009 kaum vom damaligen Trainer Christian Gross zu den FCB-Profis zurückbeordert worden, um den zu Beginn der Rückrunde verletzten Franco Costanzo zu ersetzen.
Trotz überzeugender Leistungen muss Sommer im Frühling dem argentinischen Publikumsliebling weichen. «Gerade recht» kommt da die Anfrage der Grasshoppers, Sommer für ein Jahr auszuleihen. Auch das Tor des Rekordmeisters ist für Sommer zu keinem Zeitpunkt zu gross, sodass 75 Kilometer weiter westlich in Basel die Idee reift, Sommer schnellstmöglich zum Stammgoalie zu machen.
2010 offeriert der FCB ihm einen Fünfjahresvertrag. Mit der Zusicherung, dass 2011 der auslaufende Vertrag von Costanzo nicht verlängert wird. «Das war keine Entscheidung gegen Costanzo, sondern für Yann Sommer. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, setzen wir auf die eigene Jugend», sagt Georg Heitz.
Ohne zu zögern unterschreibt Sommer das neue Arbeitspapier. «Wenn man als junger Spieler solch eine Möglichkeit hat, muss man zugreifen. Es war immer mein Traum, im Tor des FC Basel zu stehen», sagt Sommer. So ganz traut er dem Braten aber nicht und fragt im Winter nach, ob Costanzo denn wirklich gehen müsse. Denn: «Mehr als ein Jahr hätte ich mich auch beim FCB nicht mehr auf die Bank gesetzt.»
Die Fussstapfen, in die Sommer 2011 nach dem Weggang Costanzos tritt, sind riesig. Trotz seines unbestrittenen Talents trauen ihm ausserhalb des Vereins nicht alle zu, den Argentinier eins zu eins zu ersetzen. Er selber hat keine Bedenken: «Ich wusste: Wenn ich mir selber nicht zu viel Druck mache, dann klappt es.» Mittlerweile, ja schon wenige Monate nach der Goalierochade schreit niemand mehr nach Costanzo. Und auf der Chefetage klopft man sich auf die Schultern. «Wir wussten zwar um Yanns Qualitäten. Aber dass das Projekt so gut herausgekommen ist, freut uns speziell», sagt Heitz.
Das Ausland lockt
Seine überragenden Leistungen im Tor des besten und grössten Schweizer Klubs gepaart mit seinem guten Aussehen machen Sommer auch über das Spielfeld hinaus attraktiv. Die Firmen stehen Schlange, um Sommer als Werbeträger unter Vertrag zu nehmen: Die Anfragen von Nivea, Panasonic, Breitling und des Basler Kinderspitals als Botschafter hat er angenommen. «Ich mache nur, womit ich mich auch identifizieren kann.»
Einst sei er mit einer PR-Agentur die Zusammenarbeit eingegangen nach dem Motto: «Schauen wir mal, wie gut sich ein Schweizer Fussballer vermarkten lässt.» Die Erwartungen wurden übertroffen. So müsse er mittlerweile schauen, dass Fotoshootings, Autogrammstunden oder Besuche im Kinderspital nicht überhandnehmen. Denn: «Ich will als Fussballer wahrgenommen werden. Das andere ist eine schöne Abwechslung zum Alltag.»
Macht er so weiter, wird Sommers Alltag früher oder später im Ausland stattfinden. Momentan konzentriert er sich jedoch voll und ganz auf den FCB: «Es gibt noch viele Ziele zu erreichen», sagt er, der neben Deutsch fliessend Spanisch, Französisch, Englisch und Italienisch spricht. Im vergangenen Sommer war es ein heftiger Flirt zwischen Sommer und der AC Fiorentina, in der Winterpause dürfte das Werben um den 24-Jährigen erneut losgehen.
Sein Vertrag in Basel läuft bis 2015. Gespräche über eine Verlängerung würde er zwar führen, «weil es toll ist, wenn der Klub meine Leistungen würdigen möchte.» Von Sportchef Heitz tönt es dazu so: «Das Ziel ist, Yann zu halten. Aber wir wissen, dass das schwer wird.» Wie Recht er hat – der Weg des Musterschülers ist noch nicht zu Ende.