Das «Spiel der gefallenen Helden» führt uns zu den Fragen: Wie gut ist dieses GC wirklich? Und kämpft der FCL nur unglücklich oder muss er sich ernsthaft Sorgen machen?
Beginnen wir das Nachdenken über dieses Spiel mit Erich Vogel. Unter der Woche sass die «graue Eminenz» von GC, von der sich der Verein so gerne loslösen möchte, auf der Anklagebank. Er schloss seine Abschlussrede mit einem Zitat von Martin Walser: «Es gibt keine Wahrheit, nur Versionen – verehrtes Gericht, ich hoffe, ich konnte Sie von meiner Version überzeugen.»
Nach dem gestrigen Abend müssen wir davon ausgehen, dass diese Worte auch auf dem Fussballplatz Gültigkeit haben. Wir müssen uns also gar nicht erst bemühen, nach diesem 3:2-Sieg der Grasshoppers gegen Luzern nach einer Wahrheit zu suchen. Stattdessen erörtern wir verschiedene Versionen.
GC gegen Luzern ist ein «Spiel der gefallenen Helden». Weil sowohl GC als auch Luzern in der vergangenen Saison phasenweise begeisterten. Die Hoppers wurden Vizemeister, Luzern erreichte Rang 4. In dieser Saison ist wenig vom Ruhm vergangener Tage übrig geblieben. Darum ist dieses Duell auch eines im Abstiegskeller.
Zuerst zu GC. Weil der Sieger immer recht hat. Erstmals in dieser Saison zwei Siege hintereinander. Der Anschluss ans Mittelfeld ist geschafft.
Tolle Zürcher Tore
Das führt uns zur ersten Version: Nach der Begnadigung von Ex-Captain Salatic hat sich das Team stabilisiert. Die erste Halbzeit gestern erinnerte phasenweise an die vergangenen Jahre. Die spielerischen Fortschritte sind nicht zu verkennen. Salatic führt im Mittelfeld stark Regie. Dabbur schiesst wieder Tore (schönes 1:0!). Ravet schiesst endlich Tore (schönes 2:0!). Caio ist fast wieder so herausragend wie einst (wunderbares 3:2!).
Wie aber kann es sein, dass eine Mannschaft im Aufwind die ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit derart «verpennt», wie es Trainer Skibbe sagt? Und so dem Gegner plötzlich und ohne Not zwei Tore zum zwischenzeitlichen Ausgleich schenkt? Version zwei heisst also: GC ist noch viel zu unstabil und darum höchstens gut fürs Mittelmass. Nicht gut genug aber, um in der Rückrunde noch einmal angreifen zu können.
Kommen wir zum FC Luzern. Nach zwei Remis und einem Sieg ist es die erste Meisterschaftsniederlage unter dem neuen Trainer Markus Babbel. Klar ist nur: Diese Mannschaft ist ein Rätsel. Auch gestern hat sie wieder sämtliche Gesichter gezeigt.
Die eine, schlimme Version tönt dann so: Da ist eine Auswahl an Einzelkämpfern unterwegs. Ohne jegliche Gefahr nach vorne. Mit fatalen Fehlern hinten. Die Notbremse von Aliti vor dem 2:3 ist an Naivität kaum zu überbieten. Darum muss sich der Tabellenletzte ernsthafte Sorgen machen.
Aber – Version zwei: Wie sich der FCL nach der Pause zurückkämpft, ist stark. Plötzlich spielt er Fussball. So, als wäre er viel weiter oben in der Tabelle klassiert. Das Tor von Doubai ist das Highlight dieses Spektakels im Nebel. Nur müsste daraus eben auch etwas Zählbares resultieren.
Telegramm:
Grasshoppers - Luzern 3:2 (2:0).
5700 Zuschauer. - SR Drachta (Ö). - Tore: 32. Dabbur (Salatic) 1:0. 34. Ravet (Ben Khalifa) 2:0. 50. Freuler (Schneuwly) 2:1. 57. Doubai 2:2. 83. Caio (Freistoss) 3:2.
Grasshoppers: Vasic; Lang, Gülen, Grichting, Pavlovic; Salatic (61. Ngamukol), Dingsdag; Ravet (91. Bauer), Ben Khalifa, Caio; Dabbur.
Luzern: Zibung; Sarr, Affolter, Aliti, Lustenberger; Doubai; Rabello (83. Matri), Bozanic (73. Holenstein), Freuler, Jantscher; Lezcano (46. Schneuwly).
Bemerkungen: Grasshoppers ohne Jahic (gesperrt) und Abrashi (verletzt). Luzern ohne Rogulj und Winter (beide verletzt). 38. Tor von Dabbur wegen Offside aberkannt. 61. Salatic mit Kopfverletzung ausgeschieden. 81. Rote Karte gegen Aliti (Notbremse gegen Ngamukol). - Verwarnungen: 63. Schneuwly und Dingsdag. 72. Rabello. 86. Sarr (alle Foul).