Rund 30 FCZ-Fans stürmen ins Innere vom Stadion Letzigrund. Sie tragen Kapuzen. Ihre Gesichter sind vermummt. Vermummt mit schwarzen Tüchern. Einer der Chaoten hat einen Schlagstock in der Hand und schreit: „Wir wollen den Präsidenten sehen. Canepa hat die ganze Scheisse angerichtet.“
Ein Videojournalist wagt sich ins Getümmel und filmt die Horde. Die Sache gerät ausser Kontrolle. Ein Fan rastet aus und stürzt sich brüllend auf den Medienvertreter. Der Gewaltbereite will dem Mann mit der kleinen Kamera an den Kragen, schlägt ihn ins Gesicht und trifft ihn an der Stirn. Das Resultat: Eine Beule. „Halb so schlimm“, sagt dieser. „Hauptsache, der Film ist im Kasten.“
Ich stehe mitten drin, gehe ohne zu überlegen vorwärts statt rückwärts und versuche mit einem Fan zu sprechen. Er stösst mich weg. „Journalistenpack“, sagt er. Und droht mir mit Schlägen. Jetzt wird es mir zu heiss. Ich mache mich aus dem Staub. Ist es zu spät? Komme ich nicht mehr heil aus der Sache raus? Glück gehabt. Ich bin aus der Schusslinie!
Vorsichtshalber verstecke ich mich hinter einer Wand. Ich frage mich, wo all die Sicherheitsleute sind, die ich vor dem Anpfiff des Spiels gesehen habe. Endlich sind sie da, markieren mit breiten Schultern und gespreizten Beinen Präsenz, greifen fürs Erste aber nur halbherzig ein. Endlich schreiten die Ordnungshüter zur Tat. Es gelingt ihnen, die Fans aus dem Stadion zu prügeln.
Der ganze Spuk dauert nicht mehr als zwei Minuten. Von einem Moment auf den andern beruhigt sich die Szenerie wieder. Die Mannschaft des FC Zürich bekommt vom Chaos nicht viel mit. Bevor die FCZ-Fans die Garderobe besetzen und Unheil anrichten können, werden die Spieler an einen sicheren Ort gebracht. Das Versteckspiel mit den Absteigern aus der Super League dauert eine Viertelstunde. Dann kehrt das Team in die Umkleidekabine zurück. Interviews geben die Spieler keine. Um Mitternacht verlassen sie den Letzigrund. Ungestört!
Eine Stunde zuvor erscheint FCZ-Trainer Uli Forte im Presseraum und stellt sich den Fragen der Journalisten. Nachdem sich Forte während eines Fernseh-Interviews selbst in Sicherheit bringen musste, nimmt er die Horde der Vermummten in Schutz. Mehr noch. Er zieht sogar den Hut vor den Fans. „Sie haben den besten Job der Zürcher gemacht“, erklärt er. Und was sagt er zu den wüsten Szenen nach dem Schlusspfiff? „Ich akzeptiere das“, fügt Forte hinzu. Emotionen gehören zum Fussball. Man darf den Fans nicht böse sein.“
Angehoerige einer Sicherheitsfirma verhandeln mit vermummten FCZ Fans.
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FCZ Trainer Uli Forte, Zweiter links, verlaesst fluchtartig die Katakomben des Letzigrund Stadions, nachdem vermummte FCZ Fans am Mittwoch nach dem Super League Fussballspiel zwischen dem FC Zürich und dem FC Vaduz im Letzigrund Stadion in Zürich in die Katakomben des Fussballvereins eingedrungen sind.
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Den Fans nicht böse sein! Super-Fans also! Was soll das? Wie kommt Forte dazu, den Eklat schön zu reden? Wie kommt Forte dazu, sich vor die konfliktsuchenden FCZ-Anhänger zu stellen? Es ist ungeheuerlich. In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag zogen 500 teilweise vermummte Anhänger vom Letzigrund in die Innenstadt. Als die Stadtpolizei den Umzug stoppen wollte, bewarf der Mob mit noch rund 150 Randalierenden die Polizisten mit Steinen und brennenden Fackeln.
Die Polizisten setzten ihrerseits Wasserwerfer, Reizstoff und Gummischrot ein. Und als kurz darauf die GC-Fans im Hauptbahnhof mit einem Extrazug vom siegreichen Auswärtsspiel in Basel eintrafen, eskalierte die Situation erneut. Rund 100 vermummte GC-Fans suchten die Konfrontation mit den FCZ-Anhängern.
Es kam zu wüsten Szenen. Und FCZ-Trainer Uli Forte spricht von Emotionen, die zum Fussball gehören! Bei allem Respekt, Herr Forte: Sie sind am Mittwoch nicht nur mit dem FCZ abgestiegen.