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Nach der Quarantäne und mitten in der sich zuspitzenden Coronakrise zeigt sich FCB-Trainer Ciriaco Sforza besorgt. Und hinterfragt die Ligaweiterführung.
«Wenn es schlecht läuft, dann wären wir ja noch die einzigen zwei Teams, die ein Meisterschaftsspiel absolvieren würden», sagt Ciriaco Sforza. Im Konjunktiv. Denn als er seine Worte spricht, weiss er nicht, was zwei Stunden später bestätigt wird: Weil auch Servette und Lugano in Quarantäne müssen, ist das Spiel zwischen dem FC St. Gallen und dem FC Basel die einzige Partie der Super League, die durchgeführt wird an diesem Wochenende. Noch unwissend, dass dem so sein wird, fragt Sforza bereits: «Macht das so Sinn?»
Es ist eine Frage, die Ciriaco Sforza an diesem Freitagmittag öfters in der Raum wirft. Es ist mitnichten die einzige, aber die bedeutendste. Beeindruckendste. Denn sie zeigt: Der Trainer des FC Basel hinterfragt, was aktuell gerade passiert. Die Coronazahlen rasen rapide in die Höhe, der Fussballbetrieb läuft weiter, wenn auch unter widrigen Umständen und mit mittlerweile drei Teams in Quarantäne. Aus ebendieser ist der FC Basel erst seit Montag wieder draussen, nachdem in Folge eines positiven Testergebnisses fast die komplette Mannschaft in Quarantäne musste. Etwas, was erst zweieinhalb Stunden vor Anpfiff des Klassikers gegen den FC Zürich bekannt wurde. Der FCB war bereits angereist, alles angerichtet, die Spieler eingestellt.
Zehn Tage lang ruhte der Trainingsbetrieb folglich fast ganz, Sforza konnte mit einer Handvoll Spielern gezielt arbeiten, mehr nicht. Er versucht, den positiven Aspekt zu sehen, wie beispielsweise die intensive Auseinandersetzung mit dem nach einer langwierigen Verletzung wieder genesenen Raoul Petretta. Aber Sforza sagt eben auch: «Diese zehn Tage gehen nicht spurlos an uns vorbei. Das Ärgerliche ist, dass du alles wieder aufholen musst. Vor allem den Rhythmus, und das gegen einen Gegner, der regelmässig auf hohem Niveau spielen konnte.» Und daher müsse er, wenn er eine ehrliche Antwort geben solle, zugeben: «Das ist nicht fair. Wir wollen nicht jammern, aber es ist absolut nicht fair.»
Der 50-Jährige wolle damit nicht einen Unterbruch der Liga anstossen – «es ist nicht mein Recht, so etwas zu sagen» – und auch niemanden angreifen. Er wolle nur den Nachteil aufzeigen. Und darauf aufmerksam machen, dass man sich Gedanken machen müsse, Fragen stellen müsse. Fragen, die sich wohl alle Leute stellen, die den Sport in dieser so diffizilen Zeit verfolgen. Fragen nach dem Sinn und der Fairness. «Wenn jeden Tag wieder Leute positiv getestet werden, muss man sich schon Gedanken machen, ob der Schweizer Fussball so Sinn macht – als Ganzes. Auch wenn mir klar ist, dass es Verträge und Sponsorings gibt, die man einhalten muss.»
Sforzas innerer Zwist, den er erfrischend offen und ehrlich nach aussen trägt, ist einer, der wohl viele umtreibt in diesen Tagen. Er habe auch Mühe damit, dass man nicht wisse, ob man am Sonntag effektiv spiele. Oder noch deutlicher formuliert von Sforza: «Wir sprechen jetzt miteinander, aber wissen nicht einmal, was am Nachmittag passiert.» Die Ungewissheit, die Planungsunmöglichkeit, sie hängt wie ein Damoklesschwert über der Liga und der ganzen Lage. Für Sforza gibt es eine Möglichkeit, «damit alle wieder eine faire Chance haben: Wenn jede Mannschaft eine Vorbereitung hat und alle wieder bei null beginnen.»
Dass er dieses Szenario, welches einen Unterbruch bedeuten würde, als Trainer natürlich bedauern würde, muss er nicht zum Ausdruck bringen. Seine Körpersprache ist Zeichen genug. Immer wieder zuckt er mit den Schultern. Verwirft die Hände. Wirkt ratlos. Wie alle. Weil er sich vor allem auch als Mensch Sorgen mache. «Wir sind alle hier und gesund. Aber es gibt Leute, bei denen ist dieses Virus lebensbedrohlich. Wo führt das hin?», sinniert er. «Ist es nicht möglich, dass wir in der ganzen Schweiz die gleichen Regeln haben? Sind wir alle verschiedene Menschen oder hat jeder Kanton einen anderen Virus?»
Ja, man spürt, dass der Fussball eher etwas sekundär geworden ist, obschon Sforza auch noch den Gegner lobt, von der Vorfreude spricht und auch einmal lächelt, als er von den Fortschritten seines Teams redet. Aber er sagt auch: «Es ist für alle nicht einfach. Du darfst nicht zu viel überlegen und musst das Beste daraus machen.» Nur, was ist das Beste? Die Durchführung der Partie St. Gallen - Basel als einzige dieser Runde? Eine Pause? Es sind weitere Fragen, die nicht so einfach beantwortet werden können.