Startseite
Sport
Fussball
Zdravko Kuzmanovic wechselte einst von Basel zu Fiorentina. Zurück beim FCB gastiert er in der Europa League in Florenz.
Plötzlich sind die Sterne weit weg. Plötzlich ist der Mittwoch nur noch ein Reisetag. Ein Tag, an dem der eine oder andere Spieler des FC Basel abends im Hotel den Fernseher einschaltet und sieht, wie andere in der Champions League spielen. Plötzlich heisst die rotblaue Realität: Europa League.
Auch für Zdravko Kuzmanovic. Als er im Sommer nach mehr als acht Jahren in Italien und Deutschland wieder beim FCB landete,da tat er dies auch, weil die Königsklasse am Horizont lockte. Es kam anders. Mit Kuzmanovic hat das nicht viel zu tun. Oder eben doch, je nach Perspektive. Unmittelbar vor den beiden bisher wichtigsten Spielen der Saison, jenen in den Champions-League-Playoffs gegen Maccabi Tel Aviv, zog sich der28-Jährige einen Muskelfaserriss zu. Kuzmanovic, der neue Basler Chefstratege, musste tatenlos mitansehen, wie sein Team scheiterte – «das tat weh».
Jetzt findet sich Kuzmanovic mit dem FCB eben in Florenz wieder. Die Affiche kaum weniger reizvoll als manche vergangene in der Champions League. Für Basel, weil es auch gegen seinen ehemaligen Trainer Paulo Sousa spielt. Für Kuzmanovic, weil er als 19-Jähriger den FCB einst in Richtung Florenz verliess. Nun ist er zurück. «Wir sind da, um zu gewinnen», sagt er. Wird es ein Spiel auf Augenhöhe? «Ja, davon kann man ausgehen.» Und vor allem auch wird es «ein geiles Spiel.» Ob er selbst mittun kann? Das ist noch immer höchst fraglich. Die Signale des Körpers sprechen eher dagegen.
Die Geschichte des Fussballers Zdravko Kuzmanovic ist die Geschichte eines Unvollendeten. Natürlich, Kuzmanovic hat grosse Ligen gesehen, Italien und Deutschland, er stand bei der Fiorentina, in Stuttgart und bei Inter Mailand unter Vertrag. Natürlich, Kuzmanovic hat grosse Spiele bestritten, er war mit Serbien an einer WM. Aber jetzt, achteinhalb Jahre nach seinem Abschied aus der Super League, steht auf seiner Visitenkarte immer noch: Uhrencupsieger 2006. Uhrencupsieger 2010. Sonst nichts.
Krimi – oder eher Seifenoper?
Mit der Fiorentina stand Kuzmanovic einmal in einem Halbfinal der Europa League. Nie kam er einem Titelgewinn in seiner Karriere näher als damals im Mai 2008. 0:0 stand es gegen die Glasgow Rangers nach Hin- und Rückspiel, inklusive Verlängerung. Das Penaltyschiessen musste entscheiden. Kuzmanovic schoss als erster für die Fiorentina und traf. Zwei seiner Kollegen nicht. Aus der Traum.
Vielleicht ist Kuzmanovic gerade deshalb der ideale neue Chef im neuen, umgebauten FCB nach den Abgängen von Streller, Frei und Schär. Weil der Hunger nach Titeln ungebrochen ist. «Jetzt ist die Zeit dafür gekommen», sagt er lachend. Vielleicht in der Europa League, im Final in Basel («das ist natürlich ein riesiger Traum»). Ganz sicher in der Meisterschaft.
Es ist aber gewiss nicht so, dass Kuzmanovic irgendetwas in seiner Karriere bereuen würde. «Hätte mir jemand als Kind diesen Werdegang vorgeschlagen – ich hätte sofort unterschrieben.» Kuzmanovic weiss, worauf die Fragen zielen. Er hat sie in seiner Karriere schon manch einmal beantwortet. «Wer mit 19 Jahren und einer halben Saison als Stammspieler in den Beinen ins Ausland wechselt, der löst Zweifel aus. Aber das sind alte Geschichten. Sie haben mir gut getan. Ich schaue ganz gelassen zurück.»
Alte Geschichten? Vielleicht. Brisant sind sie ohne Zweifel. Weil der Wechsel von Kuzmanovic im Januar 2007 vom FCB zu Fiorentina unter grossem Getöse vonstatten ging. Die Story darf wahlweise als Krimi oder Seifenoper bezeichnet werden. Es ging natürlich um Geld und es ging auch um verletzte Eitelkeiten. Erst schien es, Kuzmanovic wechsle zu Palermo, plötzlich zürnte dessen Präsident ob den horrenden Lohn-Forderungen des Kuzmanovic-Clans. Ein paar Tage und ein Berater-Wechsel später kam Fiorentina zum Last-Minute-Handkuss. Hat sich Kuzmanovic über die Jahre mit seinem ehemaligen Berater ausgesöhnt? «Nein, wir haben uns nicht mehr gehört. Das ist auch ok so.»
Die Veränderungen beim FCB
Weitere zwei Monate später entscheidet sich Kuzmanovic dafür, künftig für Serbien anstatt die Schweiz zu spielen. «Damals hat die Schweiz nicht auf mich gesetzt. Und Serbien wollte mich im A-Team. Ich bereue meine Entscheidung nicht.» 51 Länderspiele hat Kuzmanovic absolviert. Die letzten vor knapp einem Jahr. Unter dem aktuellen Trainer Radovan Curcic kommt er jedoch nicht mehr zum Zug. Er sagt: «Für den Moment habe ich abgeschlossen mit dem Nationalteam. Es sind seit längerem auch keine Fortschritte mehr zu sehen. Ich konzentriere mich voll auf Basel.»
Damals und heute, was hat sich verändert beim FC Basel in dieser Zeit, die Kuzmanovic verpasst hat? «Ich spüre, wie über die Jahre das Selbstvertrauen von allen Exponenten im Klub gewachsen ist. Aber eigentlich ist das ja normal nach sechs Titeln in Serie.»
Was wäre heute Abend normal? Im ersten Spiel des FCB in der Europa League, dieser nirgends wirklich geliebten kleinen Schwester der Champions League? Ein Sieg? Eher nicht. Nur braucht das die Basler nicht daran zu hindern, gegen ihren Ex-Trainer über sich hinauszuwachsen.