Ob aus den eigenen Reihen oder vom Gegner - nach der tollen Leistung der Basler gegen Real Madrid gibt es Lob von allen Seiten. Real-Trainer Carlo Ancelotti erklärt den FC Basel gegen Liverpool sogar zum Favoriten.
Irgendwann sah sich Toni Kroos genötigt, etwas klarzustellen: «Wir haben gewonnen, dafür brauchen wir uns doch nicht zu entschuldigen.» Der deutsche Weltmeister in Diensten von Real Madrid lobte den FC Basel zwar dafür, im Vergleich zum Hinspiel (5:1) klar verbessert aufgetreten zu sein. «Sie haben es dieses Mal verstanden, die Räume zu schliessen.» Aus seiner Sicht wäre ein Unentschieden für den FCB möglich, ja verdient gewesen – sich für den Sieg rechtfertigen zu müssen, das war für Kroos dann doch zu viel des Guten.
Sein Zwischenruf kontrastierte mit der Stimmung im Tribünenbauch des St. Jakob-Parks. Nach dieser hätte man schliessen können, nicht Real, sondern das Heimteam hätte die eben beendete Partie gewonnen. Oder zumindest einen Punkt geholt. Zu gut hatte der FCB vor allem in der zweiten Halbzeit gespielt, als dass in diesem Moment die nackten Zahlen interessiert hätten.
Für einmal war Eigenlob angebracht. «Wir hatten ihre Konterstärke im Griff, das ist in dieser Saison nicht vielen gelungen», sagte Fabian Frei, am Mittwoch der überragende Organisator im Basler Mittelfeld. Philipp Degen konnte sich an kein Spiel erinnern, in dem Ronaldo so selten aufs gegnerische Tor schoss. Der Rechtsverteidiger erzählte, wie sich die Real-Stars je länger, je mehr untereinander angegiftelt hätten: «Das war, weil wir so gut gespielt haben.» Und der 17-jährige Breel Embolo sagte: «Auch Superstars sind nur Menschen. Wenn man sie unter Druck setzt, machen sie Fehler.»
Der Stolz, die Übermannschaft Europas bis aufs Äusserste gefordert zu haben, dominierte. Doch war bei den Baslern auch der Ärger herauszuspüren, den Siegeszug von Real nicht gestoppt zu haben. Trainer Paulo Sousa war gar «traurig, weil wir mehr verdient gehabt hätten». Zum grossen Coup fehlte seiner Mannschaft eigentlich nur eines: die Coolness im Abschluss. Bestes Beispiel die 67. Minute, in der Embolo Keylor Navas bereits umkurvt hatte, seinen Schuss aber einen Tick zu tief ansetzte und nur die Hände des Real-Goalies traf.
Das grösste Lob für die Leistung der Basler kam indes vom gegnerischen Trainer, von Carlo Ancelotti: 2007 zum Welttrainer gekürt, dreifacher Champions-League-Sieger, mehrmaliger Meister in Italien, England und Frankreich. Ein Mann von seinem Format hat es nicht nötig, den FC Basel nur anstandshalber zu loben. Und so gilt: Wenn der 55-jährige Italiener sagt, Basel habe mit viel Herz gespielt und sei eine sehr gut organisierte Mannschaft, dann meint er das auch so.
«Wir haben zwar etwas die Konsequenz vermissen lassen. Aber das lag auch daran, dass Basel physisch sehr stark aufgetreten ist.» Paulo Sousa nahm den Steilpass seines Kollegen gerne auf und sagte: «Ancelotti hat recht: Wir sind die Mannschaft, die Real Madrid in dieser Champions-League-Saison die grössten Schwierigkeiten bereitet hat.»
Ancelotti wurde auch gefragt, wen er denn im Achtelfinal-Duell zwischen Liverpool und Basel in der Favoritenrolle sehe. Und nun holte er zum Ritterschlag aus: «Ich denke, Basel ist derzeit in einer besseren Verfassung als Liverpool. Es ist zwar für jede Mannschaft schwer, an der Anfield Road zu bestehen, aber die Vorteile sehe ich beim FCB.»
Die Ausgangslage ist in der Tat verlockend. Ein Unentschieden gegen eine Mannschaft, die seit Wochen erfolglos den Weg aus der Krise sucht – und der FCB gehört zum dritten Mal in der Klubgeschichte zu den besten 16 Teams Europas. Nur: Genau gleich war die Situation vor einem Jahr, als die Basler nach dem famosen 1:0-Heimsieg gegen Chelsea voller Euphorie zu Schalke 04 reisten, sich dort aber die Fussballgötter gegen sie verschwörten und nur der bittere Gang in die Europa League blieb. Und dieses Jahr, Philipp Degen? «Wenn wir das Level halten, bin ich felsenfest davon überzeugt, dass wir in der Champions League überwintern.»