Fussball
FCL-Trainer Markus Babbel: «Ich dachte der Krieg bricht aus»

Von Rang 10 auf Platz 6: Der FC Luzern hat sich gut entwickelt, seit der 42-jährige Deutsche Markus Babbel die Mannschaft übernommen hat. Babbel spricht im Interview über sein erstes halbes Jahr beim FC Luzern.

.Markus Brütsch
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Markus Babbel gibt dem FC Luzern die Richtung vor – mit Erfolg.

Markus Babbel gibt dem FC Luzern die Richtung vor – mit Erfolg.

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Markus Babbel, klären wir das Wichtigste gleich zu Beginn: Gemäss «Blick» wollen Sie darauf verzichten, sich das FCL-Logo auf den Unterarm stechen zu lassen. Es heisst, Sie seien zu knausrig, um dafür zu bezahlen. Die Geschichte hat auch in deutschen Medien Wellen geworfen.

Markus Babbel: Ich musste schmunzeln, als ich davon hörte. Es stimmt, dass ich die Klublogos bisher umsonst erhalten habe. Richtig ist auch, dass ich hier in einem Tattoo-Laden gewesen bin, um einen Termin auszumachen. Aber es steht doch ausser Frage, dass ich dafür bezahlen werde.

Diese Verzögerung hat also nichts damit zu tun, dass Sie zuerst abwarten wollen, ob Ihr Vertrag verlängert wird?

Um mir dann in den Vertrag eine Klausel einbauen zu lassen, dass der FCL das Tattoo bezahlt ...?

... könnte ja sein. Jetzt aber ernsthaft: Sind Sie auch in der nächsten Saison der Trainer des FC Luzern?

Ich würde hier sehr gerne weiterarbeiten. Der Verein weiss das. Er will, und ich will. Die Zusammenarbeit ist von Respekt geprägt, das Teamwork mit Rolf Fringer angenehm. Wir werden uns in den nächsten Tagen zusammensetzen.

Nehmen wir mal an, dass Ihr Vertrag verlängert wird und die Resultate gut bleiben. Dann klopft bald ein Bundesligist an – und schon sind Sie weg. Wer den Bundesliga-Virus in sich trägt, kann diesem Ruf nicht widerstehen. Thorsten Fink hat dafür sogar den FC Basel verlassen.

Ich bin ein Mensch, der zu seinem Wort steht. Wenn ich sage, es gebe für mich keinen Grund, Luzern zu verlassen, dann meine ich das so.

Stadt und See sind schön. Als Trainer brauchen Sie aber gute Perspektiven.

Ich sehe ein grosses Potenzial. Dies ist eine riesige Antriebsfeder. Wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange.

Der FC Luzern ist die drittbeste Mannschaft der Rückrunde und hat die wenigsten Gegentore kassiert. Schliessen Sie daraus, dass dieses Team in der nächsten Saison vorne mitspielt?

Ich bin keiner, der zu weit nach vorne schaut. Die Liga ist eng. Klar, es gibt den FC Basel, den FC Bayern der Schweiz. Und dann mit YB noch eine Mannschaft mit viel individueller Klasse. Der Rest ist ausgeglichen. Es entscheiden Nuancen und die Tagesform. Das zeigt: Wenn wir Woche für Woche an unsere Leistungsgrenzen kommen, ist vieles möglich.

2:0 gegen GC, 2:1 in Basel und zuletzt ein 6:2 gegen den FC St. Gallen. Was sind die Gründe für den Aufschwung?

Ein wichtiger Punkt ist, dass wir im Winter eine Rückrundenvorbereitung nach meinen Vorstellungen machen konnten. Allmählich setzen sich nun auch meine Ideen durch. Gerade bei der Art von Fussball, die ich spielen will, geht dies nicht von heute auf morgen.

Sie basiert auf grosser Laufarbeit.

Ich bin hierhergekommen und habe festgestellt, dass wir physisch ein grosses Problem haben und nicht umsetzen können, was mir vorschwebt. Wir haben danach sehr hart gearbeitet und sehen jetzt, dass es Früchte trägt.

Allein die verbesserte Laufarbeit kann das Hoch aber nicht erklären.

Nein, aber sie ist die Basis. Als Spieler hatte ich einst von meiner Fitness gelebt. Wenn ich nicht fit war, hat es gruselig ausgeschaut. Will ich taktisch einen guten Fussball spielen, muss ich in einer extrem guten körperlichen Verfassung sein. Im Herbst waren wir teilweise nach sechzig, siebzig Minuten stehend k. o. Eine Schlussphase wie vor einer Woche in Basel hätten wir vor ein paar Monaten noch nicht schadlos überstanden.

Sie haben seit Ihrer Ankunft mit dem Rücktritt von Sportchef Alex Frei, der bevorstehenden Demission von Nachwuchschef Andy Egli und anderen Abgängen turbulente Zeiten erlebt.

Das bin ich mir doch gewohnt. Ich habe 16 Jahre Bayern München überstanden, und Berlin war auch nicht ohne. Ich gehe mit solchen Dingen entspannt um.

Betreffend Unruhe ist der FC Luzern bundesligareif.

Ja, aber er lebt eben. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein Verein einschläft. Der FCL ist den Leuten nicht egal. Sie machen sich viele Gedanken. Sie reden auch viel, und leider kommen aus dem Verein manchmal auch Interna an die Öffentlichkeit, was kontraproduktiv ist. Luzern ist halt emotional.

Gute Resultate beruhigen.

Sie helfen, klar. Die Geduld ist hier ja nicht so da. Bei aller Emotionalität: Es ist wichtig, dass wir Ruhe in den Verein bekommen haben. Nur so ist ein gezieltes Arbeiten möglich.

Als Sie im Oktober Ihren Job in der Schweiz angetreten haben, klangen Sie euphorisch. Für unsere Ohren zu euphorisch für einen Bundesligatrainer, der in der Schweiz arbeiten «muss».

An meiner Euphorie hat sich nichts geändert. Die Liga ist sehr interessant. Wir sehen hervorragende Teams und Spieler. Mir imponiert der FC Thun. Was dieser aus seinen Möglichkeiten macht, ist toll.

Womit hatten Sie nicht gerechnet?

Überrascht hat mich die Aggressivität der Fans in den Stadien. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nicht so viel Pyrotechnik gesehen wie hier. Es ist ein Wahnsinn, was da abgefeuert wird. Wie die Monsterkanonenschläge in Zürich. Ich sass auf der Bank und dachte: Jetzt bricht gleich der Krieg aus.

Kann im Abstiegskampf bei zehn Punkten Vorsprung auf Aarau noch etwas schiefgehen?

Das 6:2 gegen St. Gallen war für mich nicht diese Topleistung wie für viele andere. Ich sehe keinen Grund, warum wir uns jetzt in die Arme fallen sollten. Im Gegenteil. Ich werde einen Teufel tun, etwas schleifen zu lassen. Ich bin permanent dabei, die Sinne zu schärfen: Hey, das ist noch nicht durch. Wir müssen weiter Gas geben.

Ist der FC Aarau als Absteiger gewählt?

Auf keinen Fall. Aarau verliert beim Amtsantritt des neuen Trainers in Basel 0:6 und gegen Sion 0:1, befreit sich dann in Vaduz und punktet gegen Zürich und YB. Allerdings: Für den FC Aarau ist die Partie gegen uns schon so etwas wie ein Spiel der letzten Chance.