FC Basel
FCB-Stürmer Andraz Sporar und die Ultras

Mit seinen 17 Toren hat Andraz Sporar viel zum Meistertitel von Olimpija Ljubljana beigetragen. Auch nach seinem Wechsel zu Basel bleibt er in Ljubljana ein Held. Während seiner Verletzungspause stimmt der 22-Jährige zu einem Schmähsong in seiner Heimat an.

Sébastian Lavoyer
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Andraz Sporar (oben) applaudiert den Olimpija-Fans im Ultra-Pullover der Green Dragons.

Andraz Sporar (oben) applaudiert den Olimpija-Fans im Ultra-Pullover der Green Dragons.

Nikola Miljkovic

Stellen Sie sich vor, Marco Streller würde im Kapuzenpullover der Muttenzerkurve mitten auf dem Spielfeld im St. Jakob-Park stehen. In der Hand ein Mikrofon. Über die Stadionlautsprecher ertönt seine Stimme. Er begrüsst die Basel-Anhänger, dann stimmt er einen Song an, der den Erzrivalen FC Zürich aufs Gröbste beleidigt. Die FCB-Fans würden ihn feiern, aber vom Rest der Öffentlichkeit wäre der Sturm der Entrüstung gewiss.

Ähnlich wie Marco Streller verbindet Andraz Sporar (22) mehr mit seinem Stammverein als ein Vertrag. Er liebt Olimpija Ljubljana aus tiefstem Herzen. Hier spielte sein Vater Miha, war Captain, Innenverteidiger, Klublegende. Der kleine Andraz wurde quasi in die Fankurve hineingeboren. Noch heute postet er hin und wieder Fotos seiner grossen Liebe auf Instagram.

So weit, so problemlos. Doch am 7. Mai 2016 nimmt seine Liebe zu Olimpija groteske Züge an. Kurz zuvor ist der FCB fünf Runden vor Schluss Meister geworden. An diesem Abend spielen die Basler gegen den akut abstiegsgefährdeten FCZ. Mit dem Treffer zum 3:2 versetzt Breel Embolo damals dem FCZ einen herben Dämpfer im Abstiegskampf.

«Es war lächerlich»

Embolos designierter Nachfolger, Andraz Sporar, kämpft zu der Zeit noch immer mit jener Fussverletzung, die ihn für mehr als ein halbes Jahr ausser Gefecht setzte, nachdem sie beim Medizincheck in Basel übersehen worden war. Er ist auf Heimaturlaub. In Ljubljana. Beim Derby zwischen Olimpija und Maribor. Mit einem Sieg hätte sein Herzensklub den ersten Meistertitel seit 21 Jahren so gut wie im Sack. Und was macht Sporar? Im Pullover der Green Dragons, der grössten Ultra-Gruppierung Ljubljanas, steht er mitten auf dem Platz. In der Hand ein Mikrofon. Er grüsst die 14 500 Fans im Stožice-Stadion, sie feiern ihn. Dann stimmt er einen Fan-Song an, nicht irgendeinen, sondern einen beleidigenden. Mitunter heisst es darin sinngemäss: «Lasst uns die Hände heben, denn Maribor ist tot. Und weil sie tot sind, können sie nie mehr Meister werden.» Nach diesem Auftritt ging er kurz in die Kurve, stimmte denselben Song noch einmal an.

Andrej Miljkovic ist dabei, als all dies geschieht. Er ist Fussballreporter der slowenischen Zeitung «Ekipa24». Miljkovic: «Es war einfach nur lächerlich. Denn Maribor wurde zuvor fünfmal in Serie Meister. Und sie gewannen an diesem Abend.» 2:1 siegen die Gäste, schliessen drei Runden vor Schluss punktemässig zum Leader Ljubljana auf.

Olimpija sichert sich den Titel letztlich doch noch. Und Sporar hat mit seinen 17 Toren in der ersten Saisonhälfte, bevor er im Dezember nach Basel wechselte, einen wesentlichen Teil dazu beigetragen. Dafür vergöttern ihn die Fans. Und für seine direkte Art. Als er eine knappe Woche später vom Online-Portal Nogomania.com gefragt wird, ob er seinen Auftritt beim Derby bereue, sagte er: «Ich bereue nichts, ich bin stolz. Ich würde es wieder tun. Ich habe gehört, dass es Probleme geben könnte, wenn ich mal mit dem Nationalteam nach Maribor käme. Das kümmert mich nicht, ich mag Maribor nicht.»

Der slowenische Nationalcoach Srecko Katanec weiss von diesem Fauxpas. Zur «Schweiz am Sonntag» sagt er: «Das war dumm von ihm. Es war vielleicht lustig für die Fans von Olimpija, aber ganz sicher nicht für jene von Maribor.» Hat sich Sporar mit der Aktion gar eine Zukunft im Nationalteam verspielt? «Solange er nicht spielt, ist er kein Thema», sagt Katanec. Und: «Aber wenn er mal zehn Tore geschossen hat, rufe ich ihn an, keine Frage. Wir haben nicht viele Spieler mit seinem Potenzial.»

Die Fähigkeiten von Sporar sind unbestritten. Letzten Mittwoch gab er nach fast siebenmonatiger Verletzungspause sein Comeback beim Testspiel gegen Wohlen (2:3-Niederlage für den FCB), erzielte ein Tor und bereitete eines vor. Urs Fischer sagte danach: «Seine erste Halbzeit war gut, denke ich. Dann merkte man, dass die Kraft fehlt. Aber das ist kein Wunder, wenn man fünf, sechs Monate keinen Wettkampf bestreitet. Das kann man nicht mit fünf Wochen Training aufholen.»

Shopping in Zürich

Diesen Sonntag soll Sporar mit der U21 gegen La Chaux-de-Fonds spielen. Sein erster Ernstkampf seit seinem bisher einzigen Kurzauftritt für den FCB beim 4:0 gegen GC Anfang Februar. Man darf davon ausgehen, dass die Verantwortlichen des FC Basel nicht gerade erfreut waren über den Auftritt von Sporar in seiner Heimat. Auf Anfrage schreibt Sportchef Georg Heitz per SMS: «Der Vorfall ist uns bekannt, weil uns der Spieler sofort darüber informierte. Die sportliche Leitung des FCB hat die Angelegenheit dann mit dem Spieler besprochen und bereinigt.»

Amir Ruznic, Sporars Berater, sagt: «Für mich ist das Wichtigste, dass er zurück ist. Er ist ein Top-Stürmer. Der Rest ist nur Bullshit Ihrer Kollegen in Slowenien.» Für Sporar selbst bleibt zu hoffen, dass er seine Qualitäten bald im St. Jakob-Park zeigen kann. Denn treffsicher hat er sich in der Schweiz bisher vor allem beim Tritt in die Fettnäpfchen gezeigt: Kaum angekommen in Basel, postete er ein Bild von sich nach dem Shopping in Zürich. Die FCB-Fans liefen Sturm. Das könnte sich schnell ändern, wenn er diese Treffsicherheit auf dem Platz unter Beweis stellt. Mit der Nummer 9, der Nummer von FCB-Legende Marco Streller.