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Man könnte es sich relativ einfach machen. Man könnte dieses Jahr, dieses so lange, mühsame, beängstigende und traurige 2020 als Jahr des Virus abstempeln. Als eines, in dem alles schlicht Corona geschuldet ist.
Aber ganz so einfach ist es eben nicht. Nicht auf der Welt und auch nicht im rotblauen Kosmos des FC Basel. Klar: Da waren Zwangspausen, wie sie der Fussball noch nie gesehen hat – und hoffentlich auch nie mehr sehen wird. Da war ein Verein, der plötzlich Kurzarbeit anmelden musste, dem der Alltag komplett wegbrach, der fast das ganze Jahr vor leeren Rängen und schliesslich einer Minus-Rekord-Kulisse agieren musste. Da war ein Klub, der in einer Bubble nach Kroatien reisen und plötzlich darüber debattieren musste, ob er seine kostspieligen Akteure noch zwei Monate länger behalten möchte, nur um die schier unmenschlich hohe Belastung irgendwie auf so viele Beine wie möglich verteilen zu können. Und da war ein FCB, der plötzlich wegen Löhnen und deren coronabedingter, auf drei Monate befristeter Kürzung streiten musste.
All das waren Herausforderungen, die auch die Klubs aus Luzern oder Lausanne, Sion oder Servette meistern mussten. Aber fast nirgends war ihre Handhabung so symptomatisch für die Probleme im Klub wie beim FCB. In diesem Jahr kumulierten sich die Differenzen. Zwischen dem Präsidenten und dem CEO. Dem Präsidenten und dem Mitinhaber. Der Vereinsleitung und dem Trainer, den Spielern oder dem Sportchef. Es schien, als brachten 2020 und dieser Virus alles an die Oberfläche, was in diesem Klub seit langem schwelt.
In einem Communiqué wurden die Spieler als unwillig dargestellt, grosszügig auf Lohn zu verzichten. Die Spieler konterten via soziale Medien. Eine Müsterchen innerer Konflikte eines einstigen Vorzeigeklubs, die an der Öffentlichkeit ausgetragen wurden. Es ist eines von vielen Beispielen, das zeigt, dass der FCB nicht mehr dieser perfekte Verein ist, der er mal war. Er verlor zeitweise seine kommunikative Hoheit, versäumte es, seinem Trainer den Rücken zu stärken, und schien seinen Weg zu suchen. Neben, aber öfters auch auf dem Platz. Ein dritter Platz in der Liga am Ende der vergangenen Saison und ein Ligastart in der aktuellen, der so schlecht ist, wie seit 14 Jahren nicht mehr, sind die nackten Fakten. Flankiert vom Aus in Europa in der Qualifikation. Negative Schlagzeilen, die dieses Jahr aufgrund seiner historischen Statistiken unvergesslich machen.
Aber es gab 2020 eben auch positive Exploits. Das Erreichen eines Cupfinals, aber vor allem des Viertelfinales in der Europa League. Ein Effort, der einem Klub aus einer immer schwächer werdenden Liga kaum mehr jemand je zugetraut hätte. Resultiert daraus ist ein Gewinn, der gepaart mit Spielerverkäufen den Verein tatsächlich mit einer schwarzen Null aus diesen zwölf Monaten kommen lässt, in denen jedes Heimspiel einen finanziellen Verlust bedeutete.
So wirkt es, als hätte der FCB neben dem Spielfeld die Kurve mit zunehmender Dauer des Jahres gekriegt. Er agiert zwar ohne Sportchef, aber tätigt clevere Transfers. Er ist wieder Herr seiner öffentlichen Darstellung. Und der Präsident hat eingesehen, dass er zumindest seine Rolle als oberste Führungsperson des Vereins FC Basel abgeben muss.
Auf dem Platz aber krankt die Mannschaft weiter. Spielte sie vergangene Saison über ihren Mitteln, so bleibt sie seit Wiederbeginn oftmals darunter. Zu dominant die Inkon stanz, zu wenig ersichtlich oder nachvollziehbar die Ideen des neuen Trainers, der so viel Macht geniesst wie vor ihm wohl zuletzt Christian Gross.
Klar, die Umstände sind auch so diffizil wie wohl nie zuvor. Keine Vorbereitung, die Coronasituation, mentale und physische Erschöpfung allenthalben. 2020 war hart. Für alle. Darum ist es manchmal schwierig, dem Sport so viel Gewicht zu geben.
Aber: Jetzt, wo im rotblauen Kosmos zumindest operativ der Weg wieder gefunden wurde, muss dies auch fussballerisch passieren. Denn sollte sich die epidemiologische Lage bald beruhigen, muss der FC Basel beweisen, dass er sportlich wieder dort hinkommen kann, wo er hingehört und wo er sich selber sieht. Denn irgendwann sind ein coronagesteuerter Kalender und virusbedingte Probleme keine Ausrede mehr. Dann ist der Sport wieder die wichtigste Nebensache der Welt. Und der FCB wird wieder ganz ohne mildernde Umstände betrachtet und analysiert.