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19. Novemeber 2011: Das Spiel Köln-Mainz wird abgesagt. Grund: Der Schiedsrichter hat sich im Hotelzimmer die Pulsadern aufgeschnitten. Heute spricht Babak Rafati darüber, wie ihn der Fussball fast das Leben kostete und darüber, wie er anderen hilft, diesem Sog zu entkommen.
Babak Rafati hat nie an den Tod gedacht. Er wollte nur, dass es aufhört. 18 Monate lang hatte er gelitten bis zu jener Nacht im November 2011.
Da wurde ihm plötzlich alles klar. Wie «unmenschlich» er von seinen Vorgesetzten behandelt worden war. Und dass er es verpasst hatte, zu verstehen, weshalb es so weit kommen konnte. «Dass ich ja selbst schuld bin.»
«Ich hätte in dieser Nacht am liebsten die Tür öffnen und in die Welt hinaus brüllen wollen: Ich wollte doch nur als Mensch behandelt werden», sagt er.
Stattdessen stieg er in die Badewanne und schnitt sich die Pulsadern auf.
Seine Assistenten fanden ihn. Sie retteten ihm das Leben. Doch alles, was Babak Rafati fühlte, als er wieder aufwachte, war Scham. «Ich war brutalst enttäuscht, dass das nicht geklappt hat», erzählt er heute, fünf Jahre später, in der Sendung «TalkTäglich» auf Tele Züri.
«Ich hatte Wochen vorher schon das Gefühl, dass ich das nicht mehr schaffe auf dem Platz», schildert er. Und doch ging er zur Arbeit. «Eine starke Rolle» habe er geglaubt, vertreten zu müssen – gerade als Mann.
«Wie hätte das ausgesehen, wenn ich mich hingestellt hätte und gesagt hätte, ich schaffe das nicht, ich bin schwach?» Brutaler noch: «Mir war klar, dass sich niemand meine Sorgen anhören wollte.»
Diese negativen Gefühle hat Rafati mittlerweile hinter sich gelassen. «Ich pfeife auf den Tod - wie mich der Fussball fast das Leben kostete» heisst der Titel seines Buches, das 2013 erschienen ist.
Babak Rafati ist heute Mentalcoach, Stressmanager, Referent. Seine Kernthemen: betriebliches Gesundheitsmanagement und positive Psychologie.
Gerade im Profifussball seien Depression und Burnout weit verbreitet, sagt er. «Das Grundproblem ist, dass die Mentaltrainer nicht an den Problemen und Schwächen arbeiten, sondern daran, dass man noch zwei Prozent mehr herauskitzelt, an die Leistungsgrenze geht.» Er selbst sieht sich als Ergänzung dazu.
Bei einem Verein kann er aber nicht arbeiten. «Weil der deutsche Fussballverband noch immer denkt, dass ich jemanden, der damals beteiligt war, anklage.»
Dem sei aber nicht so. «Ich bin verantwortlich dafür, was damals passiert ist, ich habe es zugelassen. Und deshalb möchte ich einfach weitergeben, dass wir das alles selbst steuern können.» (smo)