Fussball
Wie Murat Yakin mit den Problemen vor seinem Nati-Debüt umgeht

Die Schweizer Nati muss in der WM-Qualifikation und im Testspiel gegen Griechenland ohne Shaqiri, Embolo und Gavranovic auskommen – wie reagiert der neue Nationaltrainer Murat Yakin?

Etienne Wuillemin
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Aller Anfang ist schwer, heisst es. Aber manchmal ist es noch ein wenig komplizierter. Wenn Murat Yakin heute im Basler
St. Jakob Park gegen Griechenland (20:45 Uhr, live SRF2) zum ersten Mal als Nationaltrainer an der Seitenlinie steht, dann muss er eine Schweizer Mannschaft betreuen, die ziemlich dezimiert ist.

Trotz Absagen: Der neue Nationaltrainer Murat Yakin schaut seinem Debüt zuversichtlich entgegen.

Trotz Absagen: Der neue Nationaltrainer Murat Yakin schaut seinem Debüt zuversichtlich entgegen.

Urs Lindt / freshfocus

Seit gestern ist nämlich klar, dass gleich drei Offensiv-Tenöre nicht zur Verfügung stehen. Xherdan Shaqiri, Breel Embolo und Mario Gavranovic sind alle vorzeitig aus dem Nati-Camp abgereist. Shaqiri und Embolo sind zu wenig fit, Gavranovic zog sich im Training am Montag eine Wadenverletzung zu. ­Zusammen haben sie an der EM fünf der acht Nati-Tore erzielt.

Vor allem die Absenz von Shaqiri kommt überraschend. Vor wenigen Tagen wurde sein Transfer von Liverpool zu Lyon fix, es ist ein cleverer Wechsel in der Hoffnung, endlich mehr Spielpraxis zu erhalten. An einer Verletzung laboriert Shaqiri nicht und doch lief die Vorbereitung nicht optimal. ­Nati-­­Trainer Yakin sagt:

«Xherdan weist Trainingsrückstand auf. Er konnte noch nicht intensiv trainieren. Das Risiko, ihn jetzt einzusetzen, wäre zu gross.»

Und Shaqiri selbst? Er meldet via Communiqué des Fussballverbands: «Ich habe zuletzt individuell trainiert und deshalb noch nicht den nötigen Wettkampf­rhythmus. In Absprache mit ­Murat Yakin und meinem Verein haben wir entschieden, dass ich nach Lyon zurückkehre, um mich für die nächsten Aufgaben im Verein und auch in der Nati vorzubereiten.» Ein paar warme Worte hat er Shaqiri auch noch übrig:

«Es war mir wichtig, die ersten zwei Tage des Zusammenzugs in Basel zusammen zu verbringen, den Start mit unserem neuen Trainer mitzumachen und meine Teamkollegen wiederzusehen.»

Bis ihn die Fans allerdings in einem Schweizer Stadion spielen sehen, müssen sie sich noch gedulden. Dabei verlief die EM ziemlich verheissungsvoll. Mit jedem Spiel wurde Shaqiri besser, überzeugte zuletzt auch mit seinem Laufpensum. Es war, als wäre all die Lust am Fussball, die zuvor irgendwo in Liverpool etwas verloren gegangen war, wieder zurückgekehrt.

Lachen ja - Fussball nein: Breel Embolo und Xherdan Shaqiri sind noch zu wenig fit für die Nati.

Lachen ja - Fussball nein: Breel Embolo und Xherdan Shaqiri sind noch zu wenig fit für die Nati.

Claudio Thoma/Freshfocus

Bei Breel Embolo dagegen ist die Abreise keine allzu grosse Überraschung. Auch er zeigte eine starke Europameisterschaft, verletzte sich dann aber im Viertelfinal gegen Spanien nach wenigen Minuten. «Nach acht Wochen Pause macht eine Vollbelastung jetzt keinen Sinn», sagt Yakin.

Umso ärgerlicher ist darum die Verletzung von Mario Gavranovic. «Unglücklich», nennt sie Yakin. Er, der die Schweiz im Achtelfinal gegen Frankreich mit seinem wunderbaren Tor in der 90. Minute den Weg für den grossen Coup ebnete, wird nach seinem Wechsel in die Türkei zurückgeworfen.

Wie fit ist Seferovic nach seiner Verletzung schon?

Wer soll nun die Tore schiessen? Das ist die bange Frage dieser Tage. Einer aus dem Quartett der Schweizer EM-Torschützen bleibt noch übrig. Haris Seferovic. Dieser traf wie Shaqiri dreifach – hat sich aber zu Saisonbeginn mit Benfica Lissabon leicht verletzt. Am vergangenen Sonntag kehrte er nun zurück, vorerst für einen Teileinsatz von 15 Minuten. «Das war wichtig», sagt Yakin, «nun geht es bei ihm darum, die Belastung richtig zu steuern.»

Haris Seferovic.

Haris Seferovic.

Georgios Kefalas / KEYSTONE

Nein, es ist keine Ausgangslage, die sich ein neuer ­Nationaltrainer zum Start wünscht. Nun ist Yakin aber nicht einer, der Herausforderungen verachtet. Im Gegenteil. Häufig genug hat er in seiner Trainer-Karriere bewiesen, daran zu wachsen. Der Test gegen Griechenland dient Yakin dazu, einiges auszuprobieren. Vielleicht schlägt ja die Stunde eines jungen Angreifers wie Andi Zeqiri oder Dan Ndoye, der leihweise zum FC Basel wechselte und nachnominiert wurde.

Was plant Yakin mit Renato Steffen?

Als Alternative für Shaqiri könnte sich auch Renato Steffen aufdrängen. Er ist quirlig, bissig und durchaus torgefährlich – und wartet eigentlich seit jeher auf eine echte Chance in der Nati. Die EM verpasste Steffen verletzt. Auch Ruben Vargas oder Christian Fassnacht könnten in der Hierarchie aufsteigen.

Renato Steffen.

Renato Steffen.

Urs Lindt / freshfocus

Es ist jedenfalls nicht so, dass die Absagen seines Offensiv-Trios Murat Yakin Sorgenfalten beschert hätten. Er macht auf dem Podium im Basler Stadion einen gelassenen Eindruck. Und erklärt: «Ich bin sicher, wir haben eine Mannschaft mit viel Qualität.» Nur einmal, ganz am Schluss, bricht es doch noch aus ihm heraus: «Ich habe immer gesagt: Lieber Spiele als Trainings, darum freue ich mich sehr auf die Partie gegen Griechenland. Aber es ärgert mich sehr, dass ich nur sechs Wechsel vornehmen kann.»

Eines ist trotzdem klar: So richtig ernst gilt es für die Schweiz dann am Sonntag. Dann, wenn Europameister Italien in Basel zu Gast ist. Es könnte bereits das wegweisende Spiel in dieser WM-Qualifikation sein.