Nach zwei Jahren steht GC vor der Rückkehr in die Super League – wie tickt der Klub nach der Übernahme der Investoren aus China? Eine Spurensuche.
Wird irgendwann wieder alles normal? So wie früher? Es ist die Frage, die zu Corona-Zeiten die ganze Welt beschäftigt. Es ist aber auch eine Frage, die besonders gut zu den Grasshoppers passt.
Gut ein Jahr ist vergangen seit GC nach China verkauft wurde. Es war ein viel beachteter Deal, einer der Fragen aufgeworfen hat. Vor allem diese: Verkauft GC seine Seele?
Wir treffen in Niederhasli Shqiprim Berisha. «Ich bin Jimmy – das ist einfacher», stellt er sich vor. Bevor er, adrett gekleidet und bestens gelaunt vom neuen GC erzählt. Berisha ist der «Managing Director» der Grasshoppers. Er war es, der den Kontakt zum portugiesischen Spielerberater Jorge Mendes hergestellt hatte und auch für die Chinesen Mittelsmann war, um den Kauf den Kauf der Grasshoppers voranzutreiben.
Wohin das «Projekt GC» führen soll, das wird im Gespräch ziemlich schnell klar. «Zurück an die Spitze!», sagt Berisha. Eine klare Vorgabe, wann GC wieder Schweizer Meister sein soll, gibt es zwar nicht, aber das Wort «Meister» dürfe durchaus wieder vorkommen im GC-Vokabular. Berisha sagt: «GC ist ein schlafender Riese, der jetzt Futter braucht.» Und weiter: «Ich spreche gerne von Meilensteinen und Visionen. Der Aufstieg ist nun der erste Meilenstein. Für die Vision eines nächsten Meistertitels müssen wir die Mannschaft dann stets weiterentwickeln.»
Keine Frage: Der Aufstieg in dieser Saison muss gelingen. Vier Punkte Vorsprung sind es vier Runden vor Schluss. Sollte das Team den Aufstieg doch noch vermasseln, so wäre das eine ziemliche Sensation.
Doch die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass bei GC – ganz egal, wie die Saison zu Ende geht – erneut viele Wechsel anstehen. Die Zukunft von Trainer Pereira ist ungeklärt. Viele Spieler sind nur leihweise im Verein. Das jetzige Kader würde in der Super League kaum genügen.
Eines hört man in diesen Tagen im Umfeld von GC immer wieder: Dass Berisha nur ein Handlanger sei, um auszuführen, was die Besitzer in China und die Beratungsagentur Mendes will. Dass sogar Präsident Sky Sun nur ein Entsandter sei, um zu kontrollieren, wie die Befehle umgesetzt werden.
Weil sich die Investoren selbst lieber um die Wolverhampton Wanderers kümmern, ihren Premium-Fussballklub in England, der seit der Übernahme im Sommer 2016 eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich hat. Wolverhampton schaffte erst den Aufstieg in die Premier League, danach gleich zweimal den siebten Rang.
Berisha lassen diese Stimmen kalt. Er sagt: «Alle wollen Beziehungen zu Wolverhampton und Mendes – wir haben sie.» Die Entwicklung von Wolverhampton ist für ihn bester Beweis für die Kompetenz der Investoren. «Ihr Beispiel gibt uns viel Zuversicht.»
Das Gespräch neigt sich dem Ende zu. Ein kleines Anliegen hat Berisha noch, bevor er sich verabschiedet. «Wenn Sie ein Foto von mir veröffentlichten, dann bitte dieses. Da ist das Stadion Hardturm im Hintergrund. Da gehören wir nämlich hin.» Das Bild ist kein klassisches Porträt-Foto, sondern eine Art Gemälde, GC hat es extra erstellt.
Die Reise geht weiter an die Zürcher Bahnhofstrasse. Hier ist jene Anwaltskanzlei beheimatet, an der Andras Gurovits als Partner beteiligt ist. Gurovits ist der verbliebene Mann aus der alten GC-Führung. Er ist Präsident der Grasshopper Fussball Stiftung und weiterhin einer von drei GC-Verwaltungsräten.
«Das ist nicht die Mehrheit», sagt er und lacht. Ihm ist klar, dass die neuen Leute das Sagen haben. Stören tut es ihn nicht. «Ich nehme mir aber die Freiheit, meine Meinung zu sagen. Und auch einmal den Finger auf einen wunden Punkt zu legen.»
Gurovits glaubt an das neue GC. Aber ziemlich schnell einmal sagt er: «Ich kann die vielen Fragen aus dem Umfeld gut verstehen. Wenn ich die neuen Besitzer nicht kennen würde, hätte ich vielleicht auch Vorbehalte.» Gurovits versichert: «Bis jetzt haben sie die Verträge eingehalten.» Das Geld fliesst also.
Für GC schon einmal eine gute Nachricht. In der Vergangenheit war das auch schon anders. «Vor knapp zwei Jahren waren wir praktisch klinisch tot und hatten bereits einen Plan zur Liquidation. Es war knapp!» In der Abstiegssaison 2018/19 war das. Ehe der ehemalige Präsident Stephan Anliker und Geldgeber Peter Stüber doch noch ein Notbudget akzeptierten und eine Defizitgarantie von sechs Millionen Franken sprachen.
Die Chinesen haben Hoffnungen und Erwartungen bis anhin also erfüllt. Gurovits sagt aber auch: «Das Tempo, das sie mit den Erneuerungen angeschlagen haben, war ziemlich hoch. Die Herzen der Fans abzuholen, ist auch wichtig.» Auch, dass ihn Berisha in dieser Saison am liebsten losgeworden wäre, trägt Gurovits mit Fassung. «Wichtig ist, dass wir das abgehakt haben. Verschiedene Meinungen gibt es in der Geschäftswelt, das ist normal.» Auch Berisha bestätigt die Aussprache.
Zurück in den GC-Campus. Petar Pusic sitzt in einem Sitzungszimmer. Obwohl erst 22-jährig, ist Pusic so etwas wie die letzte verbliebene Identifikationsfigur. Seit der U12 hat er alle Juniorenstationen bei GC durchlaufen. Seit vier Jahren ist er in der ersten Mannschaft. «Es war nicht immer einfach», blickt er zurück. «Manchmal wusste niemand, wie es weitergehen soll. Es war immer Unruhe.»
Pusic ist auch nach dem Abstieg bei GC geblieben, obwohl er Angebote hatte. Er zog es vor, eine wichtigere Rolle zu übernehmen, anstatt die Farben zu wechseln. «Die erste Saison in der Challenge League war eine gute Erfahrung. Mit der zweiten reicht es nun dann auch. Aber ich bin überzeugt, dass sich die Erfahrungen auszahlen, für mich persönlich wie auch für den Klub.»
Vier Spiele noch. Das erste heute Abend gegen Stade Lausanne Ouchy. Danach soll GC endlich wieder in der höchsten Spielklasse sein.