Die vierfache Grand-Slam-Siegerin Naomi Osaka schweigt. Nicht aber ihre Schwester Mari. In einem inzwischen wieder gelöschten Beitrag auf der Online-Plattform «Reddit» verteidigt sie ihre Schwester.
Naomi Osaka wollte während der French Open vor allem eines: ihre Ruhe. Doch mit ihrer Ankündigung, sich den verpflichtenden Medienterminen nach den Spielen zu entziehen, hat sie genau das Gegenteil bewirkt. Osaka spricht zwar nicht, dafür sprechen alle über sie. Die 23-jährige Japanerin hatte ihren Schritt damit begründet, die Termine würden ihrer psychischen Gesundheit schaden. Sie beklagte, die Fragen würden oft Zweifel in ihr auslösen. «Aber ich bin nicht bereit, mich Leuten zu unterwerfen, die an mir zweifeln.» Sie wolle bewirken, dass der psychischen Gesundheit mehr Aufmerksamkeit geschenkt werde. Die Busse nehme sie gerne in Kauf.
Die erste Quittung: 15'000 Dollar Busse und ein gemeinsames Statement der vier Grand-Slam-Turniere, die Osaka im Wiederholungsfall mit dem Ausschluss aus dem laufenden und weiteren Major-Turnier drohen, sollte sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Man habe das Gespräch gesucht, doch Osaka habe den Dialog verweigert. Die Japanerin verschaffe sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, wenn sie Verpflichtungen nicht nachkomme. «Aber die Regeln gelten für alle gleichermassen - und zwar unabhängig von Status, Überzeugungen und Erfolgen», heisst es.
Nun schaltete sich auch Osakas Schwester Mari ein, die bis Anfang Jahr selber noch auf Profi-Stufe Tennis spielte, allerdings mit überschaubarem Erfolg. Auf der Online-Plattform «Reddit» erklärte sie in einem langen Beitrag, Osaka sei «scheisse darin, ihre Handlungen zu erklären», weshalb sie das nun tue. Demnach habe ein Familienmitglied gesagt, Osakas sei schlecht auf Sand. Das habe sie zutiefst erschüttert. Wie zuletzt in Rom die Niederlage in der ersten Runde. «Ihr Selbstvertrauen war erschüttert und Naomi begann selber zu glauben, sie sei eine schlechte Sandspielerin.»
Osaka hat die US Open und die Australian Open je zwei Mal gewonnen, in Roland Garros kam sie aber noch nie weiter als in die dritte Runde. Ihre Schwester Mari glaubt, dass sie auch die French Open gewinnen kann. «Doch um das zu schaffen, muss sie selber daran glauben. Deshalb hat sie sich dazu entschieden, alles Negative auszublenden und jene Menschen abzublocken, die Zweifel in ihr auslösen», schreibt Mari. Naomi Osaka selber sagte, es gehe ihr auch darum, das System zu verändern, das von allen Athletinnen und Athleten verlangt, sich den Fragen der Medien zu stellen. Schwester Mari widerspricht dem, zumindest indirekt. Sie schreibt:
«Sie versucht das zu tun, was für sie am besten ist. Tennisspieler werden nicht bezahlt, um Pressekonferenz abzuhalten. Sie werden nur dann bezahlt, wenn sie Tennismatches gewinnen.»
Eine Aussage, die nicht der Wahrheit entspricht. Im letzten Jahr war Osaka mit einem Einkommen von 37,4 Millionen Dollar die bestverdienende Sportlerin der Welt. «Nur» 3,4 Millionen Dollar waren Einnahmen aus Preisgeldern. Den Rest erwirtschaftete Osaka mit lukrativen Werbedeals. Billie Jean King, eines der neun Gründungsmitglieder der heutigen Profi-Organisation WTA (Woman's Tennis Association) schrieb: «Ohne die Presse hätte niemand gewusst, wer wir sind und was wir denken.» Die Medien hätten massgeblich zur Popularität des Tennis beigetragen. Auch Rafael Nadal oder Belinda Bencic äusserten sich kritisch zu Osakas Vorgehen.
Mari Osaka hat ihren Beitrag, dessen Authentizität von «Reddit» bestätigt ist, nach wenigen Stunden wieder gelöscht. Sie begründete das damit, dass ihre Worte bei vielen Menschen schlecht ankommen würden, die ihrer Schwester unterstellten, die Karte der psychischen Gesundheit strategisch auszuspielen. Sie habe nicht zum Ausdruck gebracht, mit welchen Dingen ihre Schwester zu kämpfen habe, und sich aufrichtig für die psychische Gesundheit der Sportlerinnen und einsetzen wolle. Nun heisse es, sie wolle keine Kritik hören. «Es tut mir leid, Naomi, ich habe es vermasselt und ich habe die Situation vielleicht sogar noch schlimmer gemacht.»
Naomi Osaka trifft am Mittwoch auf die Rumänin Ana Bogdan (28, WTA 102). Hält Osaka danach an ihrem Schweigegelübde fest, dürfte erneut eine horrende Busse von bis zu 20'000 Dollar ausgesprochen werden.