Basels Sportdirektor Georg Heitz im Interview über die Vergangenheit mit Paulo Sousa und die Zukunft mit Urs Fischer
Georg Heitz: Es war sicher nicht etwas, das wir aktiv gesucht hätten. Dieser gewisse Unterhaltungswert ist unfreiwillig. Aber er gehört dazu. Nicht nur beim FC Basel.
Glauben Sie mir, eine Strategie ist das sicher nicht – auch wenn unser Marketingchef Martin Blaser vielleicht ab und zu schmunzeln muss.
Es war wichtig für uns, einen Schlussstrich zu ziehen. Das haben wir getan. Jetzt zählt die Zukunft. Wichtig ist, dass wir uns ständig selbst reflektieren. Uns fragen, welche Fehler wir gemacht haben.
Es sind zu viele Wechsel für unseren Geschmack. Viel zu viele. Und nein, wir sind nicht süchtig nach Trainerwechseln. Aber es stimmt, es gibt auch eine andere Seite. Die Seite, die sagt, dass wir die Ziele stets erreicht haben. Das ist genauso wichtig und das dürfen wir – gerade bei aufkommender Kritik, die wir als überzeichnet wahrnehmen – durchaus auch in die Waagschale werfen. Vielleicht ist es eben doch so, dass durch die verschiedenen Trainerwechsel einige Impulse in den Verein getragen wurden, die mithalfen, diese Titel zu gewinnen.
Das ist so. Diese grosse Bühne, wie man sie so schön nennt, bietet immer viele schöne Möglichkeiten. Für Spieler. Für Trainer. Es ist für uns immer ein Spagat zwischen den Hausaufgaben, die wir in der Schweiz machen müssen, und den internationalen Herausforderungen. Die Priorität ist und bleibt national. Und wir müssen wissen, wo wir international hingehören. Wir dürfen nicht ins Träumen geraten. Trotzdem muss es möglich sein, immer wieder internationale Ausrufezeichen zu setzen.
Es ist wohl banaler. Nämlich so, dass er die Möglichkeit sah, sich aus seiner Sicht zu verbessern. Und uns deshalb die Signale aussandte, dass es wohl besser ist, wenn wir uns trennen.
Natürlich sahen wir seine Biografie. Deshalb ist dieses Ende nicht nur überraschend. Gleichwohl hofften wir, dass die Zusammenarbeit über ein Jahr dauert.
Das ist so. Das kann mit einem Spieler passieren. Nun ist es eben mit dem Trainer passiert. Der Fussball ist ein Geschäft voller Dynamik. Nichts kennzeichnet den Fussball besser als diese unglaubliche Dynamik.
Ja, das ist nicht nur ungesund. Nicht allein die Trainerwechsel haben uns einige gute Impulse beschert. Auch der sogenannte Umbruch, der uns jedes Jahr erfasst, bringt uns immer wieder neue, hungrige Spieler, die zeigen wollen, dass sie gleich gut sind wie ihre Vorgänger, und sich auch für eine grössere Liga präsentieren wollen.
Das ist Kaffeesatzlesen. Das hiess es immer wieder. Und ja, jede Saison war auch schwierig. Unsere Bilanz sieht vielleicht makellos aus, aber sie ist mit sehr vielen kleinen Krisen verbunden.
Rein resultatmässig gibt es nicht mehr wahnsinnig viel Luft nach oben – vor allem international. Aber wenn Sie den Zusammenhalt in der Führung des Klubs ansprechen, dann ist die Antwort klar: Krisen schweissen zusammen.
Er stand sicher schon unter Beobachtung. Aber es fanden keine Gespräche statt.
Er hat uns überzeugt. Fachlich, aber auch in den Gesprächen. Ja, wir wollten einen deutschsprachigen Trainer. Aber die Deutung, dass wir einem Muster folgen wollten, dass wir nach Paulo Sousa einfach dessen Gegenteil verpflichten wollten, halte ich für etwas gar simpel.
Man muss unterscheiden zwischen bewerben und angeboten werden. Meistens werden Trainer von irgendwelchen Beratern portiert. Das waren bestimmt eher fünfzig als zehn.
Zwei Hauptpunkte: Wenn man sich lustig macht über die Datenerhebung, die Paulo Sousa mit nach Basel gebracht hat, ist es billig. Diese Massnahmen des Trainers waren ein Grund dafür, warum wir so wenige Verletzungen hatten in dieser Saison. Sehr viele europäische Mannschaften benutzen diese Hilfsmittel längst auch. Manchmal bekomme ich das Gefühl, es findet eine Abrechnung mit Paulo Sousa statt. Es ist bei weitem nicht alles lächerlich, was er gemacht hat. Zum anderen bin ich enttäuscht, wie viele Dinge in der Schweiz als Fakten übernommen wurden, die in den italienischen Medien auftauchten und frei erfunden waren. Zahlen beispielsweise. Das sind Galaxien zwischen Behauptungen und Realität.
Ja, das gehört in Italien tatsächlich dazu. Und das will ich auch nicht kritisieren. Aber ich habe Mühe damit, wenn der angebliche Lohn von Paulo Sousa auf einem italienischen Online-Portal verbreitet wird – und plötzlich im Schweizer Radio auftaucht. Das ist für mich nicht seriös.
Nein, nein, das wäre übertrieben. Den Abschied von Marco Streller – und damit meine ich jenen im letzten Super-League-Spiel der Saison – finde ich sehr gelungen. Der Fussball schreit jeden Tag nach neuen Geschichten. Das weiss auch Marco.
Nein, nicht wirklich. Das hängt auch damit zusammen, wie begehrt er im italienischen Markt ist, wo Fussball eine Religion ist. Und darum auch aus jedem Detail eine riesige Story entsteht.
Es gab sicher relativ früh einige Animositäten gegenüber der Person von Paulo Sousa. Ich glaube aber beispielsweise immer noch, dass Fabian Schär die richtigen Schlüsse aus seiner vorzeitigen Auswechslung im Spiel bei GC gezogen hat. Natürlich kann man diskutieren, ob der Wechsel vor der Pause sein musste oder ob auch während der Pause gereicht hätte. Ich denke, das hat Fabian Schär zu einer sehr guten Saison angetrieben.
Ja, er hat sich angepasst. Natürlich ist es schwierig, sich in elf Monaten komplett zu integrieren. Und es war wohl auch nicht das Allerschlauste, bei der ersten Medienkonferenz zu versprechen, er lerne Deutsch. Gerade, wenn man weiss, wie aufwendig der Job des Trainers heute ist.
Gewissheit gibt es nicht. Wir haben ein grosses Vertrauen in ihn und seine Fähigkeiten. Wir haben den Trainer des Jahres 2014 verpflichtet, keinen Anfänger! Man muss ihn nun auch nicht schon in den Himmel loben. Aber er ist ein sehr erfolgreicher Trainer und wird das auch in Basel unter Beweis stellen.
Nein! Weil die Entscheidungen in den letzten sechs Jahren meistens sehr knapp waren. Weil das Team 2014/15 auch schon wieder Geschichte ist! Wir werden wieder einige personelle Veränderungen haben. Gewisse stehen schon fest, andere folgen. Kein Mensch kann voraussagen, wie schnell das wieder greift.